Die Seelenkriegerin - 3
schwer atmend und mit blutigen Flanken zu, wie sein Gegner zur Erde hinabtrudelte. Der mächtige Körper wurde immer schneller, er war rettungslos verloren. Die löchrigen Schwingen bewegten sich hektisch auf und ab, aber der Wind zerfetzte die zarten Membranen nur noch mehr; als der Ikata den Boden erreichte, war außer den gebrochenen Speichen kaum noch etwas übrig, und auch die glaubte Colivar abknicken zu hören. Unter der Wucht des Aufpralls stiegen Sandfontänen auf, und ein einzelnes glänzendes Membranstück schwebte vom Himmel und landete neben dem reglosen, zerschmetterten Körper.
Colivar wartete noch eine Weile, ob der Ikata sich bewegte, und als das nicht geschah, stieß er einen Triumphschrei aus, der sicherlich bis zum Tränenmeer zu hören war. Die Qual der vielen verlorenen Jahrhunderte schwang in diesem Schrei mit, und selbst die Ikati, die sich unter ihm bekriegten, hielten inne, schauten auf und fragten sich, wer aus ihren Reihen wohl diesen grauenvollen Laut hervorgebracht haben mochte.
Dann trat Stille ein.
Colivar schaute mit ungewohnter Demut auf Nyukus Seelenfresser hinab, denn er wusste genau, was dieser Tod für den Kannoket bedeuten würde. Nur wenn man den Wahnsinn selbst erlebt hatte, konnte man das ganze Ausmaß des Grauens ermessen. Aber er spürte kein Mitleid. Keine Spur von Mitleid. So war es eben bei ihresgleichen. Nyuku hatte gespielt und verloren.
Endlich sind wir quitt , dachte er voller Genugtuung.
Er wandte sich um und wollte einen letzten Blick auf den Seelenfresser werfen … doch dann zögerte er. Der Wind trug ihm von allen Seiten Herausforderungen und Triumphschreie zu, die in seiner Seele und in seinem Körper ihren Widerhall fanden. Eine innere Stimme wollte, dass er zum Lager der Menschen zurückkehrte, aber der Grund dafür war ihm entfallen. Warum sollte er diesen Ort verlassen? Er hatte sich unter den Seelenfressern bewährt. Sie würden ihn als ihren Führer anerkennen. Kam es nicht allein darauf an?
Mit einem letzten verwirrten Blick zum östlichen Horizont spreizte er seine Schwingen, um den Wind einzufangen, und strebte zurück zu seinen Artgenossen.
Der Heilige Hüter, der durch das Portal trat, war über und über mit Blut bespritzt, und sobald Salvator seiner ansichtig wurde, winkte er einen Heiler heran. Doch das Blut war offenbar nicht sein eigenes, und er legte die kurze Strecke von der Ankunftsstelle zum Basislager mit so festem Schritt zurück, dass er nicht schwer verletzt sein konnte. Das sagte natürlich noch nichts über die Schlacht aus, die eben stattgefunden hatte; der Trupp, den Salvator in die Berge geschickt hatte, um die Reiter der Seelenfresser aufzustöbern, hatte auch eine Anzahl von Sehern dabei, die in der Heilkunst so weit bewandert waren, dass sie alle Arten von Verletzungen versorgen konnten.
Seit sich die Sonne über den Horizont geschoben hatte, stieg die Temperatur stetig an, und allmählich wurde die Hitze zur Belastung. Als der Heilige Hüter die Gruppe um den König erreichte, glänzte sein Gesicht, und der Kragen seiner Tunika war von einer Mischung aus Schweiß und Blut durchtränkt. Er verneigte sich knapp vor Favias und wandte sich dann an den Großkönig. »Majestät. Ich wurde entsandt, um Euch zu melden, dass die Reiter zum größten Teil besiegt sind.«
Salvator zog fragend eine Augenbraue hoch. »Zum größten Teil?«
»Wir haben insgesamt einundzwanzig gefunden und ins Jenseits befördert. Die meisten befanden sich, wie Magister Colivar es beschrieben hatte, in tiefer Trance. Nur wenige erwachten weit genug aus ihrer Verzückung, um sich zu verteidigen, und sie verfügten wohl nicht über besondere Kräfte. Wir dagegen hatten die Seher auf unserer Seite, und so hatten wir leichtes Spiel.« Er sprach forsch und sachlich, aber der Abscheu in seiner Stimme war nicht zu überhören. Die Heiligen Hüter waren zum Kampf gegen Seelenfresser ausgebildet worden, nicht zum Töten von Menschen. Doch da sich ein Mann mit Lyr -Blut in den Adern der Bannkraft eines Seelenfressers noch am ehesten zu entziehen vermochte, hatte man die Leitung dieses Einsatzes den Heiligen Hütern übertragen, während Salvators blutgierigere Krieger zurückgeblieben waren, um das Lager zu bewachen. Im Krieg musste man praktisch denken. »Ein paar von unseren Leuten wurden verletzt, aber die Heiler haben sie versorgt. Es gab keine Verluste.«
»Einundzwanzig …« Salvators Mund war hart und schmal wie ein Strich. »Die Übrigen sind
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