Die Seelenkriegerin - 3
Glaubensfragen. Unsere Welt wird bedroht, und diese Magister bieten uns Hilfe an. Erkläre mir, warum es so wichtig ist, sie auszuschließen. Erkläre es mir so, dass ich es verstehe.«
Er seufzte tief auf und entzog ihr seine Hände. Dann legte er die Fingerspitzen aneinander und schloss kurz die Augen, um nach den richtigen Worten zu suchen. Diese Bitte hatte sie noch nie an ihn gerichtet. Vielleicht tat sie es auch nie wieder. Er durfte keinen Fehler machen.
Hilf mir, o Gott, hilf mir, ihr die Augen zu öffnen, damit sie die Wahrheit sehen und annehmen kann.
»Die Hexerei ist Gottes heiligstes Geschenk an die Menschheit«, begann er endlich, »nicht bloß, weil sie so viel für uns tun kann, sondern weil wir uns verändern müssen, um sie ausüben zu können. Ein selbstsüchtiger Mensch kann auf diese Kräfte nicht zugreifen, weil er nicht bereit ist, dafür sein eigenes Leben zu opfern. Auf diese Weise wird der Ehrgeiz von Tyrannen in Schach gehalten, und gierige Menschen werden gezwungen, mit gewissenhaften Menschen zu einer Einigung zu kommen. All das ist Teil des großen göttlichen Plans und wurde am Tag der Schöpfung von Ihm unlösbar mit unserem Wesen verbunden.
Die Zauberei widerspricht diesem Plan. Nicht allein deshalb, weil sie ist, was sie ist, sondern weil nur die grausamsten Menschen sie einsetzen können. Ihnen verleiht sie grenzenlose Macht, ihre Herzlosigkeit belohnt sie. Die Hexerei adelt den Menschen, die Zauberei verdirbt ihn. Und wo der Mensch verdorben ist, ist es auch die Gesellschaft.
Verstehst du jetzt, Mutter? Es geht nicht um einen einzelnen Magister. Es geht darum, dass ihre Macht Gottes Willen widerspricht und dass sie die menschliche Gesellschaft aus dem Gleichgewicht zu bringen droht.«
Er holte tief Atem. »Woher kommt nun diese Macht, die die natürliche Ordnung verhöhnt? Während des Ersten Königtums gab es keine Magister, so viel wissen wir. Es gibt auch für die Zeit des Großen Krieges keine Belege ihrer Existenz. Sie traten erst später auf, in jener barbarischen Epoche, die wir heute die Finsteren Zeiten nennen. Es sind Ausgeburten der Finsternis, entstanden in einer Ära der Unwissenheit und der Gewalt. Ihre Macht hat nichts Menschliches , schrieb ein früher Büßermönch, sie ist bestialisch und verdorben, ein einziger Blutrausch. Ich glaube …«
Er hielt unvermittelt inne.
»Salvator?«
Nur zu. Sag es ihr. Es wird Zeit, dass sie die Wahrheit erfährt.
»Ich glaube – meine Kirche glaubt –, dass die Menschheit sich viel früher vom Großen Krieg erholt hätte, wenn die Magister nicht gewesen wären. Nicht nur, weil sie so viel Macht besaßen, sondern weil sie einen verderblichen Einfluss auf die menschliche Gesellschaft ausübten. Die frühesten Schriften der Büßer bezeugen das. Tatsächlich wurde meine Kirche …«
Er zögerte. Wie viel durfte er ihr verraten, und wie würde sie es aufnehmen? Mit einem Mal lag knisternde Spannung in der Luft, und mit den falschen Worten konnte er eine Feuersbrunst entfachen.
Aber das konnte auch durch die richtigen Worte geschehen.
»Meine Kirche wurde wegen der Magister gegründet«, erklärte er. »Wegen der Sündenlast, die sie in diese Welt brachten. Verstehst du, Mutter? Wenn ein Büßer fastet, sich geschlechtlicher Beziehungen enthält oder sich mit Lederriemen geißelt … dann tut er das nicht bloß, um Sühne zu leisten für die Sünden der Menschheit. Er tut es wegen der Magister . Gott hat befohlen, dass für alle Macht auf Erden Sühne geleistet werden muss, und da sie es selbst nicht tun, tun wir es für sie. Ohne diese Sühne kann sich die Welt nicht im Gleichgewicht halten.«
»Ihr leistet Sühne für die Magister?« Sie blinzelte. »Wirklich?«
»Ja, Mutter. Im Moment leiste ich dafür Sühne, dass Ramirus in diesem Haus wohnt und für alle Verderbtheit, die er in dieser Zeit an den Tag legt. Ich muss jedes Mal Buße tun, wenn er auf mein Geheiß seine Zauberkräfte einsetzt.« Und auf dein Geheiß , fügte er in Gedanken hinzu.
»Du dienst einem grausamen Gott«, flüsterte sie.
Sein Blick war eisig. »Er ist streng zu uns wie ein Vater zu seinen Kindern, wenn sie vom rechten Weg abweichen. Nicht, weil Er will, dass wir leiden, sondern weil Er will, dass wir an Stärke zunehmen.« Er hielt inne. »Zweifelst du an meiner Stärke, Mutter?«
»Nein«, antwortete sie sehr leise. »Niemals.«
»Ich werde eine Expedition in die Spinas-Berge führen, um nach diesem Seelenfresser zu suchen. Ramirus
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