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Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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er die Wärme ihres Körpers spüren konnte. Und umgekehrt. »Wenn ich nun die gleiche Gabe besäße?«, flüsterte sie. »Wenn das der Grund wäre, warum niemand außer dir in Bezug auf mich die richtigen Fragen gestellt hat? Wenn die anderen wegen dieser Gabe ihren Verdacht nicht so auf mich richten könnten, wie sie es gewohnt sind? Weil ich ihre Aufmerksamkeit instinktiv von mir abzulenken vermag, ohne mir dessen überhaupt bewusst zu sein?«
    Er antwortete nicht. Doch seine körperliche Anspannung war förmlich mit Händen zu greifen. Sie musste sich zurückhalten, um ihm nicht die Hand auf den Arm zu legen, da sie ja wusste, was für ein Schock das für ihn wäre. Wie viel Macht sie damit über ihn gewänne!
    »Ist es möglich?«, drängte sie.
    Er schwieg noch eine Weile. Endlich nickte er und sagte: »Ganz recht. Wenn es so ist, wie ich an jenem Tag auf dem Berg sagte … dann wäre es möglich.«
    Er drehte sich wieder um und sah sie an. Sein Blick war so gehetzt, dass ihr der Atem stockte. »Du spielst ein gefährliches Spiel«, flüsterte er.
    »Lohnt es sich denn, andere Spiele zu spielen?«, flüsterte sie zurück.
    Fast hätte er die Hand ausgestreckt, um sie zu berühren. Sein Körper bewegte sich nicht, aber sie spürte trotzdem die Bewegung in seinem Inneren, spürte, wie die Muskeln sich anschickten, sie einzuleiten. Sie hielt den Atem an und wartete.
    Dann löste sich die Spannung.
    Er lachte leise. »Wer immer dein Lehrer war, bitte richte ihm meine Grüße aus.«
    »Heißt das ›ja‹, Colivar?«
    »Es gibt noch viel zu bedenken, meine Liebe. Lass mich erst mit den anderen sprechen. Um zu sehen, wie die Dinge stehen. Wir müssen genau den richtigen Augenblick erwischen.«
    »Ich könnte mich auch allein mit ihnen treffen.« Ein trotziger Unterton schlich sich in ihre Stimme.
    Er schmunzelte. »Nein, Kamala. Das wirst du nicht tun. Denn ich kenne diese Männer so gut, dass ich hoffen kann, dich auf diesem Weg in sichere Gefilde zu führen, während du ohne mich nicht wüsstest, wo du anfangen solltest. Vertrau mir.«
    »Ist es das, was du vorhast?« Die Worte entschlüpften ihr, bevor sie sie zurückhalten konnte. »Mich in sichere Gefilde zu führen?«
    In den Tiefen seiner Augen flackerte eine schwer deutbare Erregung. Er stellte sein Glas auf den Tisch und trat näher an sie heran. Eine seltsame Mischung aus Begehren und Trotz brachte die Luft zwischen ihnen zum Knistern. Das konnte auf vielerlei Weise enden, und sie wusste nicht, was ihr am liebsten wäre.
    Und dann rückte er von ihr ab.
    »Wenn wir mit Tefilat fertig sind«, sagte er leise, »können wir darüber sprechen.«
    Ohne sie noch einmal anzusehen, schritt er zur Westseite des Tempelchens. Ein Windstoß teilte die Tüllschleier. Auf der obersten Treppenstufe blieb er kurz stehen, dann trat er ins Leere. Die Transformation vollzog sich so schnell und vollständig, dass er noch im Schritt mit den Schwingen die Brise einfangen konnte. Weiße Schwingen. Eingerahmt von dem weißen Marmorbogen, flankiert von den flatternden Vorhängen, so schwang er sich in den Nachthimmel, und das Mondlicht brachte sein Gefieder zum Glänzen.
    Kamalas Atemzüge wurden erst ruhiger, als er außer Sicht war.

Kapitel 19
    Aethanus war mit der Entzifferung einer bursanischen Handschrift beschäftigt, als jemand an seine Tür klopfte. Zuerst nahm er es gar nicht wahr. Es dämmerte bereits, und die verblichenen Lettern auf dem abgegriffenen Pergament waren so schwer zu erkennen, dass er seine gesamte Konzentration dafür aufwenden musste. Selbstredend hätte er die Schrift mit seinen Zauberkräften auffrischen und das Dokument mithilfe der in den uralten Fragmenten enthaltenen Erinnerungen in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen können. Aber was hätte die Arbeit dann noch für einen Reiz gehabt? So kam es, dass er das erste Klopfen überhörte. Erst als es energischer wiederholt wurde, begriff er, dass es ihm galt und nicht von einem hungrigen Specht draußen im Wald stammte.
    Er legte das Blatt vorsichtig beiseite, streifte sich ein paar Staubflusen von seiner wollenen Robe und ging zur Tür. Wer in aller Welt störte ihn wohl zu dieser Stunde? Und überhaupt? Er glaubte nicht, dass mit Ausnahme einer einzigen Person jemand wusste, wo er wohnte, und diese Person würde sich doch sicherlich hüten, hier aufzukreuzen. Das Magistergesetz nahm man nicht auf die leichte Schulter.
    Doch als er die Tür öffnete, stand sie tatsächlich da. Die

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