Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
Vom Netzwerk:
untergehende Sonne umgab ihr rotes Haar mit einem feurigen Nimbus, sodass sie aussah wie ein Engel. Oder ein Dämon.
    Oder beides , dachte er.
    »Du hast dich meinem Gewahrsam durch Flucht entzogen«, ermahnte er sie. Er war ihr nicht gerade böse, aber im Umgang mit dem Mörder eines Magisters waren gewisse Regeln zu beachten. »Ich hatte die Pflicht, dich für dein Verbrechen der gerechten Strafe zuzuführen. Da ich das versäumt habe, bin ich in den Augen aller Zauberer entehrt. Und nun kommst du zurück? Wozu? Willst du mich noch weiter bloßstellen? Was sollte mich veranlassen, dich in meinem Heim willkommen zu heißen?«
    »Euer Wunsch, die wahre Geschichte der Magister zu erfahren«, antwortete sie. In den grünen Augen brannte ein stiller Trotz, der ihm schmerzlich vertraut war. »Den Namen der geheimen Finsternis, die in unserem Blut lauert. Den Grund, warum wir in dem kommenden Krieg eine Rolle spielen müssen, wenn wir nicht zusehen wollen, wie die ganze Welt in Flammen aufgeht. Und wie wir uns in diesem Krieg zu verhalten haben, um erfolgreich zu sein.«
    Eine ganze Weile starrte er sie stumm an. Verarbeitete ihre Worte wie eine unbekannte, exotische Speise. Endlich entschied er, lange genug geschwiegen zu haben, um dem Anstand Genüge zu tun … oder zumindest sein eigenes Gewissen zu beruhigen.
    »Überzeugt«, sagte er endlich und nickte barsch. Dann trat er beiseite und gab die Tür frei. »Komm herein.«
    Als Kamala ihren Bericht beendet hatte, war es Nacht geworden, doch Aethanus hatte die Lampen noch nicht angezündet. Die Dunkelheit leckte an der Flamme der einzigen Kerze, die zwischen ihnen auf dem Tisch stand, als wollte sie ihr Licht verschlingen.
    Als sie endlich fertig war, schwieg Aethanus lange. Die Kerze flackerte, der Docht drohte im eigenen Wachs zu ertrinken.
    »Das alles hat dir Colivar erzählt?«, fragte er schließlich.
    »Er hat es Ramirus, Fadir und Sula erzählt. Und mich eingeladen, dabei zuzuhören.«
    »Wussten die anderen, dass du da warst?«
    »Nein.« Vorsichtig neigte sie die Kerze und ließ das überschüssige Wachs abfließen. Sie spürte eine unerklärliche Müdigkeit wie nach einer großen körperlichen Anstrengung. »Jedenfalls ist mir nichts bekannt.«
    Die Magister waren also eigentlich Seelenfresser. Oder wenn schon keine Seelenfresser, dann doch keine wirklichen Menschen. Aus irgendeinem Grund hatte Kamala diese Erkenntnis im eisigen Wind auf dem Berggipfel mehr eingeleuchtet als hier in dieser stillen Klause. Sie sah, dass ihr einstiger Lehrer Mühe hatte, alles aufzunehmen. Endlich fragte er: »Und dieses Wissen kommt … woher?«
    »Colivar sagte, die ersten Magister hätten Bruchstücke ihrer Erinnerungen mit ihren Schülern geteilt, und er habe sie von seinem Lehrer übernommen. Ich nehme an, sie stammten ursprünglich von dem Verräter, der als Erster den Heiligen Zorn überquerte.«
    Er runzelte die Stirn. »Das kommt mir … merkwürdig vor.«
    Er erhob sich, nahm den Kerzenrest vom Tisch und ging damit durch den Raum, um die Lampen anzuzünden. »Du weißt, dass ich alt bin«, fuhr er fort. »Vielleicht nicht so alt wie Colivar, aber alt genug, um von meinem eigenen Lehrer Geschichten aus der Frühzeit gehört zu haben. Aus der Zeit vor dem Magistergesetz. Und er hat nie etwas dergleichen erwähnt. Teilen von Erinnerungen? In jener ersten Zeit vertrauten wir einander noch weniger als heute.« Er schüttelte den Kopf. »Colivar war von jeher ein Außenseiter, und auch seine Beziehung zu seinem Mentor könnte durchaus von der Norm abgewichen sein. Trotzdem.«
    »Eurem Verhalten entnehme ich, dass Euch der Teil der Geschichte, wonach wir Seelenfresser sind, nicht überrascht.«
    Er seufzte schwer, dann blies er die Kerze aus und stellte sie ab. »Die ersten Magister glaubten, zur Translatio gehöre mehr, als dass man lernte, die Lebensenergie anderer Menschen zu stehlen. Mein eigener Lehrer hat immer wieder angedeutet, wir seien nicht einfach nur Menschen. Damals schrieb ich das seinem Wahnsinn zu. Die Magister der ersten Generationen waren nämlich alle vollkommen verrückt. Wobei sich das nicht immer in gleicher Deutlichkeit zeigte.« Er setzte sich und musterte nachdenklich seine Hände, als könnte er dort irgendeine Antwort finden. »Um diesem Wahnsinn zu entkommen, zog ich mich in die Einsamkeit zurück, Kamala. Dem Wahnsinn, den ich in den Augen meiner Magisterkollegen sah, als sie mich in meiner letzten Nacht in Ulan wie die Geier belauerten. Ich

Weitere Kostenlose Bücher