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Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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versah im Geiste Götter und Ereignisse mit Namen, die in der Morati-Welt längst vergessen waren. Als Nächstes beschwor er ein wenig Macht, um den Eingang auf Abwehrzauber zu untersuchen – es gab keine – und einen eigenen zu platzieren, der ausgelöst würde, sobald jemand hinter ihm das Gebäude beträte. Alles schien verlassen, doch man konnte nicht vorsichtig genug sein.
    Im Inneren war es schattig, die Temperatur sank und wurde für Wüstenverhältnisse beinahe erträglich. Colivar blinzelte, bis sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, und verzichtete darauf, die Luft noch weiter zu kühlen. Er wollte hier nicht mehr Zauberei ausüben als unbedingt nötig.
    Der große Raum war leer, aber auf dem Boden hatte sich eine Schicht aus Staub und Sand abgesetzt, durch die ziemlich frische Fußspuren zu einem dahinter gelegenen Raum führten. Viele Fußspuren, wie er feststellte. Hier herrschte schon seit einiger Zeit reger Betrieb.
    Er folgte der Fährte in den nächsten Raum. Hier fiel kaum noch Sonnenlicht herein, aber es war noch hell genug, dass er sich umsehen konnte.
    An der Rückwand waren Möbel aufgestapelt, schlichte, derbe Stücke, wie sie ein gewöhnlicher Arbeiter besitzen mochte. An einer anderen Wand lagerten die Vorräte, die er in seiner Vision gesehen hatte. Er ging auf eine der Amphoren zu und überlegte, ob er durch Zauberei ihren Inhalt und ihren Zweck feststellen sollte. Aber das Siegel im Verschluss mochte durchaus ein Anker für einen Hexer oder gar einen Zauberer sein, und so tastete er es nicht an. Überall sonst hätte er sich zugetraut, das Ding zu untersuchen, ohne einen Abwehrzauber auszulösen, doch in Tefilat ging man besser kein Risiko ein.
    Das Haus sollte bewohnbar gemacht werden, das war deutlich zu sehen. Aber wozu? In dieser verdammten Gegend gab es nicht genügend menschliches Leben, um die Seelenfresser zu ernähren, und die einheimischen Stämme hielten sich von Tefilats verseuchter Resonanz lieber fern. Es musste hier irgendetwas geben, das jemand haben wollte.
    Etwas, das Siderea haben wollte.
    Vorsichtig arbeitete Colivar sich von den Räumen nahe der Klippenwand, die noch Sonnenlicht hatten, in ein Netz von Kammern und Gängen vor, das weit in die Erde hinein reichte. Tefilats Erbauer waren den Windungen eines natürlichen Höhlensystems gefolgt und hatten Erweiterungen geschaffen, wo immer es möglich war. Für das Auge eines Zauberers war der Grundriss ungewohnt, denn ein Magister hätte einfach dort Räume entstehen lassen können, wo er sie haben wollte. Für die Hexen und Hexer, die den Komplex angelegt hatten, war eine Vergeudung von Energie in diesem Ausmaß dagegen undenkbar gewesen, und so war ein unübersichtliches Labyrinth aus gewundenen Korridoren und unregelmäßig geformten Räumen entstanden. Colivar hatte das ganze System erkundet, als er seinen Posten in Anchasa angetreten hatte, und nun genügte ein Hauch von Zauberei, um diese Erinnerungen abzurufen und vor seinem inneren Auge einen Plan der gesamten Stadt erscheinen zu lassen. Im Licht einer kleinen magischen Flamme folgte er den schwachen Schleifspuren der jüngsten Besucher durch den Irrgarten und suchte nach irgendeiner Besonderheit, die deren Interesse erklären konnte.
    In einem kleinen Raum tief in der Erde wurde er schließlich fündig.
    Die Rückwand war aufgebrochen worden, und dahinter befand sich ein größerer Hohlraum. Eine Geheimkammer? Er beschwor mehr Licht und sah, dass die Wände dieses zweiten Raums mit kunstvollen Reliefs geschmückt waren.
    Er vergewisserte sich mit einem letzten Zauber, ob er in Tefilat nach wie vor allein war – er war es –, und mit einem allerletzten, ob der Eingang zu dem verborgenen Raum mit Abwehrzaubern gesichert war – er war es nicht –, dann stieg er über den Schutthaufen vor der Öffnung und betrat das geheimnisvolle Gemach.
    Alle Wände waren mit Bildern bedeckt. Es schienen historische Szenen zu sein, zumeist Schlachten aus dem Großen Krieg; in vielen Fällen wusste er, worum es ging. Er hatte in verschiedenen Festungen überall auf der Welt ähnliche Räume gesehen, doch die wenigsten hatte man mit solcher Sorgfalt versteckt. Die Reliefs stellten den letzten verzweifelten Versuch der Ersten Könige dar, die Geschichte der Menschheit in einer Form festzuhalten, in der sie den Fall der menschlichen Zivilisation überdauern könnte.
    Eine Gruppe von Bildern zog seinen Blick besonders auf sich, und er durchquerte den Raum, um sie

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