Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)
menschlicher Schweiß die Luft schwerer gemacht hatte. Nach dem leisen Vibrieren, wenn ein Herz gegen eine feste Oberfläche schlug. Nach Anwesenheitsspuren eines lebenden Körpers, die nicht von seiner metaphysischen Signatur abhängig waren. Es fiel ihr schwer, sich in ihrem angeschlagenen Zustand auf solche Winzigkeiten zu konzentrieren, und ein paar Mal musste sie wieder von vorne beginnen, doch schließlich glaubte sie, an einer anderen Stelle des Höhlenkomplexes eindeutige Anzeichen für ein Lebewesen gefunden zu haben.
Die Stelle befand sich ganz in der Nähe des Raums, in den man sie gebracht hatte. Wäre sie anfangs noch etwas weiter gegangen, hätte sie Colivar gefunden.
»Hier entlang«, sagte sie.
Sie eilten durch das Labyrinth und erkundeten jeden Hohlraum, den sie fanden, mittels Zauberei und mit ihren menschlichen Augen. Kamala erklärte Ramirus, welche Lebenszeichen sie entdeckt hatte, damit er wusste, wonach er suchen sollte. Beim Gehen sah sie sich ständig um, obwohl ihr klar war, wie sinnlos das war, sollte Lazaroth die Absicht haben, sich unbemerkt anzuschleichen. Wenn der Magister tatsächlich eine Frau war und den Keim einer Königin in sich trug, dann verfügte er – sie – über die gleiche Fähigkeit wie Kamala, sich für andere Magister unsichtbar zu machen.
Ich sollte Ramirus sagen, was er wirklich ist , dachte sie. Aber das würde ihm wenig nützen. Sie hatte nicht vor, einem Magister das volle Ausmaß ihrer Kräfte zu offenbaren, und das müsste sie tun, um Lazaroths Fähigkeiten zu erklären. Also würde sie Ramirus wohl oder übel im Unklaren lassen, ihn durch die Falle führen, so gut es eben ging, und ihm bei Bedarf gerade so viel verraten wie unbedingt nötig.
Konnte sie sich nach allem, was zwischen ihnen vorgefallen war, noch gegen Lazaroth behaupten? Wenn sie nur daran dachte, zitterten ihr die Knie. Allerdings konnte sie wieder zaubern, und sie hatte eine persönliche Rechnung zu begleichen. Wenn es hart auf hart ging, konnte man einen Mann auch in die Eier treten, obwohl man sich missbraucht und beschmutzt fühlte.
Immer vorausgesetzt, dass er in diesem Moment männlich war und tatsächlich Eier hatte.
Sie stiegen hintereinander über eine schmale Treppe hinab in die Tiefen der Erde. Ramirus sorgte mit seiner Magie für so viel Licht, dass sie sehen konnten, wohin sie traten, aber wenn Ströme ungezähmter Macht den Strahl umwirbelten, flackerte er hin und wieder, und einmal wäre er beinahe erloschen. Hier im Dunkeln festzusitzen wäre schlimm gewesen. Man fühlte sich wie in einem Gefängnis, und Kamala war nicht überrascht, als sie am Fuß der Treppe vor einer fest verschlossenen Tür standen. Abgesperrt und wahrscheinlich auch mit Abwehrzaubern versehen. Ramirus überlegte kurz, dann legte er die Hand an die Wand daneben. Unter seiner Berührung zerfiel der Sandstein, und der Staub sammelte sich zu seinen Füßen. Innerhalb weniger Minuten hatte er eine Öffnung geschaffen, durch die sich ein Mensch ins Innere zwängen konnte. Nach weiteren Minuten weitete sich sein Tunnel zu einem dunklen Raum, aus dem ihnen warme, übelriechende Luft entgegenschlug.
Und der Geruch nach menschlichem Schweiß.
Mit wild pochendem Herzen folgte Kamala dem alten Magister. Der Raum war nur klein, und die Eisenfesseln an den Wänden ließen wenig Zweifel daran, welchem Zweck er diente. Aber die Hand- und Fußschellen waren leer, und der Körper, der mitten auf dem Boden lag, schien in keiner Weise in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt zu sein.
Colivar.
Er lag zusammengekrümmt auf der Seite, als hätte er Schmerzen. Eine Hand war ausgestreckt, und die Fingernägel hatte er sich offenbar auf dem rauen Sandboden blutig gekratzt. Nun lag er still. Still wie ein Toter. Die Augen waren geöffnet, aber leer, und er ließ nicht erkennen, dass er die beiden oder sonst etwas wahrnahm.
»Was ist mit ihm?«, flüsterte Kamala.
Ramirus schüttelte den Kopf und kniete neben Colivar nieder, um ihn mittels Zauberei zu untersuchen. Sie setzte ihr Zweites Gesicht ein, und was sie sah, ließ sie bis ins Mark erschauern. Denn vor ihr lag nur ein Körper. Colivar strahlte keine Lebensenergie aus, keine Spur von Macht. Beides hätte, wenn auch schwach, vorhanden sein müssen. Bis zu seinem Tod war kein Zauberer von solchen Schwingungen frei.
Sie richtete alle ihre Sinne auf die physischen Rhythmen seines Körpers und war erleichtert, als sie schwache Lebenszeichen entdeckte. Mühsame,
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