Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)
Lazaroths Droge. Kamala schloss die Augen und spürte zitternd, wie sich das Feuer durch ihren Körper brannte und in jeden Muskel und jedes innere Organ eindrang. Vielleicht dauerte es ein paar Sekunden länger als nötig. Vielleicht setzte Ramirus unter dem Deckmantel der Heilung einen subtileren Zauber ein, um nach dem Wissen zu suchen, das sie in ihrem Bewusstsein verborgen hatte. Gewissheit gab es nicht.
Endlich erlosch das Feuer. Zum ersten Mal seit Lazaroths Überfall konnte sie wieder klar denken. Zaghaft beschwor sie ein wenig Macht, um die blutigen Schrammen zu heilen, die die Eisenfesseln in ihre Arme gerissen hatten, und auch den übrigen Körper wieder voll einsatzfähig zu machen. Es fiel ihr schwer, ihr Athra richtig an sich zu binden, aber sie konnte nicht sagen, ob das an ihrem geschwächten Zustand oder an Tefilats heimtückischem Einfluss lag. Sie reinigte ihre Haut vom Schweiß und all den anderen ekelhaften Flüssigkeiten, an die sie gar nicht denken wollte. Der Schmutz, den Lazaroths Berührung auf ihrer Seele hinterlassen hatte, ließ sich nicht so leicht beseitigen.
Sie schaute zu Ramirus auf. Er fixierte sie so unverwandt wie ein Habicht seine Beute.
»Ihr wollt jetzt sicherlich Euren Gefallen einfordern.« Er sprach leise, doch seine Worte waren unmissverständlich.
Wie viel wusste er über sie? Was sie war, hatte er zwangsläufig erkennen müssen, sobald er mit ihrem Seelenfeuer in Berührung kam, aber hatte er auch den Mord an dem »Raben« in ihrem Bewusstsein gelesen? Oder hatte er sie schon immer in Verdacht gehabt und lediglich nach einer Bestätigung gesucht? Auf jeden Fall wusste er, dass auf ihren Kopf eine Belohnung ausgesetzt war, sein Gesichtsausdruck verriet es deutlich.
»Rettet mein Leben.«
Seine Augen wurden schmal. »Nur hier und jetzt. Ihr habt mir nicht genug bezahlt, um mehr zu verlangen.«
Sie nickte.
Mit einem schroffen Nicken richtete er sich auf und reichte ihr die Hand. Als sie aufstand, hatte sie plötzlich Kleidung am Körper, etwa das Gleiche, was sie in Keirdwyn getragen hatte. Offenbar hatte er gesehen, dass sie mit ihrer Macht noch nicht zurechtkam, und sich darum lieber selbst gekümmert.
»Wo ist Colivar?«, fragte er.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Lazaroth sagte, er sei hier, aber niemand …«
»Lazaroth?« Die Überraschung in seinem Gesicht war unverkennbar. » Lazaroth? «
Aha. Er war offenbar doch nicht in alle ihre Geheimnisse eingedrungen. »Er ist mit Siderea verbündet. Er sagte, er halte Colivar so lange fest, bis ihre Leute ihn abholten.«
»Hundesohn«, murmelte er.
Sie sah ihn neugierig an. »Wie seid Ihr an ihm vorbeigekommen?«
»Ich habe ein kompliziertes Ablenkungsmanöver beschworen, um den Herrn über diesen Ort zu beschäftigen. Es wird nicht ewig halten: Lazaroth kennt meine Resonanz besser als die meisten anderen; er wird nicht lange brauchen, um zu merken, dass ich ihn überlistet habe. Zum Glück werden mich die gleichen Zauber warnen, wenn er zurückkommt …«
»Das werden sie nicht.«
Eine weiße Augenbraue wölbte sich nach oben.
»Vertraut mir. Sie werden Euch nicht warnen.«
In seinen Augen flackerte Neugier auf, aber er war nicht mehr in ihrem Bewusstsein, ihre Geheimnisse gehörten ihr wieder allein. Schließlich nickte er knapp. »Dann müssen wir Colivar so schnell wie möglich finden.«
»Lazaroth sagte, mit Zauberei könnten wir ihn nicht aufspüren.«
Er nickte. »Das habe ich schon bei meiner Ankunft versucht, und Eure Spur war die einzige, die ich entdeckte. Ich dachte, es läge an der chaotischen Resonanz dieses Ortes. Aber vielleicht auch nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Dann müssen wir auf natürliche Weise suchen.«
»Oder auch nicht.« Sie holte tief Luft. Schon die Vorstellung, jetzt zaubern zu müssen, machte ihr Angst – ihre Seele war immer noch wund –, aber sie glaubte zu wissen, wie sich Colivar ausfindig machen ließe, ohne wirklich nach seiner Person suchen zu müssen. Vielleicht ließen sich auf diese Weise die Zauber umgehen, mit denen Lazaroth ihn getarnt hatte.
Sie schloss die Augen und schickte ihre magischen Sinne durch das unterirdische Labyrinth. Nicht nur in die Höhlen selbst, sondern auch in deren Wände, in die Luft, die sie durchströmte, bis hinein in das Gestein, das sie umgab. Sie suchte nach allem, was irgendwie ungewöhnlich war. Nach der Wärme eines menschlichen Körpers auf kühlerem Fels. Nach etwas mehr Feuchtigkeit in einem Raum, wo
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