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Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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und zu Fuß auf das größere Skelett zuging. Er schaute fragend zu Colivar auf, aber der Magister machte keine Anstalten, ihn an seinem Vorhaben zu hindern. Anders als bei einem Zauberer war nicht zu erwarten, dass ein Hexer in Gefahr geriete, wenn er einen toten Seelenfresser mit seinen Kräften untersuchte. Und außerdem … waren Hexen und Hexer entbehrlich.
    Der Mann betrachtete das Skelett, dann legte er die Hände auf zwei der großen, stark gekrümmten Rippen, umfasste die Knochen mit den Fingern und konzentrierte sich. Er senkte den Kopf, schloss die Augen und flüsterte irgendeinen Spruch. Aus dem Augenwinkel sah Colivar, wie Salvator den Kopf zum Gebet neigte und wie einige seiner Gardisten seinem Beispiel folgten. Für die Büßer war diese einfache Hexerei ein heiliges Opfer.
    Endlich schaute der Hexer wieder auf. Er blickte zum Himmel und sprach zu den anderen, ohne sich umzudrehen, als schildere er eine Vision, die sich gerade eben vor seinen Augen entfaltete.
    »Sie starben im Kampf. Aber sie kämpften nicht gegeneinander. Ich sehe einen dritten, der sie beide tötete. Zuerst wurde der Kleinere angegriffen, und der Lärm lockte den Größeren herbei.« Er hielt inne; tiefe Falten gruben sich in seine Stirn. »Ich spüre … einen Sieg ohne Triumph … schreckliche Leere … das Wissen, dass dies nur einer in einer langen, langen Reihe von Todesfällen ist. Jetzt ist es endlich vorüber. Es gibt niemanden mehr zu töten. Die Angreifer sind nicht mehr da.« Er rieb sich den Kopf. »Mehr empfange ich nicht. Es tut mir leid. Die Spur ist sehr alt.«
    »Sah der dritte genauso aus wie diese beiden?«, fragte Colivar leise.
    Der Seher schloss kurz die Augen und suchte sich an Einzelheiten zu erinnern. »Nein. Nein. Er war … dünner als die anderen. Glatter. Die Schwingen waren breiter, mit flatternden Enden … und er hatte keine Stacheln. Bei diesen beiden war der ganze Rücken mit Stacheln besetzt, nicht aber bei ihrem Mörder.«
    Colivar holte zischend Atem.
    Ramirus sah ihn an. »Ein Weibchen?«
    Colivar zögerte, dann nickte er steif. Er wagte nicht laut zu antworten, um sich nicht durch seinen Tonfall zu verraten. Erinnerungsfetzen nahmen Gestalt an: bunt schillernde Flügel, grelle orangefarbene Wolken und bläulich schwarze Stacheln, auf denen das Gift glänzte. Er schüttelte den Kopf, um die Bilder zu verdrängen. Hasste sich selbst dafür, dass er Ramirus merken ließ, wie sehr ihm dieser Fund zu schaffen machte.
    Er hätte nicht herkommen sollen.
    »Da ist noch mehr.« Der Seher hielt inne, dann zeigte er nach Westen. »In dieser Richtung.«
    »Weitere Ikati?«, fragte Favias.
    Der Seher zögerte. »Ich bin mir nicht sicher. Ich spüre noch mehr Tote. Aber ich kann nicht bestimmen, woher das Gefühl kommt.«
    Alle Augen richteten sich auf Salvator. Der König nickte. »Führt uns«, befahl er Herzog.
    Der Fallensteller nickte verkrampft. Salvators Gardisten drängten sich dicht um den Großkönig, um ihn zu beschützen, als sich die Gruppe wieder in Bewegung setzte. Was für ein Unsinn! Als ob berittene Soldaten Salvator vor einem Raubtier hätten verteidigen können, das imstande war, menschliche Seelen mit einem einzigen Blick zu Eis erstarren zu lassen! Wahrscheinlich würden sie gelähmt daneben stehen, wenn ihr Herr angegriffen würde, und in hilflosem Entsetzen untätig zusehen, wie er starb.
    Dann hätten sie wenigstens einen handfesten Grund, um Buße zu tun , dachte Colivar ironisch.
    Herzog setzte sich wie befohlen an die Spitze, aber er hatte viel von seiner früheren Sicherheit verloren. Immer wieder hielt er an, um sich mit dem Seher zu beraten, der das Skelett berührt hatte. Dem fiel es offenbar schwer, seine mystischen Visionen in konkrete Wegbeschreibungen umzusetzen.
    Und dann stießen sie auf die Leichen.
    Sie waren an einem ausgetrockneten Flussbett entlang geritten, das zu beiden Seiten von steilen Granitwänden eingefasst war. Durch häufige Steinschläge waren immer wieder Barrieren entstanden, sodass sie nur langsam vorwärtskamen. Sie waren gerade dabei, neben einem besonders schlechten Wegstück eine Biegung im Tal zu umrunden, als Herzog jäh sein Pferd anhielt und leise fluchte. Prompt griffen alle Gardisten nach ihren Waffen … aber es drohte kein Angriff. Herzog wies mit zitternder Hand nach vorne, wo nur er den Pfad sehen konnte. Schließlich winkte Favias seinen Hütern, ihm zu folgen, trieb sein Pferd an und ritt an dem Fallensteller vorbei. Als schließlich

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