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Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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hatte. Suchte nach der Information, die am wichtigsten war.
    »Von oben«, sagte er endlich. » Senkrecht von oben.« Ein Habicht konnte einen Säugling mit den Klauen fassen und auf die Felsen schleudern wie eine Möwe, die eine Muschel zerschmettern wollte, aber nur eine einzige Spezies war groß und stark genug, um auch ältere Kinder durch die Lüfte zu tragen. Nur wozu? Die Ikati brauchten ihre Beute nicht zu berühren, um ihr die Lebensenergie zu entziehen, warum also sollten sie die eigene Mahlzeit auf die Felsen werfen? In der Vision, die Colivar beschworen hatte, fiel ein Kleinkind unverletzt und mit heilen Gliedern vom Himmel. Es war schlechterdings unbegreiflich.
    Hinter ihnen räusperte sich Herzog. »Ich bitte die Magister um Vergebung, aber die Kinder, die in dieser Gegend als vermisst gemeldet wurden … könnten sie das sein? Wenn ein Seelenfresser sie hierherbrachte, würde das erklären, warum die Hexen und Hexer keine Fährte finden konnten.«
    »Aber würde ein Seelenfresser Kinder rauben?«, überlegte Salvator laut. »Nur um sie zu töten? Das ergibt keinen Sinn.«
    Colivar setzte zu einer Antwort an – er wollte dem Großkönig erklären, dass dieser Ort auch für ihn ein Rätsel sei –, als er es plötzlich spürte. Ein Laut knapp jenseits der Hörschwelle, der stumm in seinem Körper widerhallte. Ein Zittern im Gewebe des Universums, das die ganze Realität in Schwingungen versetzte wie eine angeschlagene Harfensaite. Ein Blick in Ramirus’ Gesicht zeigte ihm, dass der zweite Magister in der Gruppe es ebenfalls wahrnahm. Keiner von den anderen hatte etwas bemerkt. Nicht einmal die Hexer.
    Das konnte nur eines bedeuten.
    »Sie ist auf dem Weg hierher«, flüsterte er.
    Favias drehte sich um und rief seinen Leuten einen Befehl zu. Die Hüter saßen rasch ab, nahmen ihre Bogen zur Hand und legten sich die Pfeile mit den blauen Spitzen bereit. Die Übrigen folgten ihrem Beispiel, stiegen ebenfalls aus dem Sattel und sahen sich nervös nach einer Deckung um. Die Heiligen Hüter kümmerten sich darum nicht. Sie wussten, dass physische Barrieren in diesem Augenblick nutzlos waren. Entweder gelang es ihnen, den Seelenfresser so weit herabzulocken, dass er in Reichweite ihrer Waffen kam, oder sie waren alle tot.
    Als Colivar die Vorbereitungen sah, durchflutete ihn eine ungewohnte Wärme. Gegensätzliche Impulse kämpften in seinem Inneren. Er wollte wegrennen. Er wollte sich im Schatten verkriechen, um nicht gesehen zu werden. Er wollte sich auf den höchsten Knochenberg stellen, die Arme ausbreiten und die Ikati-Königin willkommen heißen. War das alles auf die Wirkung ihrer Macht auf sein Bewusstsein zurückzuführen, oder spielten eigene Erinnerungen seiner Seele einen Streich?
    Vorsichtig, Colivar, ganz vorsichtig. Dies ist die wahre Prüfung, nach der dich alle Magister beurteilen werden. Ramirus zeigte keinerlei Reaktion. Der Mann hatte sich verpflichtet, Gwynofar zu schützen, doch davon abgesehen hatte er sich bei diesem Feldzug gefühlsmäßig nicht weiter engagiert. Er konnte den Kampf hinter dem Schutzschild seiner Zauberei gefahrlos beobachten, bis es notwendig wurde, ein Portal zu beschwören und die Flucht zu ergreifen. Jedenfalls war er offensichtlich dieser Meinung. Aber wer wusste schon, ob Zauberkräfte in Gegenwart einer Königin auch wirklich eingesetzt werden konnten? Anders als die männlichen Ikati hatte sie die Fähigkeit, ihre bannende Kraft auch gegen die eigene Gattung zu richten, und das hatte besonders düstere Folgen für die Magister. Sollte Colivar seinen Kollegen davor warnen? Er konnte nicht klar genug denken, um eine Entscheidung zu treffen.
    »Da!«, rief plötzlich eine Stimme. Einer der Heiligen Hüter deutete nach oben.
    Es war nur ein schwarzer Fleck vor der Sonne, doch als Colivar ihn entdeckte, durchflutete ihn ein Hitzeschwall. Mehrere Gardisten schauten kurz auf, zuckten dann die Achseln und wandten sich ab. Das war die Wirkung »ihrer« Macht, sie überzeugte sie, dass das, was sie gesehen hatten, nicht von Belang war. Dass das Weibchen das Bewusstsein aus so großer Entfernung beeinflussen konnte, war niederschmetternd. Colivar hatte nicht gewusst, dass so etwas möglich war. Vielleicht hatte er es auch nur vergessen.
    Er spürte, wie ihre Kräfte auch an seinem Gehirn leckten, aber er wusste, wie man ihnen ausweichen konnte. Er schaute in den freien Himmel daneben und nahm nur auf, was er aus dem Augenwinkel beobachten konnte. Je mehr man sich auf

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