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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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kommen würdet, hätte ich Euch eine Kutsche gesandt.«
    »Dafür war keine Zeit«, erklärte sie ihm. »Ich sterbe vor Hunger. Gibt es ein Abendessen?«
    »Die Köchin bereitet es jetzt zu«, antwortete Villiers. »Ich werde im Speisezimmer ein Gedeck auflegen lassen.« Er blickte sie aufmerksam an. »Ich kann sehen, dass die Reise Euch erschöpft hat. Ich lasse heißes Wasser und Handtücher in Euer Zimmer hochbringen. Wenn Ihr Euch erfrischen wollt, unterrichte ich den Haushalt, dass Ihr Euch im Haus aufhaltet.«
    »Habt Dank, Villiers. Ich überlasse das Eurer Obhut. Aber zuerst muss ich Giles sehen. Ist er hier?«
    »Ja, Mylady. Mr. Standfast erholt sich gerade von einer Verletzung. Er hat eine Schusswunde erlitten.«
    »Ja, das weiß ich. Schrecklicher Unfall. Es hätte niemals geschehen dürfen.« Sie drehte sich der Treppe zu. »Ich muss ihn auf der Stelle sehen.«
    »Ich glaube, der Doktor hat ihm absolute Bettruhe verordnet.«
    »Ich werde ihn nicht über die Maßen behelligen«, erwiderte sie. »In welchem Raum liegt er?«
    »Im Pflaumenraum, Mylady. Erlaubt mir, Euch anzukündigen.«
    »Das ist nicht nötig. Ich möchte, dass Ihr nach dem Abendessen schaut. Ich werde mich selbst ankündigen.« Jegliche Schicklichkeit gab sie auf, nahm die Kerze an sich und stieg rasch die Stufen hoch. Sie erreichte die Galerie und eilte zum Flur, der von Sir Henrys Dienerschaft genutzt wurde. Sie blieb vor der dritten Tür im Flur stehen und sammelte sich, dann klopfte sie an.
    »Herein«, ertönte eine vertraute Stimme auf der anderen Seite der Tür.
    Sie drehte den Messinggriff und drückte die Tür auf.
    Giles lag im Bett, die gesamte obere linke Seite seines Rumpfes war von weißen Bandagen umhüllt. Auf dem Nachttisch leuchtete eine brennende Lampe, und daneben waren ein Krug und eine Tasse. Auf dem Boden stand ein Nachttopf. Kaum hatte der Verwundete einen flüchtigen Blick auf seine Besucherin geworfen, die noch im Korridor stand, fuhr er im Bett hoch.
    »Miss Wilhelmina? Habt Ihr –«, begann er und brach den Satz ab.
    Haven schritt über die Schwelle in das Zimmer hinein und stellte sich ins Licht. »Hallo, Giles«, grüßte sie ihn.
    Er fiel in seine Kissen zurück. »Lady Fayth. Ich hätte niemals gedacht –« Dann begriff er, dass ihre Anwesenheit noch einige andere Sachverhalte miteinschließen konnte. Er sauste erneut hoch, warf die Decke zur Seite und machte sich daran, aus dem Bett zu klettern. »Ist Burleigh hier?«, fragte er. Die mühselige Anstrengung, sich zu erheben, ließ ihn vor Schmerzen zusammenzucken. »Ist er –«
    »Beruhigt Euch, Giles«, sagte Haven mit sanfter Stimme. »Alles ist gut. Ich bin alleine hier. Wie Ihr bin ich ihm entflohen.«
    Mit den langsamen, bedächtigen Bewegungen eines Mannes, der Schmerzen hatte, legte er sich wieder zurück. »Warum seid Ihr dann hier?«, fragte er in einem mürrischen und unfreundlichen Tonfall. »Ihr müsst doch wissen, dass ich Euch nichts zu sagen habe.«
    »Vielleicht nicht«, räumte sie ein. Sie hob die Decke auf, legte sie wieder auf ihn und zog sie zurecht. »Aber vielleicht wollt Ihr gerne zuhören, denn ich habe Euch etwas zu sagen.«
    Er starrte sie an. Sein Gesichtsausdruck war voller Schmerz und Misstrauen wegen dem, was sie einst getan hatte und was er als Verrat betrachtete. »Dann fahrt fort«, sagte er zu guter Letzt; die Neugierde hatte seinen Argwohn überwältigt.
    »Zuerst«, sagte sie, »muss ich eines wissen – geht es Euch gut genug, dass Ihr in der Lage seid, eine Reise zu unternehmen?«

ZWÖLFTES KAPITEL

    D as Innere der Höhle erschien Kit warm und wärmer, als er gedacht hätte. Er folgte den Jägern und suchte sich seinen Weg behutsam über das Durcheinander der Felsbrocken hinweg, mit denen der Höhlenboden übersät war. Die Luft stand still und hatte den Geruch von trockenen Blättern, der sich mit bitterem Katzenduft vermengte. Je tiefer sie in die Wand der Schlucht eindrangen und sie erforschten, desto wärmer wurde es. Kit, der noch vom Kampf mit dem Höhlenlöwen schwitzte, hatte das Gefühl, als würde er sein Hemd verlieren – und vielleicht wäre dies auch geschehen, wenn er sich nicht praktisch in das Gewand hineingenäht hätte. Doch im Moment war es seine größere Sorge, nicht das winzige Licht aus den Augen zu verlieren, das sich ein paar Schritte vor ihm rasch hin und her bewegte.
    Nach dem Kampf draußen mit der Bestie waren die Jäger in das Loch in der Felswand der Schlucht geklettert. Dort hatte

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