Die Seelenräuberin: das zweite Abenteuer von Lyala Mendes, dem weissen Werwolf (German Edition)
offensichtlich sehr mit. Ana Maria umarmte sie wieder. Naomi machte sich fast wütend aus der Umarmung los. Offenbar hatte sie Angst, dass sie ganz die Beherrschung verlieren würde und hemmungslos zu weinen beginnen würde, unfähig ein weiteres sinnvolles Wort zu sagen. Stattdessen fuhr sie fort:
„Deshalb habe ich auch nicht genau gesehen, was dann passiert ist, aber als meine Mutter die Tür öffnete, ist sie plötzlich zurückgezuckt und hat sich an die Wade gefasst. Dann ist sie vor meinen Augen zusammengebrochen. Ich habe dann nur noch eine Jararaca weg kriechen gesehen. Die sah identisch so aus, wie die, die mich heute Morgen fast gebissen hätte. Genau in diesem Moment habe ich dann meine Lähmung verloren und bin zu meiner Mutter gestürzt. Aber es war schon zu spät. Meine Mutter hatte eine schwere allergische Reaktion, die sie zusammen mit dem Gift innerhalb von Minuten tötete. Sie ist in meinen Armen gestorben.“
Geschockt sah Layla Naomi in die Augen. Der Angriff der Seelenräuberin war also noch vielschichtiger gewesen, als sie zuerst vermutet hatte. Sie hatte gedacht, dass es nur eine kleine Warnung an sie gewesen war, aber dieser feige Angriff hatte offensichtlich noch eine versteckte Botschaft für Naomi enthalten. Es war also überhaupt nicht geplant gewesen, diese zu töten. Layla sollte sie offensichtlich retten. Nur wie war es der Seelenräuberin gelungen, sie beide zur gleichen Zeit in das Badezimmer zu bekommen? Layla hatte keine Ahnung, kam sich aber wieder fremd gesteuert vor. Wie schaffte diese verfluchte Ajllasga das immer wieder, offenbar alle Lebewesen, wie an langen Lenkschnüren genau so handeln zu lassen, wie sie es plante? Das war richtig einschüchternd, ja sogar Angst einflößend. Layla dachte nochmals genau über den Morgen nach, bevor sie zur Dusche gegangen war, merkte aber nicht, wo und wann die Seelenräuberin sie beeinflusst haben könnte. Hilflos sah sie Ana Maria an. Auch die hatte keine Erklärung. Deshalb teilte sie Naomi ihre Gedanken mit. Die sah sie nachdenklich an, nickte dann fast unmerklich und sagte:
„Also, was mich betrifft, ich weiß auch nicht genau, was mich geweckt hat, aber ich meine ein Geräusch am Fenster gehört zu haben, als ob jemand ein Steinchen dagegen geworfen hat. Aber bisher habe ich mir eingeredet, dass dies noch die Übrigbleibsel meines Traumes gewesen waren, den ich genau vor dem Aufwachen hatte.“
„Was hast Du denn geträumt!“
„Ich habe von Tas geträumt. Das er mich verfolgt, um mich zu zerfleischen. Ich habe ein Versteck gesucht, aber keines gefunden. In dem Moment, als ich aufgewacht bin, hat er mich gerade gestellt.“
Konnte das wirklich wahr sein? War es so einfach? Layla musste dies bejahen: Es war wirklich so einfach, sie wie dressierte Laborratten nach exakten Plänen genau wie gewünscht durch ein Labyrinth laufen zu lassen. So, wie Layla die Seelenräuberin einschätzte, war es genau die Art, wie sie arbeitete. Sie hatte wohl gewartet, bis Layla wach war, dann hatte sie Naomi den Traum geschickt, aus dem sie sie hatte wecken lassen. Offenbar hatte der tote Mann, der die Schlange ins Bad geworfen hatte, auch das Steinchen an das Fenster von Naomis Zimmer geworfen, sodass diese genau zum richtigen Zeitpunkt geweckt worden war. Es war offensichtlich, dass der erste Weg zum Bad war. Layla konnte sich erinnern, dass nach den vielen verschiedenen Teesorten in der Nacht sowohl ihr, als auch Naomi fast die Blase platzte, als sie erwachten. Es war also relativ einfach gewesen und zeigte wieder einmal das taktische Geschick der Gegnerin.
Naomi betrachtete immer noch das Amulett. Layla legte ihr zärtlich eine Hand auf die Schulter, dann fragte sie sie:
„Naomi, weißt Du, was dieses Zeichen bedeutet?“
„Ja, ähnlich wie bei Deinem Amulett, ist dieses schon seit vielen Generationen im Besitz der Familie meiner Mutter, die übrigens in Manaus geboren wurde. Es ist das Zeichen der Wächter des Regenwaldes. Meine Mutter hat es mir oft gezeigt. Sie hat dieses Amulett niemals abgenommen. Nach ihrem Tod ist es mir erst gar nicht aufgefallen, dass es verschwunden war. Erst bei der Beerdigung habe ich es bemerkt, dass sie es nicht hatte. Ich habe gedacht, dass mein Vater es abgenommen hatte. Hatte er aber nicht. Auch bei dem Bestattungsinstitut und beim Krankenhaus wussten niemand etwas davon. Sie hatte es offensichtlich schon im Moment ihres Todes nicht mehr gehabt!“
„Und was sind die Wächter des
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