Die Seelenräuberin: das zweite Abenteuer von Lyala Mendes, dem weissen Werwolf (German Edition)
regnen, als ob alle Schleusen geöffnet worden waren. Es war wirklich ein sintflutartiger Regen, wie ihn Layla, die fasziniert aus dem Fenster sah, noch niemals zuvor gesehen hatte. Sie konnte praktisch keine fünf Meter weit sehen, so dicht fiel der Regen, alle paar Sekunden von einem Blitz und einem mächtigen Donnerschlag unterbrochen. Das Klappern des Regens auf dem Dach des Hauses war so laut, dass es fast wie Maschinengewehrfeuer klang.
Layla hörte, wie Donerta in richtiggehendes Wehklagen ausbrach. Sie benützte dabei wieder die unbekannte Sprache, die sie bei der Teilung des Bewusstseins von Hans schon verwendet hatte. Layla sah die weiße Hexe an. Sie hatte wirklich Angst. Auch Felipe war nur noch ein Häufchen Elend. Ana Maria kam zu Layla und umarmte diese.
Plötzlich öffnete sich die Türe. Der Dobermann betrat das Haus. Offensichtlich hatte er es im Stall nicht mehr ausgehalten. Felipe streckte ihm die Hand entgegen, aber der Hund lief mit gesenktem Kopf genau auf Layla zu und schmiegte sich ganz eng an ihre Beine. Felipe sah dies mit verdutztem Blick. Layla bückte sich und kraulte den Hund, der diese tröstende Liebkosung ganz offensichtlich sehr genoss. Dann fletschte er aber plötzlich die Zähne. Nicht in Laylas Richtung, sondern in Richtung der Türe. Auch Layla bemerkte instinktiv, dass da etwas war, das nicht hierher gehört. Etwas näherte sich. Und das schnell. Layla spürte, wie sich die Haare in ihrem Nacken aufstellten und versteifte sich. Ana Maria hatte ebenfalls etwas bemerkt, denn sie drückte Laylas Hand krampfhaft an ihre Brust, während sie zur Türe blickte. Plötzlich hörten sie ein lautes Fauchen. Es war ein Jaguar. Nur war es wirklich Tas? Layla wollte sofort die Verwandlung einleiten, damit sie kampfbereit wäre, aber Ana Maria hielt sie zurück:
„Nicht Layla, genau das will er. Dass Du heraus kommst! Es ist sicher eine Falle!“
Layla zögerte tatsächlich, betete gleichzeitig aber zur Jungfrau Maria, dass sie diese Verzögerung niemals würde bedauern müssen.
Plötzlich kratzte es an der Türe. Erst nur zögerlich dann aber mit vollen Wucht und Gewalt. Jetzt musste es sein. Sie musste sich verwandeln. Die Türe würde den wütenden Schlägen nicht mehr lange standhalten können. Doch gerade als Layla einen neuen Versuch unternahm, die Verwandlung einzuleiten, hörten die Schläge wieder auf. Edu stürmte zur Türe, aber Layla hielt ihn mit einem lauten Ruf davon ab. Sie ging zuerst zum Fenster, wodurch sie den Raum vor der Türe sehen müsste. Und da sah sie ihn. Es war tatsächlich dieser gigantische Jaguar mit dem verkrüppelten Ohr, den sie für Tas hielt. Er stand sprungbereit vor der Türe. Hätte Edu, oder irgendjemand anderes die Türe geöffnet, wäre er von dem Monstrum angesprungen worden. In diese Falle wäre auch sie als Werwolf gelaufen.
Der riesige Jaguar bemerkte Laylas Blick und richtete sich auf. Offensichtlich hatte er verstanden, dass sein Plan entdeckte worden war und er keinen Überraschungsangriff würde durchführen können. Er starrte Layla an. Die wendete den Blick nicht ab. So blieben die beiden fast eine Minute stehen. Keiner wollte den Blick zuerst senken. Layla wusste, dass dies ein albernes Machtspielchen war, aber trotzdem verbat es ihr Stolz, sich so einfach zu ergeben. Naomi und Ana Maria traten zu ihr und sahen geschockt aus dem Fenster. Auch Edu gesellte sich zu ihnen und rief mit überschlagender Stimme:
„Heilige Mutter Gottes, ist das ein Riesenvieh. Wenn ich herausgetreten wäre, hätte der ein Ragout aus mir gemacht!“
Der Jaguar sah ein, dass wohl keiner der anwesenden Menschen die Türe öffnen würde und hob den Kopf. Er lies ein wütendes Brüllen hören. Dann sprang er hoch und mit zwei Sätzen schnellte er in Richtung Fenster. Die vier schreckten zusammen, aber es war nur eine leer Drohung, denn kurz vor dem Fenster drehte er ab, und stürmte den engen Weg zwischen Tierkoppel und Garten entlang zum Dschungel. Mit einem riesigen Satz verschwand er. Layla sprang zur Türe und riss sie auf. Sie blieb wie angewurzelt stehen. In der Türe waren tiefe Kratzer zu sehen und diese Kratzer formierten sich zu einem kurzen Satz. Deutlich lesbar stand dort
„Ihr werdet alle sterben“
geschrieben. Naomi und Edu folgten Layla. Ana Maria blieb dagegen im Haus. Die beiden sahen den Satz an der Türe. Edu fluchte mit hoher Stimme. Er drohte sogar mit der Faust in die Richtung, in die der Jaguar verschwunden war, aber wiederum
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