die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin
Rhia gekommen war. „Ich werde ihn finden und ihn selbst fragen.”
„Das kannst du nicht.”
Sie ging weiter. „Warum nicht?”
„Alanka, er ist tot.”
Das Mädchen blieb stehen, als hätte ein Pfeil sie ins Herz getroffen. Langsam und kalkweiß drehte sie sich zu Rhia um. „Es muss jemand anders gewesen sein. Du hast einen anderen gesehen. Nicht Vater.”
„Er hat seine Form gewandelt, und der Nachfahre – er hat den Verstand verloren. Er hat deinen Vater umgebracht, während er in Fuchsgestalt war.” Sie stand auf und ging auf Alanka zu. „Ich war dabei. Der Nachfahre hat mich gesehen.”
Alanka wich zurück. „Du lügst. Wenn er meinen Vater umgebracht hat, warum hat er dann nicht auch dich umgebracht?”
„Ein Wolf hat mich gerettet. Der Soldat hat ihn umgebracht, aber der Kampf der beiden verschaffte mir genug Zeit zu fliehen.”
Das Mädchen starrte fest auf den Boden neben Rhia. Seine schwarzen Augen flimmerten. In Gedanken schien es nach einer anderen Erklärung zu suchen als der, die Rhia ihm anbot.
„Wo ist das geschehen?”
Rhia beschrieb die Umgebung.
„Ich weiß, wo das ist”, sagte Alanka. „Ich gehe nachsehen, ob du die Wahrheit sagst.” Sie griff sich ihr Jagdmesser und Pfeil und Bogen und begann zu rennen.
„Alanka, nein! Der Nachfahre ist vielleicht noch da draußen.” Zu rufen bereitete ihr erneut Schmerzen. „Warum sollte ich dich belügen?”
Alanka blieb stehen und sah sich noch einmal um. „Du hast ihn noch nie gemocht.” Dann rannte sie tiefer in den Wald hinein.
Rhia rief wieder und wieder ihren Namen, doch es war zu spät. Sie drehte sich nach dem Dorf um und hasste sich selbst.
Hatte sie Alanka die Neuigkeiten zu unbedacht überbracht? Wenn jemand ihren eigenen Vater, Tereus, solch eines Betruges beschuldigt hätte, sie hätte demjenigen auch nicht vertraut.
Mit ihrem letzten bisschen Energie rannte sie auf den Dorfplatz zu. Ihre müden Beine trugen sie bis zu den Stämmen der Bäume, in denen Coranna und Marek wohnten. Corannas blaue Flagge wehte sanft in der Brise. Rhia rief die Namen der beiden und hörte die Panik in ihrer eigenen Stimme.
Coranna steckte den Kopf aus dem Fenster. „Marek ist hier. Warum brüllst du so?” Mit zusammengekniffenen Augen sah sie Rhia an. „Bist du verletzt?”
Sie eilten die Leiter hinab, Marek voran. Er sprang zu Boden und starrte ihr ins Gesicht, das mittlerweile geschwollen sein musste. „Ruft den Rat zusammen”, sagte sie zu Coranna. „Razvin ist tot, und er hat uns alle hintergangen.”
Ohne eine weitere Erklärung abzuwarten, eilte Coranna davon. Marek führte Rhia zu der kleinen Lichtung in der Nähe, wo der Rat zusammentrat und ein Ring aus sieben flachen Steinen jedem Mitglied als ständiger Sitz diente.
„Kannst du mir erzählen, was geschehen ist?” Er hielt sie und rieb ihr den Rücken, als wollte er sie wärmen. Der Schock des Erlebten begann, sich bemerkbar zu machen, und sie wollte sich einfach hinlegen und so tun, als wäre alles nur ein böser Traum.
„Lass uns warten, bis der Rat eintrifft. Es ist schlimm genug, es zweimal zu erzählen.” Furchtsam sah sie zu ihm auf. „Ich habe Alanka auf dem Weg hierher getroffen.”
„Wo ist sie?”
„Sie hat mir nicht geglaubt, also ist sie gegangen, um es sich selbst anzusehen.”
„Ist es ungefährlich für sie?”
„Ich hoffe es. Der Mann, der ihren Vater ermordet hat, ist wahrscheinlich verschwunden, zu seinem Volk zurückgekehrt. Es sei denn, er sucht nach mir. Außerdem konnte ich sie nicht aufhalten.”
Marek untersuchte die Prellung in ihrem Gesicht. Seine Miene verfinsterte sich. „Ich werde diesen Mann umbringen, weil er dich gejagt hat. Wer war es?”
Sie sprach die schweren Worte aus. „Er war ein Nachfahre.” „Ein Nachfahre?”, erklang eine Stimme hinter ihnen.
Sie drehte sich um und sah, wie Zilus, der Falke, auf die Mitte des Kreises zugeschritten kam. Hinter ihm erschienen vier weitere Ratsmitglieder, zwei Männer und zwei Frauen, Kerza und Coranna. Ohne Razvin und Etar waren sie nur noch zu fünft.
„Sag uns, was geschehen ist”, forderte Zilus sie auf. „Von Anfang an.”
Rhia wartete, bis sie sich gesetzt hatten, und ließ Mareks Hand dann los. Er wollte ihr Kraft und Unterstützung geben, aber sie musste selbst als stark wahrgenommen werden, wenn man ihrer Geschichte glauben sollte. Er stellte sich außerhalb des Kreises hinter sie, um ihr zuzuhören.
Sie erzählte ihnen alles, kämpfte um eine sichere
Weitere Kostenlose Bücher