die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin
auferstehen, wenn etwas von ihm übrig blieb. „Ihr seid alle nichts als Monster!”
Rhia drehte sich der Magen um, und die Welt verschwamm vor ihren Augen. Die Schwingen von Krähe pochten voller Wut über diesen sinnlosen Mord und die Entweihung in ihrem Kopf. Sie presste das trockene Gras gegen den Mund, um einen qualvollen Aufschrei zu unterdrücken, empfand jeden Schmerz und jede Angst, die Razvin im Augenblick seines Todes verspürt hatte. Es war, als schleifte er sie auf seinem Weg auf die andere Seite mit sich, so hastig zog er sich aus dem Leben zurück. Die Schläge der Flügel waren so laut, dass sie nicht wusste, ob sie schrie oder nicht.
Der Nachfahre spießte das, was von Razvin, dem Fuchs, übrig war, auf die Spitze seines Schwertes und schleuderte es in den Fluss. Dabei entglitt ihm die Waffe und fiel einige Fußlängen entfernt in die schlammigen Untiefen. Er fluchte erneut und verstummte dann, als er ein Geräusch hinter sich hörte.
Nein.
Er sah Rhia genau an. Dann wischte er sich mit blutigem Ärmel das Gekröse von den Augen und starrte fest auf die Stelle, an der sie sich versteckte. Er sah nicht so aus, als wäre er sich sicher, ob er sie sah, aber wenn sie sich bewegte oder auch nur atmete ...
Dann erhob sich eine Brise und drückte das Gras zwischen ihnen nieder. Der Nachfahre starrte sie einen langen Augenblick lang an. Das Gesicht voller Angst, sah er jünger aus als je zuvor.
Sie sprang auf und rannte los. Auch wenn sie ihn überrascht hatte, holte er innerhalb von ein paar Schritten auf. Er griff nach ihr, seine Finger rutschten an ihrem Rücken ab, sie sprang vor. Wenn sie nur den Wald erreichen könnte ...
Eine Hand schloss sich um ihr Handgelenk und riss sie nach hinten. Etwas knackte, und sie wirbelte herum, als der Schmerz ihren rechten Arm hinauf und bis in den Hals fuhr. Sie schrie und fiel auf die Knie.
„Was hast du gehört?” Er presste sein Gesicht, das nach frischem Blut stank, eng an ihres. Dann zerrte er wieder an ihrem Arm und bereitete ihr damit solche Qualen, dass es sie blendete. „Sag mir, was du gehört hast, Hexe.”
Sie kannte das Wort „Hexe” nicht. Vielleicht konnte sie so tun, als verstünde sie überhaupt nichts. Sie begann zu plappern, stieß lauter Unsinn hervor und hoffte, er würde sie freilassen.
„Wage es nicht, mir einen Zauber aufzuerlegen.” Brutal schlug er ihr gegen den Kiefer. Sie fiel längs auf den Boden hin, wo sie wie erstarrt liegen blieb.
„Steh auf.” Er riss wieder an ihrem Arm, und auch wenn sie sich wehren wollte, zwang sie der Schmerz, ihm zu folgen, damit sie nicht ohnmächtig wurde. Tränen ließen ihren Blick verschwimmen. Sie stolperte den Hügel hinab, bis sie Matsch unter den Füßen spürte und ihr klar wurde, wohin sie gingen: zu seinem Schwert.
„Nein!”
Sie trat nach ihm, und ihr Fuß traf den fleischigen Teil seiner Wade und brachte ihn dazu, aufzuschreien. Automatisch lockerte er den Griff um ihr Handgelenk. Er krallte sich ihren anderen Arm und hielt sie fest. „Ich will einer Frau nicht wehtun, aber ich kann dich nicht entkommen lassen, und ich kann nicht zulassen, dass du mich mit deiner Magie verzauberst.”
„Ich bin Krähe”, schluchzte sie. „Meine Magie kann Euch noch nicht berühren. Bitte, lasst mich los.”
„Dich loslassen? Damit du Asermos vor dem Uberfall warnen kannst? Das werde ich nicht zulassen.”
„Überfall?”
Seine Gesichtszüge entglitten ihm, als ihm klar wurde, dass er ein Geheimnis verraten hatte, von dem sie nichts gewusst hatte.
Wütend zerrte er an ihr und sprang dann dorthin, wo sein Schwert lag. Das flache Wasser wusch Blut und Schlamm von ihm ab. Der Nachfahre sprach leise zu sich selbst. Vielleicht versuchte er, den Willen aufzubringen, eine Frau kaltblütig abzuschlachten.
Als er einen Arm losließ, um nach dem Schwert zu greifen, befreite sie sich aus seinem Griff und rannte los. Sie brachte es nur ein paar Schritte weit, ehe er den Kragen ihrer Bluse zu fassen bekam und sie mit einem dumpfen Aufprall auf den Rücken warf. Ihre Schulter zerriss es fast vor Schmerz.
Ängstlich starrte sie zu ihm hinauf. Sein feines Haar war jetzt verklebt und hing in Strähnen über sein Gesicht. Uber ihm schien der Himmel blau. Eine Krähe rief von einem nahen Baum und wartete darauf, dass der tote Fuchs an Land gespült wurde – oder um zu sehen, ob sie noch ein anderes Festmahl erwartete.
Sie würden mit ihren Augen anfangen, das wusste Rhia. Krähe kannte weder Gnade
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