die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin
Preis.”
„Uns nicht zu verteidigen kann Euch alles kosten.” Sie wollte ihn schütteln, sie alle schütteln. „Warum seht Ihr das nicht? Sie sind nicht mein Volk, sie sind unser Volk. Die Geister haben uns zusammengebracht, auf dass uns nichts trenne.”
„Was ist mit den anderen Dörfern?”, fragte er, „Tiros und Velekos? Sie sind größer, als wir es sind. Sie können euch besser helfen.”
„Sie sind vielleicht zu weit weg, um rechtzeitig zu helfen”, sagte Coranna.
„Außerdem”, fügte Rhia hinzu, „hat uns ein Kalindonier verraten. Der Rest von Euch sollte Razvins Schuld bezahlen.”
Jetzt wurde Kerza wütend. „Er hat auch uns verletzt. Er hat Etar umbringen lassen, erinnerst du dich?”
„Wenn Ihr helft, uns zu verteidigen”, sagte Rhia, so sanft sie konnte, „dann wird Euer Bruder nicht umsonst gestorben sein.”
„Ich denke, es wird Zeit für eine Abstimmung”, erklärte Zilus. „Wir schulden dir zumindest eine schnelle Entscheidung, damit du dich sofort auf den Weg machen kannst.”
Als die fünf Ratsmitglieder untereinander einige Augenblicke lang murmelnd die Frage des Vorgehens klärten, hielt Rhia Ausschau nach Marek. Warum hatte er sie verlassen, obwohl sie seine Unterstützung gerade jetzt am meisten brauchte?
Die Wahl war schnell getroffen: vier gegen einen dagegen, militärische Hilfe nach Asermos zu entsenden. Coranna war als Einzige dafür gewesen.
„Du kannst dir ein Pferd aussuchen, um zurück nach Asermos zu reiten”, sagte Zilus zu einer völlig ungläubigen Rhia, „und wir geben dir Proviant für die Reise. Aber du musst allein gehen.”
„Nein, das wird sie nicht.”
Alanka stand außerhalb des Steinkreises. Sie trat vor, ihr Jagdmesser in einer Hand und etwas Graues, Pelziges in der anderen – den Schwanz des Wolfes, der Rhia das Leben gerettet hatte. Alanka stellte sich neben sie und wandte sich an den Rat.
„Mein Vater hat uns alle beschämt.” Ihre Stimme brach, doch sie fasste sich wieder. „Wir sollten zu unserer Scham nicht noch Feigheit hinzufügen.” Sie drehte sich zu Rhia um. „Ich gehe mit dir, Schwester. Ich kämpfe für dich und meine Brüder, und ich werde dem Namen Kalindos wieder Ehre bringen.” Entschlossen und wütend starrte sie die Ratsmitglieder an.
Rhia nahm ihre Hand, und gemeinsam verließen sie den Kreis.
33. KAPITEL
Z uerst müssen wir Marek finden”, sagte Rhia, als sie und Alanka außer Hörweite der Ratsmitglieder waren. „Er wird mit uns kommen wollen.” Wenigstens hoffte sie das.
„Wo ist er?” Alanka klang immer noch sehr mitgenommen. „Er ist verschwunden, als ich allen erzählt habe, was geschehen ist. Die Sonne ist noch nicht untergegangen, also kann er nicht unsichtbar geworden sein. Er ist gegangen.”
„Warum?”
Rhia blieb stehen, um nachzudenken. Hatte er sie verlassen, weil er wusste, dass sie ihn bitten würde, mit nach Asermos zu kommen? War seine frühere Feigheit zurückgekehrt? Wo war der Beschützerinstinkt, den er gezeigt hatte, als Skaris und seine Freunde versucht hatten, sie zu zwingen, aus dem Becher ...
„Ich weiß, wo er ist.” Rhia rannte los.
Alanka folgte ihr zu Skaris’ Haus, wo es für nachmittags viel zu still war. Die blaue Flagge war verschwunden und mit ihr der Wachposten, der auf den Gefangenen aufpassen sollte.
Rhia griff nach der Leiter, die ganz aus Holz bestand und stabiler war als eine Strickleiter.
Alanka hielt sie auf. „Du kannst mit deiner kaputten Schulter nicht klettern.”
„Ich muss nachsehen.” Unbeirrt stieg sie einige Sprossen hinauf und benutzte ihre rechte Hand dabei nur zum Festhalten, nicht zum Hinaufziehen.
Alanka seufzte. „Dann bin ich direkt hinter dir.”
Rhia kletterte schneller als jemals zuvor und schluckte, als sie getrocknete Blutflecke auf den höchsten Sprossen entdeckte. Als sie Skaris’ Terrasse erreichten, stand die Tür ein Stückchen offen. Rhia drückte sie ganz auf.
Skaris’ Wachposten lag ausgestreckt auf dem Boden und stöhnte. Er hatte ganz offensichtlich einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen. Der Tisch war umgeworfen, und zwei Stühle lagen zerbrochen im Weg.
Alanka kniete sich neben den Wachposten. „Was ist passiert?”
„Weg”, flüsterte er. „Sie sind beide weg.”
Rhia und Alanka packten nur wenig ein und waren in weniger als einer Stunde bereit zum Aufbruch. Rhia wollte auf Marek warten, wusste aber auch, dass jeder Augenblick für Asermos entscheidend in der Vorbereitung auf einen Krieg sein
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