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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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herum würden schon lange an Altersschwäche gestorben sein, wenn sie damit fertig war, auf und ab zu gehen, mit den Füßen zu stampfen und sich auf die Hände zu pusten.
    Ihre Hände.
    Sie blieb stehen und starrte sie an. Sie krümmte die Finger, die sich nicht mehr wie ein Teil von ihr anfühlten. Die steifen Glieder bewegten sich erst, lange nachdem ihr Verstand es befohlen hatte, und viel langsamer. Sie verlor ihre Hände.
    „Bewegt euch”, flüsterte sie ihren Zehen zu und versuchte, mit ihnen zu wackeln. Sie gehorchten ein einziges Mal. „Bewegt euch”, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Sie hob die Hände, um ihre ungehorsamen Füße nicht sehen zu müssen aber es gelang ihr nicht. Das Ganze ähnelte zu sehr der Krankheit, die sie als Kind heimgesucht hatte. Eines Morgens war sie mit kribbelnden Füßen und Handflächen aufgewacht, und einen Tag später hatte sie kaum noch ihren Kopf wenden können. Alle hatten nur hilflos darauf gewartet, dass die Schwäche ihr Herz lähmte. Krähe war gekommen, hatte mit ihnen gewartet und war dann ohne ein Wort verschwunden.
    Noch war er in diesem heiligen Kreis nicht angekommen. Er würde erst kommen, kurz bevor sie starb. Er würde sie nicht trösten, solange sie ihr Schicksal nicht akzeptierte. Bis dahin stand sie in ihrem Kampf ums Uberleben allein da.
    „Bastard!” Voller Zorn spie sie das Wort gen Himmel. „Du schickst deine Lakaien, um nach mir zu sehen, denkst, ich habe Angst und gebe auf, ergebe mich deinen Wünschen. Ich bin ...” Die Kälte überwältigte sie und unterbrach ihre Rede, indem sie ihre Zähne dazu brachte, zu klappern. „Ich bin kein kleines Mädchen mehr. Selbst als ich es war, konntest du mich nicht nehmen. Jetzt bekommst du mich auch nicht.”
    Sie zwang ihre Beine, sie auf und ab zu tragen, auch wenn sie kaum noch den Boden unter den Füßen spürte. Coranna ging in gleichmäßigem Tempo um den Kreis herum, die Augen geschlossen, und die Rassel neigte sich zwischen ihren Schritten. Sie schien so gelassen, so gelöst von Zeit und Raum, dass in Rhia eine wilde Wut erwachte.
    „Sieh mich an!”, brüllte sie Coranna an. „Ich sterbe. Du bringst mich um, und es ist dir egal. Wie kannst du so leben? Wie viele andere hast du schon umgebracht?”
    Marek starrte sie an.
    „Was guckst du so?” Ihre Augen schienen Funken zu sprühen, die ihn zu verbrennen drohten. „Ich kann meine Hände und Füße nicht mehr spüren. Wäre ich blind, ich würde glauben, man hätte sie abgeschnitten. Stell dir vor, wie das ist.”
    Er senkte den Blick und behielt den gleichmäßigen Rhythmus beim Trommeln bei. Ein ferner Teil ihres Verstandes bewunderte seine Fassung, doch der größere Teil wollte ihm die Augen auskratzen – mit Fingern, die sie nicht mehr spüren konnte.
    Coranna ging zwischen ihnen vorbei. In ihrem langen weißen Mantel sah sie so warm aus. Rhia sprang auf, um sie zu schlagen.
    Sie prallte am Kreis ab wie an einer festen Steinmauer.
    Rhia prüfte den Rand des Kreises mit ihren Ellenbogen, da sie jetzt auch das Gefühl in den Unterarmen verloren hatte. Jedes bisschen hielt stand. Sie war gefangen.
    „Nein ...”
    Die Krähenfrau ging wieder an ihr vorbei.
    „Coranna, bitte. Ich tue alles, wenn du mich gehen lässt. Ich werde alle anderen Prüfungen fünf Mal ablegen, mir jedes Ritual einprägen.” Ein angespanntes Lachen entrang sich ihrer Brust. „Ich verstehe es jetzt. Ich muss nicht sterben, um es zu verstehen. Ich habe keine Angst. Überhaupt keine.”
    Sie schüttelte den Kopf so heftig, wie ihr steifer Hals es erlaubte. Noch ein Weg fiel ihr ein. Sie wandte sich an Elora.
    „Was ist mit dir? Heiler brauchen Gehilfen. Ich habe meiner Mutter gedient, bis ich zu dieser schrecklichen Krähengestalt wurde.” Flehentlich legte sie die Handflächen aneinander, auch wenn die Finger sich nicht krümmen ließen, um die Hände zu falten. „Hast du Kinder? Ich kann mit den Kindern helfen.”
    Elora sah sie so mitleidig an, dass Rhia es kaum ertragen konnte.
    Entschlossen drehte sie sich zu Marek um. „Noch ist es nicht zu spät, davonzulaufen. Ich nehme dich mit mir nach Hause.” Sie zeigte auf Coranna. „Dann musst du sie nicht mehr jeden Tag sehen und daran erinnert werden, was sie dir genommen hat.”
    Angespannt biss Marek die Zähne aufeinander, aber er wollte Rhia nicht ansehen. Sie bemerkte, dass er auch Corannas Blicken auswich, der sie sich jetzt wieder zudrehte. Sie zitterte, und dann machte sie den

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