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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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des Berges. Dort saß eine Frau auf einem zottigen rotweißen Pony, die Zügel schlaff, damit das Tier grasen konnte. Blondes Haar fiel ihr den Rücken hinab. Die Frau starrte Rhia einen Augenblick an und drehte sich dann um, als wollte sie mit jemandem hinter sich sprechen.
    Noch eine Gestalt tauchte auf, die ihr kleines robustes Pony führte, ein braunes mit zwei weißen Abzeichen an den Vorderbeinen. Das Haar der Person hing ihr silbrig leuchtend bis zur Taille.
    Coranna.
    Es war zu spät, um umzukehren.

23. KAPITEL
    R hia fühlte sich, als hätte sie keine Knochen mehr in den Beinen. Sie schwankte, und Marek musste sie festhalten, als sie die Lichtung überquerten.
    In Corannas Augen stand keine Verachtung. Tatsächlich tat die Krähenfrau so, als sei alles genau nach Plan verlaufen – und von ihrem Standpunkt aus war es das auch.
    „Willkommen, Rhia.” Sie deutete auf die andere Frau. „Das ist Elora, eine Otterheilerin aus Kalindos. Sie wird dir helfen, dich nach dem Ritual zu erholen.”
    Nach meinem Tod. Rhia nickte. Grüßen konnte sie sie nicht. Wie angewiesen setzte sie sich vor Coranna auf das braune Pony. Elora folgte ihnen, und Marek schloss sich ihnen zu Fuß an. Niemand sprach ein Wort.
    Sie betraten einen Pfad, der von Bäumen überschattet war, und Rhia vermisste den Sonnenschein sofort. Ihr Herz schlug schneller, ihr Körper war in Alarmbereitschaft, so als würde er insgeheim gegen diese Reise rebellieren. Plötzlich stieg der Weg steil an, und Rhia musste sich an der Mähne des Ponys festhalten, um nicht hinunterzufallen.
    Jetzt, da sie dem erbarmungslosen Anstieg ans Ende ihres Lebens gegenüberstand, dachte sie an nichts anderes als an Flucht.
    Ich werde mich wehren, sagte sie zu sich selbst. Ich werde so lange leben, wie nötig ist, damit sie aufgeben. Dann werde ich ...
    Was? Als Versager nach Asermos zurückehren? Ihrem Volk sagen: Es tut mir leid, ich hätte euch bei eurer Reise auf die andere Seite helfen können, euch in Zeiten des Aufruhrs Frieden in Leben und Tod schenken können, aber ich hatte Angst vor dem kalten Wetter?
    Ihr kam eine Idee: Vielleicht war das Ritual nur eine Prüfung ihres Glaubens an Coranna und Krähe. Wenn sie dem Willen des Geistes Gehorsam erwies, würde er sie vielleicht verschonen und nicht übertreten lassen.
    An diesen Hoffnungsschimmer klammerte sie sich den ganzen Weg den Berg hinauf. Bald schon hatten sie die Baumgrenze hinter sich gelassen, wo nur noch kniehohe Gebüsche die Monotonie von Fels und Schnee durchbrachen. Es war bei-ßend kalt.
    Vor ihr pulsierte, dunkel und verlockend, eine Quelle der Macht. Sie wollte davor zurückweichen, aber Coranna saß hinter ihr und lenkte das Pony.
    Sie bogen um eine Kurve und trafen auf eine Höhle, die in den grauen Stein geschlagen war, groß genug für zwei oder drei Menschen. Vor der Höhle befand sich eine Ebene, etwa von der Größe einer Pferdekoppel. Sie ragte wie eine Plattform aus dem Berg hervor.
    Coranna hielt das Pony an, stieg ab und bedeutete ihr, dasselbe zu tun. Rhia stellte sich vor, wie sie die Zügel packte und davongaloppierte und wie sie dabei jeden, der ihr im Weg stand, umstieß. Das Pony würde rennen, bis sie ... wohin kamen? An einen warmen Ort.
    Sie ließ sich vom Rücken des Ponys gleiten. Es war kleiner als die Pferde zu Hause, und ihre Füße berührten den Boden eher, als sie es erwartet hatte. Sie machte sich nicht die Mühe, vor Schmerz zu fluchen. Was ihrem Körper Schmerz oder Freude bereitete, war nicht mehr wichtig. Ihr zitterten die Hände, als sie dem Pony die Zügel über den Kopf zog, damit sie es anbinden konnte.
    Elora stieg ebenfalls ab und öffnete einen Beutel, der an der Decke ihres eigenen Ponys hing. Sie faltete ein schlichtes weißes Kleidungsstück aus und reichte es Rhia.
    „Das wird dich bedecken und dich vor Erfrierungen schützen.” Ihr Blick war mitleidig. „Es wird dich nicht wärmen.”
    Rhia nahm das Kleidungsstück und sah es sich an. Es war wie ein Strumpf – nur für den ganzen Körper. Sogar eine Kapuze und einen Schleier hatte es, damit die Ohren und ein großer Teil des Gesichts bedeckt waren.
    „Danke”, sagte sie hölzern.
    Coranna wies Rhia an, sich das seltsame weiße Kleidungsstück anzuziehen. Als sie sich dazu in die Höhle zurückzog -abseits von Mareks Blicken -, wurde ihr klar, dass sie das eigene Totenhemd anlegte. Es machte keinen Sinn mehr, diese morbiden Gedanken von sich zu weisen. Von diesem Tag an würde der Tod sie

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