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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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klar ist nur: Er und seine Anhänger wollen nicht, dass jemand von dem beschädigten Speer erfährt. Man muss davon ausgehen, dass er alle Versuche, sich dem Monument zu nähern, um es zu studieren oder gar wieder instand zu setzen, vereiteln wird.« Seine Augen wurden schmal. »Wer so handelt, ist Keirdwyns Feind … und der Feind der Götter, deren Geboten wir zu gehorchen haben.«
    Rhys knirschte bei der Erwähnung der Götter mit den Zähnen und wandte den Blick ab.
    »Die meisten von Euch wissen freilich noch nicht, dass Hüter Rhys Gelegenheit hatte, das Innere des zerbrochenen Speers zu untersuchen. Ich möchte ihn nun bitten, darüber zu berichten.«
    Zunächst hatte es den Anschein, als hätte Rhys die Aufforderung überhört. Nur Kamala, die neben ihm saß, konnte sehen, wie er unter dem Tisch die Fäuste ballte und gegen seine Gefühle ankämpfte. Endlich sagte er – so leise, dass die Männer auf der anderen Tischseite sich vorbeugen mussten, um ihn zu verstehen –, was endlich gesagt werden musste: »Den Kern bildete ein hohler Zylinder aus Ziegelsteinen mit einer Kuppeldecke. Das Innere war mit Mörtel geglättet worden, auch die Außenseite war dick mit diesem Material bestrichen. Erst die Reparaturschichten, die wir Jahr für Jahr, Jahrhundert für Jahrhundert auftrugen, hatten die Form des Gebildes verändert.« An seinem Unterkiefer trat ein Muskel hervor. »Der Speer enthielt kein Werkzeug der Götter. Nichts dergleichen. Nur Steine, wie sie für normale Bauten verwendet werden. Gewöhnlichen Mörtel. Und natürlich Schutt an der Bruchstelle.«
    Er hielt inne, und Kamala wartete gespannt, ob er auch den Rest der Geschichte erzählen würde. Aber er schüttelte nur schweigend den Kopf, und in seinen Augen stand eine Traurigkeit, die sie tief berührte. »Nichts Heiliges«, murmelte er. »Nichts, das uns als Waffe dienen könnte.«
    »Erzähle uns von den Zeichen, die du dort fandest.«
    Rhys rieb sich dort, wo sich unter dem Ärmel die Schnitte verbargen, den Arm. »Sie waren in umlaufenden Bändern an der Innenseite des Zylinders eingeritzt, weder Anfang noch Ende waren zu erkennen, und ich fand auch keinerlei Gliederung. Möglicherweise hatte sich in dem eingebrochenen Bereich eine Erklärung befunden. Kamala sagte …« Er sah sie an, als wollte er fragen, ob er weitersprechen dürfe. Sie nickte. »Sie meinte, es könnte ein Zauberspruch sein.« Er zögerte, und Kamala sah die quälende Unschlüssigkeit in seinen Augen. Wie werden sich diese Leute verhalten, wenn ich nun fortfahre? , dachte er. Wenn er ihnen die ganze Wahrheit erzählte? Würde sie auch ihren Glauben zerstören? Könnten sie ohne die stützende Illusion einer göttlichen Gnade noch tun, was nötig war, um die Reiche der Menschen vor dem Untergang zu retten?
    Endlich senkte er den Kopf und sagte nur: »Ich habe sie kopiert.«
    Der Erzprotektor nickte. »Archivar Rommel. Ich entnahm Euren Äußerungen, Ihr hättet bei der Deutung dieser Zeichen gewisse Fortschritte erzielt.«
    Der Archivar räusperte sich lautstark, griff nach dem Pergamentstapel und legte die Blätter so auf dem Tisch aus, dass alle die seltsamen Zeichen sehen konnten. »Es handelt sich um Symbole aus dem Karsi, einer Bilderschrift, die im Ersten Königtum zu Handelszwecken entwickelt wurde. In jenen Tagen hatte nämlich jede Region ihre eigene Sprache, deshalb war die Verständigung oft mühsam und umständlich. Eine Karawane, die weite Reisen unternahm, brauchte manchmal einen ganzen Stab von Dolmetschern, um ihre Geschäfte abwickeln zu können. Deshalb ersannen die Händler diese Schrift. Eine beachtliche Leistung, denn die Lettern stehen nicht für Laute – es sind eigentlich auch keine Buchstaben –, sondern hochgradig stilisierte Bilder. Jedes stellt einen Gegenstand oder einen Begriff dar, und wenn man weiß, wofür die einzelnen Bilder stehen, kann man die Schrift entziffern, ganz gleich, welche Sprache man spricht. Ein wahrhaft universelles System. Ganz erstaunlich. Wir lesen seit Jahren darüber und sammeln Beispiele für einzelne Zeichen, aber eine so umfangreiche Probe hat man seit Jahrhunderten nicht zu Gesicht bekommen.« Er fuhr so ehrfürchtig mit der Hand über die Schriftzeichen wie eine Schneiderin über einen Ballen feinsten Samtes. »Viele der alten Symbole sind in Vergessenheit geraten, andere blieben vielleicht als Teil eines Familienwappens erhalten oder wurden von Hexen und Hexern als Machtsymbole zweckentfremdet, sodass im Lauf der

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