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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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schwach noch die Glut.
    Die Wachsamkeit schlummert im Blut.
    Was verloren ist, hüten drei Damen.
    Was gesucht wird, die Älteste birgt.
    Was unbekannt ist, der Dämmerthron offenbart.
    Was vergessen ist, im Blut sich bewahrt.
    Erbe im Gleichgewicht. In einem vereint
    Thronen im Adlerhorst alle Sieben
    Auf Schwinge und Gebein, um zu heben
    Aus dem Dunkel das Licht, aus dem Tod das Leben.«

    Als er fertig war, lehnte er sich erschöpft in seinem Stuhl zurück und rang nach Atem wie nach einer großen körperlichen Anstrengung. »Das ist alles«, sagte er.
    Er schloss das ledergebundene Buch, das er von Ramirus bekommen hatte, wickelte es liebevoll in ein Stück Öltuch und band das Päckchen sorgfältig zu. Lazaroth bedachte es mit wütenden Blicken.
    »Weissagung oder nicht«, sagte der Erzprotektor. »Die Absicht ist unverkennbar. Diese Worte sollten gefunden werden, falls der Speer jemals aufbräche.«
    »Und wir sollten sie lesen und verstehen können«, schaltete sich Favias ein. »Sonst hätte man nicht diese Universalschrift verwendet.«
    Rommel nickte. »Jeder Gelehrte des Ersten Königtums hätte diesen Text zu entziffern vermocht. Niemand konnte damit rechnen, dass ein so nützliches Instrument dereinst in Vergessenheit geraten könnte.«
    Ramirus sah ihn an. »Konntet Ihr in irgendeiner dieser Strophen einen Sinn erkennen?«
    Der Archivar fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »In Teilen. Die erste Zeile ist ziemlich klar. Sie bezieht sich auf die sieben Feldherren, jene Helden, die die letzte Schlacht überlebten und zu den ersten Protektoren wurden. Dem Mythos zufolge hatte jeder von ihnen sieben Frauen genommen, um das Geschenk der Götter besser unter der Bevölkerung zu verbreiten. Abgesehen von der einen Frau unter ihnen, die nahm sich vermutlich sieben Männer … oder etwas dergleichen.«
    »Sind die Mythen denn wahr?« Die Frage kam von der Erzprotektorin. »Werden sie von den Aufzeichnungen gestützt?« In Evaines Stimme lag eine Schärfe, die Kamala bisher nicht bemerkt hatte, aber sie kam und ging so schnell, dass sie keine Zeit für eine Deutung hatte.
    »Ja und nein.« Remmel zog einen neuen Stapel Papiere aus einer Ledermappe neben sich und breitete sie auf dem Tisch aus. Stammbäume. »Jeder Feldherr trug Sorge, dass sein Samen weit verteilt wurde, und in vielen Fällen führte das zu genau sieben Kindern, aber wie Ihr seht, hatte dieser Protektor einige mehr, und andere hatten weniger.«
    »Dennoch«, sagte Ramirus, »scheint mir der Verweis eindeutig zu sein.«
    »Gewiss doch …« Wieder räusperte sich der Archivar. »Man ist versucht, die zweite Zeile als die Zahl der Kinder in der folgenden Generation zu deuten, aber diese Auslegung wird durch nichts gestützt. Selbst wenn man nicht aufgeführte Bastarde mit einrechnet …« Er sah Rhys an, als wollte er sich für die Bemerkung entschuldigen, nahm aber dann Abstand davon. »… kommt man in den Lyr -Linien nicht einmal in die Nähe dieser Zahl von Nachkommen. Schon gar nicht in den Finsteren Zeiten. Auch danach blieben die Familien noch lange Zeit sehr klein.«
    »Vielleicht bezieht sich die Zahl auf die Generationen«, sagte Kamala.
    Rommel sah sie an. »Wie bitte?«
    »Wie lange ist es her, dass diese Weissagung niedergeschrieben wurde? Etwa tausend Jahre, richtig? Das sind fast neunundvierzig Generationen.«
    Der Archivar zog nachdenklich die Stirn in Falten, und Kamala spürte, wie Ramirus’ Blick sich auf sie heftete. Hast du wirklich gedacht, ich würde dir die Scherben aushändigen, ohne ihnen zuvor mit meinen eigenen Kräften ihr Wissen zu entlocken? So gefährlich es war, ihn zu reizen, bereitete ihr das Spiel doch ein diebisches Vergnügen. War sie im Innersten letztlich doch ein wahrer Magister?
    »So könnte man es tatsächlich verstehen«, meinte Rommel endlich und nickte. »Nicht unbedingt wörtlich, nicht als genauen Wert, aber einfach als Bezeichnung für einen längeren Zeitraum. So lange, dass die Lyr so manches über ihr eigenes Erbe vergaßen.«
    »Das Bild der Flamme könnte sich auf das Geschenk der Götter beziehen«, überlegte die Erzprotektorin laut. »In diesem Fall erschließt sich die Bedeutung der gesamten Prophezeiung: Wenn genügend Zeit vergeht, werden die Menschen vergessen, worin dieses Geschenk besteht und wie sie es einsetzen sollen.«
    Rommel nickte aufgeregt. »Richtig, und noch interessanter ist, dass der nächste Abschnitt uns eindeutig zeigen soll, wie man das Wissen zurückholen kann.

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