Die Seelenzauberin - 2
heranführen, sodass Lazaroth sie schützen könnte – ich würde jederzeit darauf wetten, dass er diesem Nichtskönner von Alkal-Magister überlegen ist. Und das heißt, wir müssen einige wichtige Durchgänge – hier, hier und hier – kontrollieren. Und wir müssen diesen Pass halten, um unsere Flanke zu schützen.« Er deutete so schnell auf verschiedene Stellen auf der Karte, dass Kamala kaum zu folgen vermochte. »Aber ein Feldzug dieser Art kostet Zeit, möglicherweise sogar viel Zeit. Und wenn ich recht verstehe, haben wir die nicht.«
»Nein«, stimmte der Erzprotektor zu. »Nicht, wenn die Seelenfresser bereits hier sind.«
Ullar schnalzte mit der Zunge, ohne den Blick von der Karte zu nehmen. »Es gibt eine Alternative«, sagte er nach einer Weile. »Aber ohne Unterstützung durch Zauberei wäre sie ziemlich riskant.«
»Wie sieht sie aus?«
»Erst möchte ich Euch in einem Punkt um Klärung bitten. Worum geht es hier eigentlich? Wollen wir ein mystisches Möbelstück in unseren Besitz bringen und hierherschaffen, damit unsere reinblütigsten Lyr es ausprobieren können? Oder wollen wir nur jemanden mit dem richtigen Erbgut auf das Ding setzen, womöglich sogar, ohne es von der Stelle zu bewegen?«
Kamala spürte, wie mit der Erkenntnis, was er da vorschlug, eine Welle der Erregung um den Tisch ging.
»Nun ja«, sagte der Erzprotektor langsam. »Mag sein, dass es nicht genügt, wenn dieser Jemand sich nur ›hinsetzt‹ … aber Ihr habt recht, den Kandidaten dorthin zu schicken, wäre eine Möglichkeit.«
»Allerdings nicht ungefährlich«, gab seine Gemahlin zu bedenken.
Ullar schnaubte. »Krieg ist immer gefährlich. Wer kein Risiko eingeht, erringt auch keinen Sieg. Und wir wissen, wie das Schlachtfeld am Ende aussieht, wenn wir verlieren.«
Er strich sich über das Stoppelkinn und studierte weiter die Karte; Kamala konnte fast hören, wie sein Verstand arbeitete. Schließlich wandte er sich an Rhys. »Gehe ich recht in der Annahme, dass sich die Zitadelle an diesen Felsturm anschließt, ihn aber nicht umgibt?«
Rhys war überrascht und sah Kamala Bestätigung heischend an; offenbar hielt er ihr Gedächtnis für besser als das seine. Erst als sie nickte, sagte er: »Ja, das ist richtig.«
»Das ist gut. Aber bei allen Höllen …« Er fluchte leise weiter. »… ich würde mein rechtes Auge dafür geben, wenn ich auf der Stelle jemanden hinschicken könnte, der alles gründlich auskundschaftet.«
»Und warum tut Ihr es nicht?«, fragte die Erzprotektorin.
»Weil die verdammte Anlage so frei steht, dass es schlechterdings unmöglich ist, ohne magische Unterstützung irgendwelcher Art unbemerkt in ihre Nähe zu kommen. Und die Hexe hier sagte, dass wir uns auf Zauberei nicht verlassen können.«
»Äh«, Kamala hüstelte leise hinter vorgehaltener Hand, »so hatte ich das nicht gesagt.«
Alle Köpfe wandten sich ihr zu.
»Ihr habt mich nach Magie an Ort und Stelle gefragt«, fuhr sie fort. » Das ist nahezu ausgeschlossen. Aber nach meiner Erfahrung bleibt Hexerei anderswo vollkommen unbeeinflusst.«
»Das müsst Ihr mir erklären«, sagte Ullar. »Aber in einfachen Worten. Haltet Euch vor Augen, dass ich von Euren Künsten keine Ahnung habe.«
Sie hatte eigentlich nicht genauer darauf eingehen wollen, doch nun konnte sie nicht mehr zurück. »Ich hatte eine andere Gestalt angenommen, bevor ich mich in das fragliche Gebiet begab«, sagte sie mit leisem Trotz in der Stimme. Würden sich die Magister wundern, wieso eine einfache Hexe ein so kostspieliges Manöver durchführte? Würden sie sich fragen, wer sie wirklich war? »Auch als ich mich dem Heiligen Zorn näherte, hatte ich keine Schwierigkeiten, in dieser Gestalt zu bleiben.« Die Erinnerung an das Ende des Experiments ließ sie innerlich erschauern. »Aber die Rückverwandlung innerhalb der betroffenen Region hätte mich fast das Leben gekostet. Und alle Zauber, die ich später versuchte, waren instabil. Vielleicht wird die Fähigkeit, Macht an sich zu binden und zu formen, dort beeinträchtigt. Vielleicht kann ein menschlicher Geist unter dem Einfluss des Heiligen Zorns die Kräfte nicht so bündeln, wie es nötig wäre, aber Zauber, die anderswo gewirkt wurden, hielten sogar unmittelbar vor dem Speer noch stand.« Und sie hielten auch hinterher , dachte sie voller Genugtuung. Eure eigenen Magister können sie immer noch nicht durchbrechen!
Ullar starrte sie lange an, während er ihre Aussagen verarbeitete. Dann wandte er
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