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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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dass kein anderer Magister dieses Wagnis einginge.
    Magister sind nämlich intelligent , konstatierte sie. Sie wissen, dass man mit der Unsterblichkeit nicht spielen sollte, weil sie leicht zerbrechen kann.
    Das Wissen, das Magister schätzten, war allerdings nicht unbedingt das gleiche, das einfache Morati als wertvoll ansehen würden. Ganz zu schweigen davon, dass die Heiligen Hüter Wichtigeres zu tun hatten, als für sie Erkenntnisse zu sammeln. Wenn sie beim Aufstieg als einziger Magister dabei wäre, hätte sie folglich eine einmalige Gelegenheit, genau die Beobachtungen zusammenzutragen, die für die anderen Magister von Wert wären. Und für die sie auch bezahlen würden. Wenn sie es geschickt genug anstellte, konnten sie anschließend darüber sogar in Streit geraten.
    Das war der tiefere Grund, warum sie sich gemeldet hatte. Der einzige Grund. Menschliche Regungen waren nicht im Spiel. Es verlangte sie weder nach dem Glücksgefühl beim Eingehen und Überwinden von Gefahren, noch wollte sie sich an der Sorte Männer rächen, die sie in ihrer Jugend so selbstverständlich missbraucht hatten. Sie empfände auch keine Schadenfreude, wenn sie ihnen wegnahm, was sie am meisten begehrten, und sie unversehens mit leeren Händen dastünden, und wenn dann eines Tages einer von ihnen – wahrscheinlich Colivar – ihren Tod forderte und alle anderen gezwungen wären, sie zu verteidigen. Und Zuneigung zu Rhys oder Achtung vor dem Mut, dem Ehrgefühl seiner Familie hatten erst recht nichts mit ihrer Entscheidung zu tun. Kein Magister wäre so töricht, sich von solchen Erwägungen beeinflussen zu lassen. Schon gar nicht, wenn womöglich sein Leben auf dem Spiel stand.
    Es geht nur um das Wissen, ermahnte sie sich streng. Um nichts sonst.

    »Seid Ihr ganz sicher, dass Ihr das auf Euch nehmen wollt, Majestät?« Ramirus’ ernste Miene machte sehr deutlich, was er von der Sache hielt. »Ihr seid Euch doch im Klaren darüber, wie gefährlich es ist?«
    »Ich bin Lyra «, gab Gwynofar ruhig zurück. »Es ist meine Pflicht.«
    Er zog eine Augenbraue hoch. »Die Gabe der Lyr hat also einen Namen: Eigensinn.«
    Trotz ihrer düsteren Stimmung musste Gwynofar lächeln. »Was sonst könnte uns veranlassen, seit tausend Jahren an einem Auftrag festzuhalten, von dem die meisten Menschen längst nichts mehr wissen? Diese Frage hat Danton mir einmal gestellt.« Die Erinnerung entlockte ihr einen Seufzer, und sie drehte einen Zipfel ihres Trauergewands zwischen den Fingern. »Für ihn waren alle Lyr törichte Träumer … aber er hat uns für unsere leidenschaftliche Hingabe bewundert.«
    »Lassen wir die Träume einmal beiseite. Ihr seid eine Königin, kein Bergsteiger. Mit leidenschaftlicher Hingabe kann man viel erreichen, aber die Schwerkraft setzt man damit nicht außer Kraft.«
    Gwynofar antwortete nicht sofort. Sie trat ans Fenster und schaute hinaus. Das Schloss ihrer Eltern lag in einer unwirtlichen Gegend. Vereinzelte Kiefern und nackte Felsgrate. Im Westen ragten einige Berge weit über die Baumgrenze hinaus, ihre Gipfel waren selbst im Sommer mit Schnee bedeckt. »Als junges Mädchen hatte ich alle Freiheiten, die ich mir nur wünschen konnte. Die Diener hatten es schwer, mir auf den Fersen zu bleiben. Ich kletterte auf Bäume und auf Felsen, zwängte mich in Höhlen und tat ganz allgemein alles, was einen Hauch von Abenteuer versprach. Meine Eltern förderten mein Draufgängertum. Sie dachten, das würde mich stark machen.« Sie sah ihn trotzig an. »Und es hat mich stark gemacht.«
    Ramirus seufzte. »Mit allem schuldigen Respekt, Majestät, das war vor zwanzig Jahren. Seitdem habt Ihr sechs Kinder geboren. Wann seid Ihr zum letzten Mal auf einen Baum geklettert? Oder habt auch nur rittlings auf einem Pferd gesessen?«
    »Solche Dinge bewahrt man sich im Geist …«
    »Richtig, aber der Körper vergisst sie. Das Alter ist ein Dieb, der dem Menschen heimlich seine Lebensenergien raubt. Eines Morgens wacht er auf und erkennt, dass er nicht mehr der gleiche ist wie vor zehn, zwanzig oder dreißig Jahren. Wenn er Glück hat, befindet er sich dann nicht gerade in einer Lage, wo sein Leben davon abhängt, dass er noch über die Kräfte seiner Jugend verfügt. Es wäre nicht gut, wenn Ihr zu spät entdecken würdet, dass das Mädchen Gwynofar eine Aufgabe zwar mit Leichtigkeit gemeistert hätte, Gwynofar die Frau aber besser anders vorgegangen wäre.«
    »Wir haben beide an diesem Treffen teilgenommen, Ramirus. Es gibt

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