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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ohne Zweifel zur Kenntnis gebracht werden. Aber Sie können an den Rockschößen Ihres Admirals hängen, so lange Sie wollen, ich werde schon dafür sorgen, daß Ihre Unehrlichkeit und Ihre verdammte Arroganz voll berücksichtigt werden, wenn Sie wieder zur Beförderung anstehen!«
    Parris fühlte die Kajüte schwanken. »Haben Sie mich unehrlich genannt, Sir?«
    Haven kreischte fast: »Jawohl, Sie wollüstiges Schwein, das habe ich!«
    Parris glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Er sah, daß sich der helle Spalt unten an der Tür durch den Schatten fremder Füße verdunkelte. Männer standen da draußen und lauschten. Mein Gott, dachte er verzweifelt, welche Chance haben wir noch nach alldem, wenn es einmal zum Gefecht kommen sollte? Er entgegnete: »Sir, ich glaube, wir haben uns wohl beide im Ton vergriffen.«
    »Wagen Sie ja nicht, mich zurechtzuweisen! Ich vermute, daß Sie nachts in Ihrer Koje liegen und beim Gedanken an mich höhnisch lächeln – wegen der Gemeinheit, die Sie begangen haben. Na? Antworten Sie, verfluchter Hund!«
    Parris wußte, daß er einen anderen Offizier hätte holen lassen sollen, weil er sonst Haven in den nächsten Sekunden niederschlagen würde. Etwas in seinem Unterbewußtsein warnte ihn, seinen Zorn und sein gekränktes Ehrempfinden überzubewerten. Er will, daß ich ihn schlage, dachte er. Er will mich als sein nächstes Opfer!
    Haven ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen, als hätten ihn Kraft und Wut verlassen. Aber als er wieder aufschaute, loderte erneut der Haß in seinen Augen. Beinahe beiläufig fragte er: »Dachten Sie, ich würde es nicht herausbekommen? Sind Sie wirklich so dumm?«
    Parris hielt den Atem an, sein Herz pochte. Und er hatte gemeint, daß ihn nichts mehr erschüttern könne!
    Haven fuhr fort: »Ich kenne Ihre Eitelkeit, Ihre Eigenliebe. O ja, ich bin ja noch bei Verstand und habe Augen im Kopf.« Er zeigte auf das Porträt seiner Frau, behielt aber Parris im Auge und sagte heiser: »Die Schuld liegt klar zu Tage – auf Ihrem Gesicht!«
    Wieder glaubte Parris, sich verhört zu haben. »Ich bin der Lady einmal begegnet, aber …«
    »Wagen Sie es nicht, in meiner Gegenwart von ihr zu sprechen!« Haven torkelte auf die Füße. »Sie mit Ihrer glatten Zunge und den geschniegelten Manieren. Genau jene Sorte, der sie zuhören würde.«
    »Sir! Sprechen Sie bitte nicht weiter, wir könnten es beide bedauern!«
    Haven ging nicht darauf ein. »Sie haben sie verführt, als ich mit diesem Schiff vollauf zu tun hatte. Ich arbeitete mich krank, um diesen verdammten Pöbel zu einer Mannschaft zu machen. Dann hißten sie darauf die Flagge eines ganz ähnlichen Weiberhelden, der denkt, daß er jede haben kann, die er will!«
    »Ich darf das nicht mehr mit anhören, Sir. Es ist nicht wahr. Ich sah …« Parris zögerte und schloß: »Ich habe Ihre Frau niemals angerührt, das schwöre ich bei Gott!«
    Doch Haven hörte nicht zu, er sagte kläglich: »Und das nach alldem, was ich ihr gab.«
    »Sie haben unrecht, Sir.« Parris schaute zur Tür. Kam da nicht endlich jemand? Das ganze Achterdeck mußte doch den Wortwechsel hören.
    Haven brüllte plötzlich los: »Es ist
dein
Kind, du verfluchter Beschäler!«
    Das war es also. Parris ballte die Fäuste. »Ich gehe jetzt, Sir. Ich habe genug von Ihren Beleidigungen. Und was Ihre Frau betrifft, so kann ich nur sagen, daß sie mir leid tut.«
    Er drehte sich um und wollte gehen, als Haven kreischte: »Du gehst nirgendwohin, Gott verdammich!«
    Der Knall der Pistole in dem engen Raum war ohrenbetäubend. Und wie der Schlag mit einer Eisenstange. Dann fühlte Parris den Schmerz, die heiße Nässe des Blutes, als er zu Boden fiel. Dunkelheit hüllte ihn ein, Rauch und Nebel, die nur einen klaren Fleck freiließen: darin versuchte der Kommandant eine neue Ladung in seine Pistole zu zwängen.
    Ehe der Schmerz ihn überwältigte, drang noch in Parris’ gequältes Bewußtsein, daß Haven lachte. Er lachte, als könne er nie mehr aufhören.

Für oder gegen
    Am frühen Morgen eines schönen Junitages hißte Bolitho aufs neue seine Flagge auf der
Hyperion
und bereitete das Geschwader vor, den Hafen zu verlassen.
    Während der schnellen Passage nach Gibraltar, an Bord der
Firefly,
hatten Bolitho und Keen viel zu erörtern. Falls die Tatsache, daß er Flaggkapitän eines Geschwaders geworden war, ohne es zu kennen, Keen verunsichert hatte, so zeigte er es kaum. Für Bolitho war es die Rückkehr eines Freundes, der ihn hervorragend

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