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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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und sein Gesicht gesucht, es mit Zärtlichkeit und Trauer gestreichelt, als Allday meldete, daß das Boot warte. Er hatte sie gebeten, in der Kutsche zu bleiben, doch sie war ihm zu der hölzernen Treppe gefolgt, wo so viele Seeoffiziere das Land verließen.
    Wie immer hatte sich dort eine kleine Gruppe Schaulustiger eingefunden, sehr wenige unter ihnen im dienstpflichtigem Alter, denn nur ein Narr hätte die Begegnung mit einer Preßgang riskiert. Die Leute hatten ihnen Beifall gespendet und Bolitho erkannt. Einer hatte gerufen: »Viel Glück, Dick, und der Lady ebenfalls!«
    Zum erstenmal hatte er Tränen in Catherines Augen gesehen.
    »Sie beziehen mich mit ein.«
    Als das Boot von den Stufen ablegte, hatte Bolitho sich umgedreht, aber da war sie schon verschwunden. Und doch, als sie über das unruhige Wasser des Solent schaukelten, spürte er, daß sie ihn bis zur letzten Sekunde beobachtete.
    Es fiel ihm ein, wie Belinda sie in ihrem Zorn beschimpft hatte.
    Allday dagegen hatte Catherine eine Seemannsbraut genannt – und das stimmte. Bei ihm war es das größte Kompliment von allen.
    Während die Fregatte
Tybalt
und die Korvette
Phaedra
nun jeden Küstenfahrer und Händler jagten und durchsuchten, der dumm genug war, sich in Reichweite ihrer Kanonen zu begeben, studierten Bolitho und Keen die knappen Berichte. Tag für Tag drangen sie weiter ins Mittelmeer vor.
    Man sagte, daß Nelson sich im Atlantik mit seinem Freund und Zweiten Befehlshaber, Vizeadmiral Collingwood, vereinigt hätte. Nelson war wahrscheinlich zu der Überzeugung gelangt, daß der Feind die britischen Geschwader durch List und schnelle Vorstöße zu zersplittern suche. Erst wenn ihm das gelang, würde Napoleon zur Invasion über den Kanal ansetzen. Yovell hatte gemeint: »Wenn das stimmt, Sir Richard, sind Sie jetzt der ranghöchste Offizier im Mittelmeer.«
    Bolitho hatte das noch kaum in Betracht gezogen. Doch falls es zutraf, bedeutete es für ihn eins: Wenn ihm der Feind über den Weg lief, brauchte er keinen erst lange zu fragen. Das machte die Last der Befehlsgewalt erträglicher.
    Eines Vormittags sah er beim Spaziergang auf dem Achterdeck Leutnant Parris, der sich unsicher am Schanzkleid Bewegung verschaffte. Sein Arm war an der Seite festgeschnallt. Parris hatte sich seit Havens mörderischer Attacke mehr in sich zurückgezogen. Keen meinte, er wäre wohl zufrieden, ihn als Ersten zu haben, könne sich aber noch kein Urteil erlauben.
    Parris ging langsam zur Leeseite des Achterdecks und suchte Halt an einem Want, um dem Flug einiger Seevögel zuzusehen. Bolitho trat zu ihm. »Wie fühlen Sie sich?«
    Parris versuchte, sich aufzurichten, zuckte aber schmerzlich zusammen und bat um Entschuldigung. »Es geht nur langsam aufwärts, Sir Richard.« Sein Blick wanderte zu den geblähten Segeln und den winzigen Gestalten hinauf, die im Rigg arbeiteten.
    »Ich würde mich weitaus besser fühlen, wenn ich da oben wieder herumklettern könnte.«
    Bolitho betrachtete sein ausgeprägtes Zigeunerprofil. War das ein Frauenheld?
    Unter dem prüfenden Blick wurde Parris verlegen. »Ich möchte mich dafür bedanken, daß ich an Bord bleiben durfte, Sir Richard, auch wenn ich im Augenblick nutzlos bin.«
    »Die letzte Entscheidung hatte Kapitän Keen.«
    Parris verstand, sein e Augen verloren sich in Erinnerungen. »Er macht dieses alte Schiff wieder lebendig.« Er zögerte, schien zu überlegen, wie weit er gehen konnte. »Ich hörte von Ihren Schwierigkeiten in London. Es tut mir leid.«
    Bolitho schaute über das blaue Wasser; sein verletztes Auge fing an, sich in der feuchten Luft leicht zu trüben. »Die kühnsten Maßnahmen sind gewöhnlich die sichersten … Ich glaube, auch das ist eine von Nelsons Redensarten.«
    Parris trat zurück, als Keen erschien. »Ich wünsche Ihnen viel Glück, Sir Richard. Ihnen beiden.«
    Keen traf Bolitho bei den Hängemattsnetzen. »Wir werden Malta morgen während der Vormittagswache sichten.« Er deutete auf die kräftige Gestalt des Segelmeisters. »Mr. Penhaligon hat mich überzeugt.«
    Bolitho lächelte. »Ich unterhielt mich soeben mit dem Ersten Leutnant. Ein merkwürdiger Bursche.«
    Keen lachte. »Ich weiß, ich sollte nicht darüber scherzen. Trotzdem, ich habe schon Kommandanten gehabt, die ich liebend gern erschossen hätte. Aber niemals war es umgekehrt.«
    Unten auf dem Bootsdeck drehte sich Allday um. Er hörte sie lachen. Keens alter Bootsführer war auf ihrem letzten Schiff,

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