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Die Seevölker

Die Seevölker

Titel: Die Seevölker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Immanuel Velikovsky
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ernannt: eine wahr-
    haft erstaunliche Karriere für einen Admiral.
    Udjahorresne ließ auf die Statue schreiben:

    »Da kam nach Ägypten der große Häuptling eines jeden fremden Landes,
    Kambyses, die Fremdlinge eines jeden Landes waren mit ihm. Als er von
    diesem ganzen Land Besitz ergriffen hatte, ließen sie sich dort nieder, da-
    mit er der große Herrscher Ägyptens würde und der große Herr eines je-
    den fremden Landes. Seine Majestät bestellte mich zum Chefarzt und ließ
    mich an seiner Seite sein als Begleiter und Vorsteher des Palastes, und ich
    machte seine Titulatur in seinem Namen, des Königs von Ober- und Un-
    terägypten Mesutire.«3

    Alles, was Udjahorresne über das große Elend der ägyptischen Be-
    völkerung zu sagen wagte, beschränkte sich auf den einen kurzen Satz:

    3 Übersetzt von A. H. Gardiner, in: Egypt of the Pharaohs (Galaxy Edition 1966), S. 366.

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    »die große Unruhe, die in dem ganzen Land Ägypten ausgebrochen
    war.« Etwas kann aus der Tatsache gelernt werden, daß es ihm gelang,
    einen Befehl des Königs zu erwirken, »daß alle Fremden, die sich in
    dem Tempel der Neith niedergelassen hatten«, dessen Vorsteher er
    war, »vertrieben werden sollten … Seine Majestät gab den Befehl, den
    Tempel von Neith zu räumen.« Dieser Tempel stand in Sais.
    Diese Einstellung von Kambyses, wie sie uns sein ägyptischer Arzt
    und Ratgeber enthüllt, erschütterte, zusammen mit der Entdeckung
    Mariettes, das Vertrauen in Herodots Version über die Ereignisse in
    Ägypten nach seiner Eroberung durch Kambyses.4
    Welchem Bericht sollen wir unser Vertrauen schenken: dem Bericht
    von Udjahorresne, dem Zeitgenossen und Renegaten, der den An-
    schein erweckt, als seien die Lasten der feindlichen Besetzung durch
    Gesetz und königliche Erlasse erleichtert worden, oder Herodot, der
    Dreiviertel eines Jahrhunderts nach Kambyses nach Ägypten kam, um
    dort Material für seine Geschichte zu sammeln, und der zur Übertrei-
    bung geneigt sein mochte, um seine Darstellung für die Leser interes-
    santer zu machen? Wie können wir uns entscheiden?
    Aber, vor allem, trifft es überhaupt zu, daß wir keinen anderen zeit-
    genössischen ägyptischen Bericht über die Eroberung Ägyptens durch
    den Perser Kambyses besitzen?

    Ourmais Klagebrief

    Im Jahre 1891 kaufte der russische Ägyptologe V. S. Golenischtschew
    von einem Antiquitätenhändler in Kairo mehrere Papyri, von denen
    einer – ein Brief, den Ourmai, Sohn des Chevi, geschrieben hatte – im
    Jahre 1961 veröffentlicht wurde – 70 Jahre nach seinem Erwerb. Er
    wird in dem nach dem russischen Dichter A. S. Puschkin benannten
    staatlichen Museum in Moskau aufbewahrt; seine Existenz war zwar
    Spezialisten bekannt, aber die Veröffentlichung des Textes und eine
    Übersetzung ins Russische ließen lange auf sich warten, bis M. A. Ko-
    rostowtsew sich der bei weitem nicht einfachen Aufgabe annahm;1der

    4 Posener: La prèmiere domination perse en Egypte.
    1 A. Korostowtsew: Hieratic Papyrus 127 from the Collection of the State Museum of Arts, 157
    Übersetzer gesteht seine Unsicherheit im Hinblick auf eine Anzahl von
    Wörtern und Sätzen ein.
    Der Ourmai-Papyrus stammt aus der frühen 21. Dynastie. Ourmai,
    »Gottesvater« im Tempel von Heliopolis, schrieb seinen Brief an Re
    Necht, einen Königsschreiber in Herakleopolis. Es gibt gute Gründe
    dafür, anzunehmen, daß der Titel »Gottesvater« eine durch Heirat her-
    beigeführte verwandtschaftliche Beziehung zum Königshaus bedeutet
    – genauer gesagt, den Schwiegervater des Königs2 (ein König konnte, je
    nach der Anzahl seiner Frauen, eine ganze Reihe von Schwiegervätern
    haben). Augenscheinlich gehörten im vorliegenden Fall sowohl der
    Empfänger als auch der Absender dieses Briefes zur Aristokratie des
    Landes.
    Der Anfang des Briefes ist vollständig erhalten; aber von der Mitte
    der dritten Seite an gibt es viele Lücken: insgesamt umfaßt der Brief
    fünf Seiten und ein kurzes Postscriptum auf der Rückseite des Papy-
    rus. Die ganze erste Seite und die erste Hälfte der zweiten, das ist mehr
    als ein Viertel des gesamten erhaltenen Textes, enthalten Höflichkeits-
    floskeln sowie Grüße und gute Wünsche für ein langes Leben von 110
    Jahren, Heil, Gesundheit, Gunst des Königs und des Gottes, und da-
    nach für die Aufbewahrung seiner mumifizierten Überreste unter den
    großen Toten von Heliopolis. Nach Abschluß der Grußformeln und
    der guten Wünsche, kommt der

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