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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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Verzögerungskonstante ab.«
    Tory hatte sich seit der Aktivierung ihres Implantats mit der Technologie der elektrostatischen Bremse befasst. Das Konzept hatte eine erstaunlich lange Vorgeschichte. Eine elektrostatische Bremse war im Grunde eine Vorrichtung, mit der Wasserstoff in einem großen Raumsektor gesammelt und in der Flugbahn eines Raumschiffs konzentriert wurde. In der Praxis pflügte das Raumschiff durch einen künstlich verstärkten Sonnenwind. Bei jeder Krafteinwirkung auf das Raumschiff verlor es Bewegungsmoment und wurde weiter abgebremst.
    Die Literatur enthielt Dutzende Vorschläge, wie das praktisch umzusetzen sei. Alle beruhten auf der Tatsache, dass es selbst im tiefen interstellaren Raum ein paar hunderttausend Wasserstoffatome pro Kubikmeter gab. Die meisten Methoden verwendeten einen speziellen Laser, um den Wasserstoff in einem großen Bereich vor dem Schiff zu ionisieren; dann wurden die Ionen mit einer starken negativen elektrischen Ladung angezogen. Das elektrische Feld hatte die Wirkung eines riesigen unsichtbaren Trichters, der das interstellare Gas einer Sammelvorrichtung wie einem Lichtsegel zuführte. Wenn die Oberfläche des Segels dann positiv geladen war, würden die Ionen wieder in die Richtung reflektiert, aus der sie vor dem Aufprall gekommen waren. Die Reflektion der Ionen ermöglichte die doppelte Momentübertragung im Vergleich zum bloßen Beschuss des Segels und schützte die Oberfläche des Segels zugleich vor Erosion.
    »Elektrostatische Bremsen eignen sich besonders für Schiffe, die sich mit hoher Geschwindigkeit bewegen«, sagte Tory und zitierte einen Lexikonartikel, den sie gerade überflogen hatte, »aber ihre Wirkung nimmt mit der Geschwindigkeitsreduzierung drastisch ab.«
    »In der Nähe der Sonne werden sie wohl zu einer Lichtdruckbremse wechseln«, erwiderte Hunsacker.
    »Das glaube ich nicht«, entgegnete Pierce. Er hatte sich auch mit seinem Implantat beschäftigt. »Tory hat recht. Die Effizienz einer elektrostatischen Bremse wird durch das Bremsmanöver selbst drastisch reduziert. Selbst mit optimistischen Annahmen für elektrostatischen und Lichtdruck werden sie immer noch zu schnell sein, um zu stoppen, wenn sie die Sonne erreichen. Sie müssen deshalb auch ein aerodynamisches Bremsmanöver in der Nähe der Sonne einplanen, um ihr Ziel zu erreichen. Das ist aber eine heikle Angelegenheit. Wenn sie zu schnell reinkommen, werden die Passagiere gegrillt.«
    »Woher wissen wir überhaupt, dass die Aliens Grillgut sind?«, fragte Ben. Die Frage klang witzig und trug ihm einen tadelnden Blick von Sadibayan ein. In Wirklichkeit war es aber sein völliger Ernst gewesen.
    Tory spürte, wie es ihr kalt den Rücken hinunterlief. Die Aliens nutzten ihr Lichtsegel wie einen riesigen Fallschirm. Wenn sie in eine Umlaufbahn um die Sonne gehen wollten, würden sie praktisch einen Sturzflug in die Sonne vollführen müssen. Wer auch immer sich diesen Plan ausgedacht hatte, musste völlig verzweifelt gewesen sein. Nach kurzer Überlegung lachte sie glucksend.
    Sadibayan wandte den missbilligenden Blick von seinem Assistenten ab und richtete ihn auf Tory. »Was ist denn so lustig?«
    »Wir sind lustig«, erwiderte sie. »Wir zerbrechen uns den Kopf darüber, dass sie zu dicht an die Sonne heranfliegen und wie Ikarus enden. Dabei sind sie doch selbst aus dem Herzen einer expandierenden Nova gestartet. Ich bezweifle, dass die Aussicht sie schrecken wird, kopfüber in unseren kleinen Stern einzutauchen!«
    »In Ordnung«, sagte Pierce, nachdem die technische Diskussion sich über fast eine Stunde hingezogen hatte, »nachdem wir die neuen Informationen nun erörtert haben, was fangen wir damit an?«
    »Luna soll seine Ankündigung machen!«
    »Es tut mir leid, Miss Bronson«, sagte Sadibayan, »aber das wird nicht geschehen. Meine Anweisungen von der Erde lauten, dass vorläufig nichts von dieser Entdeckung verlautet wird.«
    »Wieso nicht, zum Teufel?«, wollte Pierce wissen.
    »Wir brauchen Zeit, um die Weiterungen dieser Situation zu ermitteln. Wir wissen nicht, wie die Leute reagieren werden.«
    »Aber das ist Zensur!«
    »Trotzdem wird es so gehandhabt. Falls jemand irgendwelche Informationen über das Lichtsegel preisgibt, wird er von der weiteren Teilnahme an der Forschung ausgeschlossen. Ist das klar?«
    Die drei Wissenschaftler im Raum nickten grimmig.
    »Vielleicht sollten wir uns auf Verteidigung einstellen«, sagte Contreras.
    »Werden Sie mal bloß nicht paranoid!«,

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