Die Segel von Tau-Ceti
würde.
»Wie ist die Mikrowellenverbindung?«, fragte Garth Eli.
Der Linguist schaute nach unten auf einen tragbaren Monitor. »Ein starkes Ausgangssignal, Kapitän! Die Erde wird diese Szene in sechshundertdreißig Stunden beobachten.«
»Mein Gott, wie groß ist dieses Schiff eigentlich?«, fragte Kit, als das Radar eine Abbildung des außerirdischen Raumfahrzeugs auf den Bildschirm zeichnete. Dann wurde automatisch die Bemaßung eingeblendet und beantwortete die Frage. Der Hauptzylinder hatte bei einem Durchmesser von einem Kilometer eine Länge von etwas mehr als vier Kilometern. Seine Form hatte eine frappierende Ähnlichkeit mit einer menschlichen Lagrange-Kolonie — was aber auch kaum verwunderte, weil beide Entwürfe planetarische Bedingungen im Weltraum simulieren sollten.
Die Segeltakelage endete in der kugelförmigen Struktur am hinteren Ende des Zylinders. Die Dopplermessungen zeigten, dass Zylinder und Kugel mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten rotierten. Die Bewegung der Kugel war mit den zwei Umdrehungen des Lichtsegels pro Stunde synchronisiert, während der Zylinder alle achtundvierzig Sekunden einmal um seine Achse rotierte.
»Wie hoch ist die Zentripetalkraft an der Peripherie?«
»Ich komme auf siebenundachtzig Prozent des Erdstandards«, meldete Tory.
»Das beweist, dass sie von einer erdähnlichen Welt stammen, zumindest was die Schwerkraft betrifft.«
»Nicht unbedingt, Kapitän«, sagte Kit. »Du musst bedenken, dass das Schwerefeld des Saturns auch nicht viel stärker ist als das der Erde. Sie können auch von einem Gasriesen kommen.«
»Lasst uns einmal die Oberflächentemperatur des Rumpfs messen.«
»Die Infrarotstrahlung erreicht einen Höchstwert von zwanzig Grad Celsius.«
»Kommt mir auch erdähnlich vor. Trotzdem hat es etwas für sich, was Kit gesagt hat. Wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen.«
Just in diesem Moment wechselte die Bildschirmanzeige wieder vom Radarbild zur Darstellung des Schiffsteleskops. Die Silhouette eines kleinen horizontalen Zylinders erschien vorm Hintergrund des schwarzen Raums direkt oberhalb des Lichtsegels. Die Ähnlichkeit mit einer Lagrange-Kolonie war geradezu unheimlich. Man erkannte eine komplexe Maschinerie, die den Rumpf des Sternenschiffs überzog. Tory wusste, dass es sich bei den Maschinen zum Teil um Wärmeaustauscher handelte; die Abfuhr von Wärme ins Vakuum des Weltraums war nämlich ein viel größeres Problem, als den meisten Menschen bewusst war. Bei anderen Ausrüstungsgegenständen handelte es sich zweifellos um Sensoren, während wieder andere vielleicht Waffen darstellten. Wegen der Entfernung und schieren Unkenntnis der Tau-Ceti-Technologie bestand diesbezüglich aber nicht die geringste Gewissheit.
»Wieso sieht man dort eigentlich keine Lichter?«, fragte Kit sich laut.
Bis dahin hatte Tory überhaupt nicht zur Kenntnis genommen, dass der außerirdische Zylinder stockdunkel war. Er wurde nur trübe von der fernen Sonne und vom Glühen erhellt, das von dem Lichtsegel ausging.
»Vielleicht ist das Schiff doch ein Geisterschiff.«
»Wieso sollte dort auch Licht brennen?«, fragte Guttieriz. »Wer sollte sie hier draußen denn sehen?«
»Was auch immer der Grund dafür ist«, erwiderte Garth, »wir müssen alles sorgfältig dokumentieren.«
»Abtastvorgang läuft«, meldete Tory. Durch das Implantat war sie sich bewusst, dass ein Dutzend verschiedener Datenströme den Rückweg zur Erde antrat. In jeder Sekunde erhielt die Menschheit mehrere Millionen Bytes an zusätzlichen Daten über das außerirdische Raumschiff.
Ihre Konzentration auf den Bildschirm wurde plötzlich durch einen gedämpften Ton gestört. Das Geräusch war so profan, dass sie ein paar Sekunden brauchte, um es einzuordnen. Dann richteten vier Augenpaare sich wie eins auf das kleine Symbol, das plötzlich in der unteren Ecke des Bildschirms erschien. Das Icon war ein altmodisches Telefon, das den Eingang einer Nachricht auf dem kurzwelligen Schiff-Schiff-Frequenzband signalisierte. Das einzige Problem bestand darin, dass es nur noch ein anderes Schiff im Umkreis von sechshundert Lichtstunden gab.
Garth schaute Tory durchdringend an. »Du treibst doch kein Schindluder mit dem Implantat, oder?«
Der Blick in ihr Gesicht überzeugte ihn von ihrer Unschuld. »Was sollen wir jetzt tun?«, fragte sie.
Er atmete tief durch und griff nach der Kommunikationssteuerung an seiner Schalttafel. »Wir antworten.«
TEIL 2
Die Phelaner
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Die
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