Die Segel von Tau-Ceti
den Ionisationslaser war.
»Geschwindigkeit?«, fragte Garth. Die Far Horizons war bereits so groß, dass sie den Bildschirm ausfüllte. Und sie führten auch keine Annäherung an ein anderes Raumfahrzeug mehr durch. Das Sternenschiff war nun ein planetengroßes Objekt, das wie ein riesiges Damoklesschwert über ihnen hing.
Tory gab ihre Geschwindigkeit bekannt, und mit einem zweimaligen Zischen der Steuertriebwerks-Düsen bremste das Schiff noch stärker ab. Sie hielt den Atem an, als sie die Vorderseite des Sternenschiffs passierten. Die Frontpartie des großen Zylinders war genauso mit technischem Gerät übersät wie die Seite.
»Dort ist die Hauptschleuse.«
Vor ihnen erschien eine Öffnung im Rumpf des Sternenschiffs. Die Schleuse sah genauso aus wie in der audiovisuellen Aufzeichnung der Außerirdischen. Was das Video allerdings nicht gezeigt hatte, war die bedenkliche Nähe der Schiffsschleuse zum Kabel, an dem die Laserkugel aufgehängt war.
»Das wird eng«, murmelte Tory.
Garth pflichtete ihr bei und fragte sich laut, mit welchen Stromstärken der Ionisationslaser wohl gespeist würde.
»Wir müssen nur das Kabel touchieren, und dann wissen wir Bescheid ...«
Zwangsläufig befand die Schleuse sich in der Nähe der Drehachse des riesigen Schiffs. Sonst wäre es fast ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, an dem rotierenden Zylinder anzudocken. Die Bildschirme der Austria wurden für einen Moment dunkel, als die Luke sich öffnete und einen hell erleuchteten Innenraum präsentierte. Sie erlangten die Sicht zurück, nachdem die Lichtverstärker-Schaltungen sich auf die gleißende Helligkeit eingestellt hatten; doch außer der hell erleuchteten, höhlenartigen Kammer war wenig vom Innern des Sternenschiffs zu sehen. »Eli!«
»Ja, Garth.«
»Teile der Erde mit, dass gleich der Kontakt zu ihr abbrechen wird.«
»Das habe ich bereits getan. Ich weiß aber nicht, ob sie mich auch gehört haben. Wegen der hohen Plasmadichte haben wir einen lausigen Signal-Rauschabstand.«
»Sende die Nachricht noch einmal«, befahl der Kapitän, »und wiederhole die Sendung, bis wir an Bord des außerirdischen Schiffs sind.«
»Aye, Sir.«
Garth stoppte die Austria mit zwei Zündungen der Steuertriebwerke und wartete dann darauf, dass die offene Schleuse durch die Drehbewegung mit ihrem Bug fluchtete. Eine halbe Minute später, als die rechteckige Schleuse über ihnen klaffte und das Achsenkabel nur ein paar Dutzend Meter über ihren Köpfen hing, betätigte Van Zandt wieder den Steuerhebel. Diesmal erlangten sie durch ein langes Zünden der Steuertriebwerke Vorwärtsschub. Die Nase der Austria färbte sich weiß, als sie über die Schwelle ins erleuchtete Innere trieb. Bald hatte die Korvette die Passage durch die Schleuse vollendet.
»Verdammt!«
»Was ist denn?«
»Hier ist nicht genug Platz, um das Schiff zu drehen. Ich werde es auf dem Deck absetzen müssen.«
»So nah an der Achse wird die Rotationsschwerkraft eh nicht so hoch sein.«
»Wir werden trotzdem irgendwo anecken. Da kann man wohl nichts machen.«
Sprach's und zehrte mit einer weiteren Zündung ihre Vorwärtsgeschwindigkeit restlos auf. Eine Hand schien die Austria zu ergreifen und mit sanfter Gewalt zum hellblauen Deck hinunterzuziehen, das eine Seite der Abteilung bildete. Es geriet eher zu einer gefühlten als zu einer tatsächlichen Landung. Erst als sie feststellte, dass sie in den Gurten schwebte, wurde Tory sich bewusst, dass sie auf dem gewölbten Deck des Sternenschiffs gelandet waren.
Sie legte die Heckansicht auf den Hauptbildschirm — gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie die übergroße Luke sich schloss. Der schwarze Himmel schrumpfte zu einem Band, zu einer Schnur und war dann nicht mehr existent. Im Vakuum liefen alle Vorgänge völlig lautlos ab. Trotzdem fragte Tory sich, ob das Geräusch, das sie im Kopf hörte, das einer ins Schloss fallenden Zellentür war.
Faslorn verfolgte, wie das fremde Raumfahrzeug durch die offene Luke driftete und dann niederging. Er musste zugeben, dass die Menschen ihr Handwerk beherrschten; der Anflug war so reibungslos vonstatten gegangen, dass ein phelanischer Pilot es auch nicht besser hätte machen können. Er fragte sich, ob man dem Computer die Steuerung des Schiffs übertragen hatte oder ob Van Zandt es selbst geflogen hatte. Er vermutete jedoch Letzteres. Die Humanpsychologen an Bord hatten über Generationen ihr Bild von der menschlichen Seele verfeinert. Bald würde die Genauigkeit
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