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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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vermocht, welchem Zweck sie dienen sollten.
    Genauso verhielt es sich nun mit dem phelanischen Sternenschiff. Jeder Mechanismus auf der Hülle erfüllte offensichtlich irgendeinen Zweck. Nur was für ein Zweck das genau war, vermochte niemand zu sagen. An manchen Stellen schien der außerirdische Zylinder von einem Krebsgeschwür aus Rohrleitungen befallen zu sein. Andere Bereiche waren so blitzblank wie eine Marsebene nach einem Staubsturm. Welche Funktion erfüllten diese sich überlagernden schwarzen und silbernen Kreuze? Oder die kleinen Glaskugeln, die auf dünnen Stielen sprossen? Es gab auch viele lukenartige Öffnungen im Rumpf. Waren das nur Zugangsluken, die man beim Bau des Schiffs genutzt hatte, oder doch Hangartore, hinter denen sich Raumjäger verbargen, um den Kampf mit der kleinen Weltraum-Marine der Menschheit aufzunehmen?
    »Eindrucksvoll, nicht wahr?«, fragte Garth. Tory drehte den Kopf und sah, dass er sie beobachtete.
    »>Einschüchternd< trifft es eher.«
    »Ach, ich weiß nicht. Wir könnten so etwas wahrscheinlich auch auf die Beine stellen, wenn es sein müsste.«
    »Willst du damit etwa sagen, dass wir das auch bauen könnten?« Sie deutete auf den Bildschirm.
    »Wieso denn nicht? Wenn wir Jahrzehnte vorher wüssten, dass die Sonne sich in eine Nova verwandeln wird, wer weiß, wozu wir dann fähig wären?«
    »Ich bewundere deinen Optimismus.«
    »So weit sind sie uns auch gar nicht voraus. Sonst wären wir nämlich nicht imstande, ihre Maschinerie als solche zu identifizieren. Es sieht vielmehr so aus, dass unsere zwei Arten sich auf einem erstaunlich ähnlichen Entwicklungsstand befinden.«
    Tory lachte. »Dann vermag der Umstand, dass das verdammte Ding einen Kilometer Durchmesser und vier Kilometer Länge hat, nicht darüber hinwegzutäuschen, dass es doch nur ein Sternenschiff vom Typ 1 ist?«
    Er überbrückte die Lücke zwischen den Beschleunigungsliegen und tätschelte ihr den Arm. »Genau, Liebes. Lass dich nur nicht einschüchtern. Ein >kritischer Denken hat eben einen schärferen Blick als ein >guter Soldat<. Diese Aliens steigen auch nur mit einem Bein gleichzeitig in die Hose.«
    Sie versuchte sich vorzustellen, wie ein Phelaner sich eine Hose anzog und sagte sich dann, dass sie nicht genug über ihre Anatomie wusste, um diesbezüglich ein qualifiziertes Urteil abzugeben. Sie wusste ja noch nicht einmal, wie ein Phelaner vom Hals abwärts aussah. Dennoch hatte Garth im Prinzip recht. Sie nahm als eine professionelle Beobachterin an diesem Flug teil. Es wurde von allen Missionsteilnehmern Aufgeschlossenheit, aber auch eine kritische Betrachtungsweise verlangt, wenn ihre Informationen den Menschen zu Hause von Nutzen sein sollten.
    »Entfernungs- und Geschwindigkeitsmessung!«, sagte Garth und gab ihr damit zu verstehen, dass der philosophische Diskurs beendet war.
    »Entfernung fünf Kilometer, Anfluggeschwindigkeit auf fünfzig Kilometer pro Stunde reduziert«, antwortete Tory nach dem Blick auf drei separate Instrumente. Es wäre eine Tragödie, wenn das Sternenschiff zwölf Lichtjahre im Leerraum durchquert hätte, nur um dann in einem Verkehrsunfall in unmittelbarer Nähe der Sonne zu enden.
    Als sie sich bis auf drei Kilometer genähert hatten und direkt Kurs auf das vordere Ende des Zylinders hielten, bemerkte Tory etwas, das zuvor nicht sichtbar gewesen war. Fast einen Kilometer vor dem Zylinder hing eine viel kleinere Kugel als diejenige, die sich hinter ihr befand. Die neue Sphäre war mattschwarz und entsprach der Schwärze des Alls. Sie erzeugte auch kaum ein Radarecho. Vor der Kugel verlief ein straffes dünnes Leiterkabel mit einer starken negativen elektrischen Ladung. Das war also die Vorrichtung, die den ionisierten Wasserstoff absaugte, nachdem der Laser ihn angeregt hatte. Tory meldete ihre Entdeckung an Garth.
    »In dieser Kugel müssen sie den Laser stationiert haben«, sagte er. »Er muss vom Rest des Schiffs schwingungsentkoppelt sein, wenn er überhaupt eine Zielgenauigkeit aufweisen soll. Was gäbe es für einen besseren Ort, als ihn an einem Kabel aufzuhängen, das durch die Verlangsamung des Schiffs gespannt wird?«
    Um Van Zandts Vermutung zu bestätigen, überprüfte Tory die Oberflächentemperatur der Sphäre. Tatsächlich strahlte sie eine beträchtliche Wärme in den Raum ab. Die schwarze Beschichtung verlieh der Strahlungssignatur ein >Schwarzkörper<-Prädikat und verringerte somit die Wahrscheinlichkeit, dass die Kugel der Wärmeaustauscher für

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