Die Segel von Tau-Ceti
Ihnen Tausende Beispiele nennen, wo eine Gruppe von Menschen einer anderen Gruppe noch viel Schlimmeres angetan hat.«
»Das ist unsere Sache, nicht Ihre.«
»Stimmt. Ich wollte damit auch nur sagen, dass wir Ihrer Rasse keinen Schaden zufügen wollen. Wir müssen jedoch unser eigenes Überleben gewährleisten.«
Tory ließ sich das durch den Kopf gehen und nickte dann. »Rein verstandesmäßig vermag ich das nachzuvollziehen. Aber ich kann mir nicht helfen — ich hasse euch trotzdem deswegen.«
»Sie müssen Ihren Hass überwinden. Wir verlangen schließlich nicht von Ihnen, dass Sie uns lieben. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir gut zusammenarbeiten. Wenn Sie uns hassen, werden Sie kein guter Fürsprecher sein.«
»Aber ihr werdet mir wenigstens ein paar Tage geben, um mich an meine Rolle als euer Knecht zu gewöhnen, oder?«
»Das sind wir Ihnen schuldig. Was werden Sie aber Ihren Gefährten erzählen? Sie werden die Veränderung bemerken, die mit Ihnen vorgegangen ist.«
»Ich werde ihnen sagen, dass ich mich nicht gut fühle.«
»Dass Sie krank sind?«, sagte Maratel nachdenklich. »Wird Dr. Claridge Sie dann nicht untersuchen und feststellen, dass es Ihnen doch gut geht?«
»Haben Sie denn eine bessere Lösung?«
»Vielleicht können wir Ihren Zustand damit erklären, dass es Ihnen immer noch nicht gelungen ist, die Funktionsfähigkeit Ihres Implantats wiederherzustellen.«
Tory nickte nach kurzer Überlegung. »Das wäre eine Möglichkeit. Der Verlust der Synchronisation ruft beim Opfer häufig Selbstmordgedanken hervor. Wir werden das als Begründung vorschieben, weshalb ich jedem den Kopf abreißen will.«
»Würde es denn helfen, wenn wir Ihr Implantat jetzt aktivieren?«
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie die Schwierigkeiten bei der Herstellung einer Verbindung nur vorgetäuscht haben?«
»Das erschien uns das Klügste. Wenn Sie nämlich mit Ihrem Schiff in Verbindung gestanden hätten, als Faslorn Ihnen die Neuigkeit überbrachte, hätten Sie sie an die Computer der Austria übertragen. Dann wäre damit zu rechnen gewesen, dass jemand anders sich die Aufzeichnung ansah.«
Tory musterte Maratel und dachte daran, wie lange sie ohne ihr Implantat hatte ausharren müssen. Sie hatten die ganze Zeit überhaupt nicht die Absicht gehabt, die Verbindung mit dem Bordcomputer wiederherzustellen. Nach dem, was sie die ganze Zeit durchgemacht hatte, schien sie sich jetzt über eine vergleichsweise Petitesse künstlich aufzuregen. »Die ... machen ... mich ... tot!«
Zwei Augen wie aus Obsidian starrten sie an. »Falls wir bei der kommenden Unternehmung Erfolg haben sollten, Tory Bronson, halte ich es für wahrscheinlicher, dass Sie von den Menschen heilig gesprochen werden!«
Als Maratel Tory wieder in der Unterkunft der Menschen ablieferte, hatte die Schlafperiode bereits begonnen, und sie fand den Gemeinschaftsbereich dunkel und verlassen vor. Tory hatte bei der Unterredung mit Faslorn jedes Zeitgefühl verloren. Obwohl sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, war sie nicht hungrig. Sie fragte sich, ob es ihr nach diesen Ereignissen nicht für immer den Appetit verschlagen hätte. Doch im Moment war sie einfach nur hundemüde. Sie hatte jetzt nur noch einen Gedanken: ins Bett zu fallen und eine Woche lang zu schlafen. Vielleicht wäre dieser Albtraum zu Ende, wenn sie wieder aufwachte.
Als sie sich umdrehte und in ihr Apartment gehen wollte, verspürte sie wieder eine Regung im tiefsten Innern — auf einer kreatürlichen Ebene unterhalb des bewussten Gedankens. Sie zögerte für einen Moment, als sie mit einem Impuls rang, der unter diesen Umständen nicht nur dumm, sondern auch potenziell gefährlich war.
Wider besseres Wissen ging sie zur Tür. Es war aber nicht die zu ihrer Unterkunft, sondern zu Garth' Quartier. Drinnen schlüpfte sie aus der Kleidung und lauschte dem leisen Geräusch seiner gleichmäßigen Atemzüge. Es gelang ihr, zu ihm ins Bett zu steigen und sich an ihn zu schmiegen, bevor er sich rührte. Er war sofort wach. »Was zum Teufel?«, entfuhr es ihm.
»Halt mich fest«, befahl sie ihm.
Er griff instinktiv nach ihr und schlang die Arme um sie. Wenig später streichelten sanfte Hände ihren nackten Rücken.
»Was ist denn los?«, wisperte er.
»Mir ist heute Abend nach Gesellschaft.«
»Also, was ist los?«, fragte er. Die Schläfrigkeit in seiner Stimme war wie weggeblasen.
»Ich erkläre es dir morgen. Jetzt halte mich einfach nur fest.«
»Na
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