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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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richtig anstellt, werden wir genügend Verbündete haben, um den Sturm zu überstehen, wenn er schließlich hereinbricht.«
    Tory stieß einen leisen Pfiff aus. »Das wäre aber ein kühnes Unterfangen.«
    »Deshalb brauchen wir auch Ihre Hilfe. Ohne Sie haben wir keine Hoffnung auf Erfolg. Mit Ihnen haben wir zumindest eine gewisse Chance.«
    Tory erwiderte zunächst nichts darauf. Ihre Gedanken jagten sich, und der Magen wollte sich umstülpen wie ein Krake. Sie hatte einen Geschmack nach Galle im Mund. Zu spät erkannte sie die Falle, die Faslorn ihr gestellt hatte. Es war ein Konstrukt von fast diabolischer Raffinesse - das sie außerdem in der Vermutung bestärkte, dass die Phelaner die Menschen noch besser kannten als die Menschen sich selbst.
    Hätte nämlich ein Mensch einen so bizarren Plan ausgeheckt, dann hätte er sie höchstwahrscheinlich in ein fantasievolles Lügengespinst einzuwickeln versucht. Indem er ihr jedoch in schonungsloser Offenheit die Wahrheit sagte, hatte Faslorn sie enger an sich und seine Sache gefesselt, als wenn er sie beide aneinandergekettet hätte. Sie konnte die Erde zwar alarmieren, aber welchen Sinn hätte das gehabt? Die Nachricht würde allenfalls eine Panik auslösen. Der Asylantrag der Phelaner würde rundweg abgelehnt, und nach sechs Jahren würde Sol nach dem Vorbild von Tau Ceti zur Nova werden.
    Nein, wenn sie die Zerstörung der Sonne vermeiden wollte, würde sie Faslorns Geheimnis bewahren müssen. Doch daraus ergaben sich neue Komplikationen. Wenn sie das Geheimnis bewahrte, würde die Sicherheit der Menschheit von ihr allein abhängen. Sie würde in den nächsten Jahren jedes Wort auf die Goldwaage legen und sich jede Handlung zweimal überlegen müssen. Schon ein einziger Ausrutscher konnte alles zunichte machen. Die Last der Verantwortung würde sie schier erdrücken. War sie dem überhaupt gewachsen? Hatte sie die innere Stärke, dem Druck standzuhalten?
    Und selbst wenn sie Erfolg hatte, würde das zugleich auch ihre Niederlage besiegeln. Wenn die Wahrheit über die Dritte Flotte nämlich ans Licht kam, wäre sie als Verräterin an ihrer Spezies gebrandmarkt: eine Mata Hari, die noch dazu andere zum Verrat angestiftet hatte. Sie fragte sich, welche Strafe ihr an diesem unvermeidlichen schwarzen Tag wohl zugemessen würde. Würde sie eingesperrt oder gleich von einer aufgebrachten Menge gelyncht werden? Das Schlimmste war jedoch die Vorstellung, dass man sie hassen würde, so lange die menschliche Rasse überlebte. Sie würde das Wissen um den Dienst, den sie ihren Leuten erwiesen hatte, mit ins Grab nehmen.
    Sie verspürte den plötzlichen Drang, Faslorn zu raten, er möge sich zum Teufel scheren. Doch sie unterdrückte ihn. Es wäre zwar enorm befriedigend, aber auch kontraproduktiv gewesen. Nein, sie hatte in dieser Angelegenheit keine Wahl. Sie musste die ätzende innere Leere ignorieren und mit diesen aufdringlichen Ungeheuern kollaborieren — zumindest so lange, bis sie einen Ausweg aus diesem Dilemma gefunden hatte.
    »Also gut, Faslorn. Ich werde euer Geheimnis notgedrungen für mich behalten.«
    »Danke, Victoria. Mit Ihrer Hilfe werden wir vielleicht Erfolg haben.«
    Faslorns falsche Aufrichtigkeit war zu viel für sie. Sie hatte nun den Punkt erreicht, wo sie die Schwäche des Fleischs nicht mehr ignorieren konnte. Das verängstigte kleine Mädchen, das im tiefsten Innern eingesperrt war, musste endlich herausgelassen werden. Tory öffnete die verschlossene Tür in ihrer Psyche und ließ den Gefühlen freien Lauf. Sie sank auf den Teppichboden des Decks und wurde von einem Weinkrampf überwältigt. Kein Außerirdischer regte sich, um sie zu trösten. Es gab nichts, was sie tun konnten.
    Ein paar Stunden später führte Maratel sie zum vorderen Ende des Sternenschiffs zurück. Sie setzten sich wieder in die kleine Kapsel, Nase dicht an Schnauze. Und sie wurde wieder von diesem Gestank nach Zimt und Farbverdünner überwältigt. Nur dass Tory diesmal keine Sympathien für Maratel verspürte wie bei der Hinreise. Sie war keine drollig aussehende Freundin mehr. Sie war ihr nun genauso fremd wie Faslorn geworden - ein Feind, mit dem Tory gezwungenermaßen kollaborieren würde.
    »Sie sollten nicht zu schlecht von uns denken«, brach Maratel nach einer Weile das Schweigen. »Sie würden an unserer Stelle das Gleiche tun.«
    »Tut mir leid, aber das kann ich nicht akzeptieren.«
    »Es ist nicht Ihr Verstand, der spricht, Tory. Es ist Ihr Herz. Ich könnte

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