Die Seherin der Kelten
gleich, ob Kind oder Erwachsener, für Gold kaufen könnte. Ich träume zwar nicht, so wie Airmid es vermag, wie selbst du es vermagst, aber auch zu mir sprechen die Götter, nur eben auf ihre Art, und hätte ich so etwas zugelassen, würden sie niemals wieder zu mir sprechen.«
»Aber abgesehen davon weiß Philus ja auch, dass du ihn ohnehin nicht aufhalten könntest.«
»Ganz genau. Er wird sich Cygfa und Graine noch nicht gleich nehmen, aber im Frühling. Und selbst jetzt beschließt er vielleicht bereits, auf seiner Rückreise nach Camulodunum zumindest schon mal aus einigen der kleineren Siedlungen die eine oder andere ›Ware abzuholen‹; in dem Wissen, dass wir ihn nicht daran hindern können.«
Tagos’ Haut hatte die Farbe von Eisen angenommen, war grau und schien vom Schweiß geradezu poliert. Er verzehrte sich förmlich nach Wein. Breaca beobachtete, wie er seinem Verlangen begegnete, sich die Befriedigung dieses Verlangens schließlich aber doch versagte. Er zog einen trockenen Holzblock von dem Stapel neben der Feuerstelle und setzte sich darauf. An die Wand gerichtet, wo über Breacas Kopf sein Schwert hing, fuhr Tagos fort: »Es tut mir Leid. Wir hätten schon gleich damals, als du hier ankamst, eine Armee aufstellen sollen. Zwar wären wir dann umgekommen, aber dann hätten wir wenigstens nicht dabei zusehen müssen, wie sie uns ausbluten.«
Tagos ist gegen uns. Das hatte sie zu den Stammesältesten gesagt und es auch selbst geglaubt.
Mittlerweile nicht mehr ganz so überzeugt, erwiderte Breaca: »Cunomar und Ardacos führen heute Nacht neunundvierzig Krieger in den Bärentanz ein. Bis Mitternacht haben wir damit neunundvierzig neue Bärinnenkrieger, die Ersten im Stamme der Eceni, das heißt, die Ersten nach Cunomar. Mit ihnen könnten wir uns Philus bereits jetzt vornehmen und ihn töten. Würdest du das unterstützen?«
Tagos starrte auf seine eine Hand hinab, die quer über seiner Brust lag und den Stumpf seines anderen Armes umfangen hielt. »Du vergisst, dass Philus unter dem Schutz des Prokurators steht. Rom weiß, dass er sich hier aufhält. Wenn er nicht zurückkehrt, werden die Legionen genauso über uns herfallen, wie sie es zu Scapulas Zeiten getan haben.« Er hob den Kopf. Angst zeichnete sich auf seinem Gesicht ab sowie die Erinnerungen, die mit dieser Angst erneut einhergingen. »Du hast damals ja noch nicht hier gelebt. Du hast das Gemetzel der römischen Vergeltungsmaßnahmen nicht gesehen, wie sie uns abgeschlachtet haben; die Männer und Frauen, die in Kreisen rund um ihre Siedlungen herum erhängt worden waren, ihre Kinder tot zu ihren Füßen liegend, und all das wegen des Verlusts eines einzigen Legionärs, wegen eines Steines, den man nach einem Soldaten der Hilfstruppen geworfen hatte. Es besteht kein Zweifel: Cygfa und Graine werden versklavt werden. Philus weiß, dass wir an ihnen hängen; und selbst wenn wir sterben, wird er dafür sorgen, dass wir auf jeden Fall noch von ihrer Versklavung erfahren. Denn wenn wir kämpfen, werden wir zwangsläufig verlieren. Verlangst du also ernsthaft von mir, dass ich das unterstütze?«
»Wenn sie so oder so kommen, ja, dann erwarte ich das von dir«, antwortete Breaca. »Besser, wir kämpfen, als wenn wir uns im Hintergrund halten und tatenlos dabei zuschauen, wie sie uns ausbluten. Und es besteht ja auch immer noch die Möglichkeit, dass wir siegen. Es schneit bereits; jetzt verlassen die Legionen ihre Festungen nicht mehr. Die Götter schenken uns einen ganzen Winter, damit wir uns vorbereiten können, und wir werden diesen Winter nutzen. Die Stammesältesten sind wieder nach Hause zurückgekehrt, um noch weitere Krieger ausfindig zu machen, die noch genügend Mut besitzen, um sich uns anzuschließen. Und selbst wenn jeder von ihnen bloß zehn findet, haben wir damit doch bereits eintausend. Und wenn jeder von diesen eintausend wiederum den Mut von Cunomars neuen Bärinnenkriegern besitzt, werden wir den Legionen damit wenigstens einen gehörigen Denkzettel verpassen können.«
»Dann kann Cunomar wohl bald das Erbe seines Vaters antreten?«
»So scheint es. Zumindest besitzt er... das Zeug zu einem guten Anführer.« Sie wollte gerade sagen, dass Cunomar die, die ihm folgten, nicht nur genauso in seinen Bann zu schlagen verstand, wie Caradoc dies einst vermocht hatte, sondern dass in ihm darüber hinaus auch noch ein ganz eigenes Feuer brannte, doch das Mitgefühl mit Tagos ließ sie innehalten.
Tagos lächelte schwach. Er
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