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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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dem Hufgetrommel sich nähernder Pferde erbebte, führte Breaca ihre Getreuen wieder hinaus, um dem kaiserlichen Bevollmächtigten zur Eintreibung der Steuern samt seiner dreihundert Söldnerveteranen gegenüberzutreten.
    Stone ließ sie innerhalb der Umzäunung zurück, damit dieser nicht den Feind roch und ihn womöglich eigenmächtig angriff; außerdem ritt Breaca ihr graues Streitross, denn es war das gehorsamste aller ihrer Pferde; und sie hatte sich in eine neue Tunika in Eceniblau gekleidet, geschmückt mit einer Borte in einem gedämpften Grau, die um die Ärmelränder, den Halsausschnitt und den Saum herum verlief, denn dieses Kleidungsstück sah ihr noch am wenigsten nach kriegerischen Absichten aus. Ihr Haar ließ sie offen auf die Schultern hinabhängen, ihren Schild verbarg sie und trug von außen betrachtet auch keinerlei Messer bei sich oder etwas anderes Spitzes oder Scharfkantiges, das in irgendeiner Weise als Waffe hätte betrachtet werden können. Und schließlich trug sie auch keine Armbänder, die nur unnötig ihren vermeintlichen Reichtum zur Schau gestellt hätten, sondern lediglich den geflochtenen goldenen Torques der Eceni, der plötzlich wie ein Henkersstrick gegen ihren Hals zu drücken schien.
    Und während sie ihre Stute vorantrieb, um die ersten der ankommenden Reiter zu begrüßen, suchte Breaca in der alles umfassenden Leere der Ewigkeit nach der älteren Großmutter, der Ahnin oder Nemain. Doch alle schwiegen sie.
     
    »Zwar gereicht es uns gewiss nicht zur Ehre, und ich bedaure es aufrichtig, aber wir können keine dreihundert Männer verpflegen. Der Winter hat unsere Vorratslager geleert, und die Zeit des Tauschhandels hat noch nicht wieder begonnen.«
    Das entsprach sogar der Wahrheit, zumindest halbwegs. Denn zweifellos gab es in der Siedlung nur noch wenig Vorräte, und die zwei Dutzend Bärinnenkrieger, die Breaca vom Großen Versammlungshaus aus hierher gefolgt waren, hatten nur gerade eben genügend Nahrung mitgebracht, um selbst davon leben zu können. Und wie es einer Siedlung, die um ihren König trauerte, angemessen war, trugen die Bärinnenkrieger keinerlei Gold, hatten ihre Tuniken lediglich mit unbearbeiteten Rohledersträngen gegürtet, und ihre Gürtelmesser waren so kurz, dass diese selbst nach römischem Gesetz nicht zu beanstanden waren. Außerdem waren sie damit beschäftigt, sich um die Pferde zu kümmern beziehungsweise um die Felder, und keiner von ihnen hieß den Prokurator willkommen oder bat ihn gar, in die Siedlung einzutreten.
    Dadurch bestand später, wenn sie würden kämpfen müssen, wenigstens nicht die Gefahr, dass auch nur irgendeiner von ihnen das Gastrecht gebrochen und damit das Missfallen des Gottes erregt hätte.
    »Danke. Aber wir führen unseren eigenen Proviant mit uns.«
    Breaca hatte sich auf Latein an den Prokurator gewandt, der ihr wiederum in der Sprache der Eceni antwortete, und dies über einen Jungen aus dem Volke der Trinovanter, der verlegen eine Strähne seines Haares um den Finger zwirbelte, auf den Boden starrte und den Blick ganz und gar nicht heben wollte.
    Ohne zu warten, bis der Junge geendet hatte, drängte der Prokurator seinen von Flöhen zerbissenen, grauen Wallach durch die Tore. Er war ein Mann, der es eilig hatte; gierig wanderte sein Blick über das Gold, das den Hals der Bodicea umschloss, aber nicht etwa über die ebenmäßige Wolle ihrer Tunika oder den vom gewissenhaften Bürsten herrührenden Glanz ihres Haares. Seine Männer folgten ihm, so geordnet wie eine Legion.
    Cunomar und seine acht Krieger befanden sich in der zweiten Zenturie, flankiert von den aus Camulodunum herbeibeorderten Veteranen, Männern, an deren Gesichter Breaca sich wohl wieder erinnerte, nicht jedoch an ihre Namen. Sie hatte mit ihnen Tauschhandel betrieben, in der Zeit vor Eneits Tod, hatte Gürtelschließen gegen Rohbronze eingetauscht oder einen Armreif gegen Eisen; und zwei von ihnen waren sogar im Theater dabei gewesen, waren Zeugen des Speerwurfwettstreits mit dem ehemaligen Gouverneur geworden.
    Einer von ihnen stieß nun seinen Nachbarn an und sagte irgendetwas Ungehobeltes in kehligem Latein, doch Breacas Aufmerksamkeit war bereits auf das Ende der Kolonne konzentriert, wo ein Jugendlicher aus dem Stamme der Coritani ritt. In seinem Haarknoten steckten die charakteristischen drei Federn des Roten Milan, die ihn als einen Späher der Legionen auswiesen. Zudem trug er auf seinen Armen, und dies war das noch bedeutendere Merkmal,

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