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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Blick ernst erwiderte. »Die Bullen
brauchen wir nicht«, stand dort unausgesprochen.
    »Na«, sagte Johanna endlich. »Sonst hab i nix gsehn.«
    * * *
    Schafmann schlenderte neben Schwemmer her die belebte
Ludwigstraße entlang zu ihrem Wagen, den sie in der Badgasse abgestellt hatten.
Kurz vor der Ballengasse stand ein Lieferwagen in zweiter Reihe, aus dem zwei
Männer in Overalls in aller Ruhe einen großen Kühlschrank ausluden, während der
Fahrer eines Düsseldorfer Pkw hinter ihnen vergeblich versuchte, sie mit einer
Schimpftirade zu einer höheren Arbeitsgeschwindigkeit zu bewegen.
    »Meinst, es liegt tatsächlich etwas in dem Grab?«,
fragte Schafmann. »Also etwas, das da nicht reingehört?«
    Schwemmer brummelte unwillig etwas Unverständliches.
    »Vielleicht hat der Kugler ja Angst bekommen, dass der
alte Kunkel das ausgräbt. Und wollte ihm zuvorkommen«, hakte Schafmann nach.
    Schwemmer schüttelte leicht den Kopf. »Spekulation.
Sonst nichts«, sagte er und blieb vor einem Sportgeschäft stehen.
    Im Schaufenster stand ein Paar Trekkingstöcke, die man
auf weniger als dreißig Zentimeter zusammenschieben konnte. Burgl wollte im
Sommer mit ihm wandern, zumindest hatte sie ihm das vor ihrem Hexenschuss
angedroht, und er kannte ihr langes Gedächtnis.
    »Was hältst du von denen?«, fragte er.
    »Zu teuer«, sagte Schafmann. »Wenn du welche brauchst:
Ich hab noch ein Paar zu Haus. Wir wandern eh nie.«
    Schwemmer sagte nichts. Wahrscheinlich waren
Schafmanns Stöcke doppelt so schwer, doppelt so lang und halb so stabil. Dafür
sollten sie dann auch nur zwei Drittel kosten. Die Hände in den Taschen seines
kurzen Mantels ging Schwemmer weiter. Schafmann ging treu neben ihm her.
    »Im Ernst«, sagte er. »Kannst du haben. Sind fast
neu.«
    »Ich wart erst mal den Hexenschuss ab«, sagte
Schwemmer.
    Sie bogen in die Badgasse.
    »Was willst du unternehmen?«, fragte Schafmann.
    Schwemmer stieß ein »Phhh« hervor. »Ich sperr den
Kugler, den Kunkel und die Satanisten zusammen in eine Zelle. Jeder, der am
nächsten Morgen noch lebt, wird verhaftet.«
    Schafmann lachte ein bisschen.
    »Als ich noch in Ingolstadt war«, sagte Schwemmer, und
Schafmanns amüsierter Gesichtsausdruck bekam etwas Gequältes, wie immer bei einer
drohenden EKHK -Schwemmer-damals-in-Ingolstadt-Geschichte.
    »Als ich noch in Ingolstadt war«, sagte Schwemmer, »da
hatten wir mal eine Diebin. Das war eine ganz brave, ältere Dame,
alleinstehend.«
    Sie erreichten ihren Dienst-Passat, dessen Blinker
aufleuchteten, als Schafmann auf den Schlüsselknopf in seiner Jackentasche
drückte. Schwemmer stieg auf der Beifahrerseite ein.
    »Die erhielt Befehle von Stimmen, wenn sie am
Abendbrottisch saß«, fuhr er fort, während sich Schafmann neben ihm auf dem
Fahrersitz festschnallte.
    »Aha«, sagte Schafmann. »Stimmen.« Er ließ den Motor
an und fuhr los.
    »Ja. Stimmen«, sagte Schwemmer. »Die befahlen ihr, in
bestimmte Wohnungen zu gehen, deren Türen immer offen standen.«
    »Wie?«, fragte Schafmann.
    »Ja. Die ging ganz gezielt zu bestimmten Wohnungen in
bestimmten Mehrfamilienhäusern. Die Türen standen offen, und sie hat in aller
Ruhe die Wohnungen durchsucht, die Wertsachen in Plastiktüten gepackt und dann
draußen auf die Straße gestellt.«
    Schafmann warf ihm einen ungläubigen Blick zu. Er
wartete auf eine Lücke im dichten Nachmittagsverkehr auf der Hauptstraße. Und
er wartete lange.
    »Die hat das immer am Abendbrottisch gehört. Da hat
ihr jemand gesagt, die Armen bräuchten Hilfe, und die Reichen würden geben. Sie
müsste es nur abholen. Und auf die Straße stellen.«
    Schafmann sah schweigend nach links die Hauptstraße
hinauf. Schwemmer sah nach rechts.
    »Hier ist frei«, sagte er.
    »Hier nicht«, sagte Schafmann.
    »Hat lange gedauert«, sagte Schwemmer. »Aber dann hat
sich irgendwann jemand gewundert.«
    »Ich wundere mich jeden Tag«, sagte Schafmann und
zwängte den Passat zwischen einen Vierzigtonner und einen BMW X 6, der ihn darob hasserfüllt
angleißte. »Fährt das hässlichste und schwachsinnigste Auto, das in Deutschland
gebaut wird, aber meckert rum«, grummelte Schafmann.
    »Also, da hat jemand eine Plastiktasche voller
wertvollem Zeug gefunden. Und da fing die Spur an. Erst mal. Dann gab’s die
Wohnung, aus der das stammte. Das Schloss war aufgebrochen, es gab Fingerabdrücke,
aber die waren nicht registriert. Also ging’s wieder nicht weiter. Dann, ein
paar Wochen später, wieder eine Tüte auf

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