Die Seherin von Knossos
Material als dem Silber bestand, in das er eingelassen war. Der Unterschied war marginal, aber bemerkbar.
Er wackelte in seiner Verankerung, und Cheftu versuchte, irgendetwas darunter zu schieben, doch seine Nägel waren zu kurz. Denk nach, ermahnte er sich. Er kehrte in die Mitte des Raumes zurück und betrachtete noch einmal die Aushöhlung an jener Stelle, wo sich die drei Dreiecke trafen.
Mit dem Stecker seines Ohrrings gelang es ihm schließlich, den Ankh aus seiner Verankerung zu lösen und in die eingelassene Form zu senken. Der daraufhin einsetzende Lärm brachte die Wände zum Beben. Er beobachtete, wie sich der gesamte Raum veränderte. Mit ohrenbetäubendem Kreischen verschoben sich die Wände, glitten in Teilen nach oben oder zur Seite, bis er sich schließlich in einem dreieckigen Raum wieder fand.
Bei den Steinen Apis’, das war unglaublich!
Die in Gold und Silber gefasste Erzählung war durch glatte Wände ersetzt worden, von denen eine aus Lapis, eine aus Malachit und eine aus Jaspis bestand. Der Boden unter seinen Füßen hatte sich nicht verändert. Vorsichtig hob er den Ankh auf und machte einen Satz zurück, als ein Abschnitt des Bodens bis in Bauchhöhe aus dem Boden wuchs. Dann wurde alles wieder still.
Der erhöhte Teil des Bodens sah aus wie ein Steinbehälter. Cheftu versuchte das, was er für den Deckel hielt, nach hinten oder vorne zu schieben. Es rührte sich nicht. Mit einem entnervten Seufzen erinnerte er sich an den Ankh und drückte ihn in das Loch. Nichts geschah. Er legte ein Ohr auf den Stein und drehte den Ankh, bis er etwas klicken hörte. Natürlich, drei Klicks nach links, dann drei nach rechts, dann wieder drei nach links; so viel hatten Ägypter und Aztlanter gemeinsam.
Er schob problemlos den Deckel zur Seite und schaute mit großen Augen auf den Behälter.
Ein kleiner Trog, ein Winkelmaß, eine Holzkiste, ein Senkblei, eine Kelle. Er legte alles auf dem Tisch aus. Ganz unten in der Kiste befanden sich zwei Leinensäckchen und drei Krüge. Er nahm alle heraus und öffnete einen nach dem anderen. Ein weißes Pulver mit kleinen Steinchen; das nächste kostete er mit der Zungenspitze - Natron; ein brauner Schleim; ein großer Beutel voller größerer Steine; und ein Krug Wasser. Cheftu begann, nachdenklich im Kreis herumzuwandern. Was hatten diese Dinge miteinander zu tun?
Was hatte Chloe gesagt? Die Fähigkeit, Stein zu gießen, Fels zu formen und zu verwandeln?
Bevor er sich für die Medizin entschieden hatte und in das Haus des Lebens eingetreten war, hatte er im Tempel von Amun-Re studiert. Dort hatte er gelernt, wie verschiedene Substanzen und Flüssigkeiten miteinander reagierten und neue Substanzen ergaben. Emaille entstand, indem man Mafkatpul-ver mit Salpeter mischte und über eine Flamme hielt. Mit großen Schritten kehrte er an den Tisch mit dem eigenartigen Sortiment zurück.
Salpeter und Wasser und Kalk - das weiße Pulver - ergaben eine ätzende Substanz; dazu musste man Mafkat geben, bis es sich auflöste, und schließlich Schlamm. Sobald sich die Masse verdickte, würde er die Steine untermengen. Cheftu befreite sich von den Überresten seines Schmucks und begann abzumessen und zu mischen, alten Rezepten nach, die er nie vergessen würde.
Er würde es schaffen.
Wann das Essen aufgetaucht war, vermochte Cheftu nicht zu sagen. Und doch war es da - geröstetes Fleisch, Jakobsmuscheln, dazu ein Salat aus Zitronenscheiben und Zwiebeln. Ein Krug mit gewässertem Wein vervollständigte das Mahl. Er warf einen Blick über die Schulter; seine experimentelle Mixtur trocknete gerade in der Holzkiste. Sie hatte bereits das Aussehen von Kalkstein, mit scharfen, sauberen Kanten und glatter Oberfläche, in der Glimmer- und Erzpartikel glänzten. Die Kunst der Al-khemti - die sogar ägyptisch genannt wurde, nach dem Land Kemt.
Dion hatte erzählt, die Priester, die Mnasons, würden sich ein Leben lang in der Kunst üben, Arikat-Steine zu formen. Sie waren es, die mit Hilfe ihrer geheimen Gesten und ihrer eng geknüpften Sippe die vielen Bauten auf der Insel Aztlan errichtet hatten.
Dieser Arikat-Stein war der Baustoff für die Pyramiden. Davon war Cheftu überzeugt. Der Kalkstein hatte ganz genauso ausgesehen, und das würde auch erklären, warum diese riesigen, perfekt gemeißelten Klötze so genau aufeinander passten. Sie waren gegossen worden. Er lächelte. Der Imhotep Pharao Kufus war nicht nur brillant gewesen, sondern auch ein Fuchs, denn schließlich hatte
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