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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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ihr eine der Teigtaschen.
    »Das hier«, sagte er, »ist der Grund, warum deine Schlussfolgerungen absurd sind.« Sie hörte den Ärger, der in seiner Stimme mitschwang.
    »Die Vorteile, ein wor zu sein?«
    »Genau.«
    Er atmete schwer. Am liebsten hätte Lydia die Pirogge auf den Boden geworfen und wäre darauf herumgetrampelt. Sie wandte als Erste den Blick ab.
    »Alexej, es gibt ebenso Nachteile wie Vorteile. Vergiss das nicht.«
    Zu ihrer Überraschung lachte Alexej. Er legte ihr einen Arm um die Schultern und zog sie an sich, lenkte sie an den armseligen Wartenden in der Schlange vorbei. Sie drückte die Pirogge einem pockennarbigen Kind in die Hand, das sich hinter den Rücken seiner Mutter versteckte, und freute sich dabei an der unerwarteten Herzlichkeit ihres Bruders.
    »Und was ist es denn nun«, fragte er, während er sie zur Straßenkreuzung begleitete, »das du mir unter vier Augen mitteilen wolltest?«
    »Vertrau Maxim nicht.«
    Er blieb stehen. Sah sie an. Wieder stand Ärger in seinen Augen.
    »Sei vorsichtig«, fügte sie hinzu. »Ich möchte nicht, dass du …«
    Das Wort brachte sie nicht heraus.
    »Du willst nicht, dass ich was?«
    »Dass du Schaden nimmst.«
    Sie schaute ihn nicht an.
    Das Schweigen, das sich zwischen ihnen aufblähte wie ein Heißluftballon, zerplatzte durch das Rumpeln eines vorbeirollenden Fuhrwerks. Alexej küsste Lydia auf die Wange, eine Berührung seiner Lippen auf ihrer kalten Haut, die rasch vorüber war, als schämte er sich der Geste. Als sie aufblickte, ging er bereits mit großen Schritten über die Straße davon, mit heftig rudernden Armen, als hätte er es eilig, von ihr wegzukommen.
    Ohne sich noch einmal umzudrehen, rief er: »Keine Briefe mehr, Lydia.«
    Verdammt, Alexej Serow. Fahr zur Hölle.
    Elena war schlechter Laune, als Popkow mit einer hässlichen Platzwunde an der Wange nach Hause kam. Ein Hosenbein war bis zum Knie aufgeschlitzt, an seinem Schienbein breitete sich eine Prellung von der Farbe aufgeschnittener Zwetschgen aus. Er kam ins Zimmer getorkelt, gab ein leises Stöhnen von sich und ließ sich wie ein Sack Mehl auf das Bett fallen, mit dem Gesicht nach unten.
    Lydia sprang hinter den Trennvorhang und hockte sich auf den Rand der Bettdecke, klopfte ihm sanft auf den Rücken.
    »Liew«, murmelte sie. »Bist du in Ordnung?«
    Keine Antwort. Nur ein Stöhnen, tief aus seiner Kehle. Elena stand von ihrer Näharbeit auf und kam herüber, um ihn sich anzuschauen. Ihr reichten ein rascher Druck auf die Schlagader unterhalb seines Ohres und ein leichter Klaps auf seinen Hinterkopf.
    »Er ist betrunken«, brummte sie. »Sturzbetrunken, und dann hat er bei einer Rauferei den Kürzeren gezogen. Blöder Hammel. Wenn er sich schon mit irgendwelchen anderen Kerlen anlegen will, dann sollte er wenigstens dafür sorgen, dass sie nicht in der Überzahl sind, das habe ich ihm schon zigmal gesagt.« Sie versetzte ihm noch einen Klaps, diesmal auf den Hintern, und wuchtete sich auf den Stuhl zurück, wo sie die Nadel in ihrer Hand finster anschaute und sie tief in das Gewebe rammte.
    Lydia holte eine Schüssel Wasser und säuberte Liews Wange, so gut sie konnte, ohne ihn zu bewegen. Die klare Flüssigkeit in der Schüssel verfärbte sich rötlich. Musste die Wunde genäht werden? Sie war sich nicht sicher. Die Platzwunde war tief. Lydia musste an den Tag zurückdenken, als sie unten am Fluss in Tschangschu Changs Fuß zusammengeflickt hatte, und auf einmal war die Sehnsucht nach ihm so groß, dass ihre Hand zitterte und sie etwas von der roten Flüssigkeit über Liews Rücken schüttete.
    »Willst du mich ersäufen, Mädchen?«
    Das Wasser floss seinen Hals und unter seinem Ohr entlang.
    »Ja, aber es scheint mir nicht besonders gut zu gelingen.«
    »Daran sind schon Männer gescheitert, die stärker waren als du.«
    »Nicht reden. Das macht die Blutung nur schlimmer.«
    »Scheiße!«, fluchte er, als der Schmerz stärker wurde.
    Lydia drückte einen Lappen fest an seine Wange und setzte sich neben ihn aufs Bett. Zeit verging. Das Stöhnen wurde leiser. Als plötzlich auch das verstummte, beugte sich Lydia mit pochendem Herzen zu ihm hinunter und lauschte. Sie stieß ihn in die Rippen. Nichts geschah. Erst als sie den Ellbogen unsanft in seine Halsbeuge stieß, kam er ruckartig wieder zu sich, und auch Lydia begann wieder zu atmen.
    »Magst du reden?«, flüsterte sie, weil sie Angst hatte, er könnte im Schlaf sterben.
    »Ha!«
    »Ich schätze, die anderen sind in

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