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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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Gedanken befasst. Doch nur so habe ich gelernt zu überleben. Indem ich es nicht zulasse, dass mich die Welt ringsum auffrisst. Alles in mir war auf das Selbst konzentriert, denn ohne das Selbst besteht keine Hoffnung auf Überleben in dem brutalen, barbarischen Sowjetzoo da draußen in der sibirischen Wildnis. Und nur der harte Kern des Selbst. Ich bin wohl schon lange kein liebenswerter Zeitgenosse mehr.
    Und nun bist Du hier. Meine Tochter Lydia, Du bist Blut von meinem Blute. Du stehst für alles, was es an Gutem in mir einmal gegeben hat und von dem ich selbst nur noch das Schlechte behalten habe. In Dir kann ich lachen und singen und der Mensch sein, der ich so gerne wieder sein möchte, aber nicht mehr sein kann. Du bist mein Leben, Lydia. Lebe es gut.
    Der Verlust Deiner Mutter schmerzt mich über alle Maßen. Es ist schrecklich, dass wir Dich beide verlassen haben, allein und ohne Schutz. Verzeih uns, meine Tochter. Richte Alexej meine liebsten Grüße und meine Dankbarkeit aus, ebenso wie dem alten Haudegen Popkow.
    Ich hab Dich lieb.
    In großer Freude
    Dein Papa
    Lydia stand am Fenster, mit dem Rücken zu Popkow, Elena und dem Jungen, und schaute hinaus, ohne etwas zu sehen. Lange Zeit gab sie keinen Mucks von sich und ließ das Blatt Papier in ihrer Hand ebenso wenig los, wie sie ihr Leben aus der Hand gegeben hätte. Sie brühten ihr Tee auf, den sie nicht trank, und legten ihr einen Mantel über die Schultern, während die Sonne hinter den Dächern verschwand und der Hof in schwarze Schatten gehüllt wurde.
    Das war der Moment, als sie sich zu Popkow umwandte und ihm den Brief reichte.
    »Liew«, sagte sie. »Wir müssen ihn da rausholen.«
    »Nein.«
    »Alexej, bitte.«
    »Nein, Lydia, keine Briefe mehr.«
    »Aber wieso?«
    »Ich habe dich schon einmal gewarnt. Das Risiko ist zu groß. Es wird die Behörden auf den Plan rufen, und am Ende wird man Jens Friis zur Strafe in eine der Minen verfrachten. Begreifst du das nicht? Du machst die Dinge für ihn nur schlimmer. Und willst du das?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Dann musst du auf der Stelle damit aufhören.«
    Sie saßen in Maxim Woschtschinskis Wohnzimmer. Lydia fand es sowieso schrecklich, dieses Gespräch führen zu müssen, doch es in Anwesenheit des Diebes zu tun, machte sie krank. Eine Wahl hatte sie dennoch nicht. Bis er eine eigene Bleibe gefunden hatte, hatte Alexej ihr verwaistes Bett in dem Zimmer mit Liew und Elena verlassen und schlief bei Maxim in der Wohnung. Doch wenn man ihn so anschaute, hatte man den Eindruck, dass er sowieso nicht besonders gut schlief. Verdammt. Lydia hoffte unwillkürlich, seine Unausgeschlafenheit sei auf zu viel Weinbrand, späte Kartenrunden und zu viele Zigaretten zurückzuführen, statt darauf, dass er jede Nacht auf Beutezug war. Die Vorstellung, wie ihr Bruder durch Fenster kletterte und die Uhren und Kerzenleuchter eines anderen Menschen in Säcke stopfte und mitgehen ließ, machten sie vor Angst ganz kribbelig. Diesem Maxim traute sie einfach nicht. Und er traute ihr nicht.
    »Alexej«, sagte sie mit einer Geduld, die sie selbst überraschte, »ich bin dankbar dafür, dass Maxim und du da etwas austüftelt …«
    »Da brauchst du nicht dankbar zu sein, mein Liebes«, sagte Maxim mit einem so aalglatten und leeren Lächeln, dass sie ihm am liebsten einen Faustschlag versetzt hätte.
    »Natürlich bin ich dir dankbar, pakhan . Alexej ist mein Bruder, also …«
    »Bei den wory w sakone gibt es keine Brüder und Schwestern«, belehrte sie Maxim. Er beugte sich in seinem Stuhl zu ihr vor, raffte die Falten seines leberfarbenen Morgenmantels um seinen fleischigen Körper zusammen und gewährte ihr einen Blick in seine Augen. Lass sie nur die messerscharfen Spitzen der Dolche darin sehen. Er wollte, dass sie Bescheid wusste. Damit sie keinen Fehler machte. Sie blinzelte, doch den Blick wandte sie nicht ab.
    »Lydia, meine Liebe«, sagte er so höflich, als wollte er ihr bloß eine Tasse Tee anbieten, »geh jetzt. Alexej und ich haben zu tun.«
    Sie blieb sitzen. »Wenn du nichts dagegen hast, pakhan, würde ich gerne wissen, was für Pläne ihr habt.«
    »Wenn wir mit der Planung fertig sind, wirst du es erfahren …«
    Sie argumentierte nicht, doch sie glaubte ihm auch nicht.
    »Der Lastwagen?«, fragte sie stattdessen.
    »Alexej«, wandte sich Maxim an seinen frischgebackenen wor, »ist das nötig?«
    »Ja.«
    Das war immerhin etwas. Sie lächelte ihren Bruder an, doch er blieb unbewegt. Am liebsten

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