Die Sehnsucht der Konkubine
Er schlug einen besänftigenden Ton an, so wie man auf ein nervöses Fohlen einredet. »Denk nicht einmal daran abzuhauen. Und schau mich nicht so finster an. Mit solcher Verachtung.« Er lachte, und bei dem Geräusch bekam sie Gänsehaut. »Wenn du versuchst abzuhauen, meine Liebe, dann kann ich den Genossen Popkow jederzeit wieder festnehmen lassen.« Seine Augen wurden hart wie Glas. »Verstanden?«
»Ja.«
»Gut. Und jetzt, lass mich dir aus deinem Mantel helfen.«
Sie rührte sich nicht, doch er knöpfte ihn sorgfältig für sie auf und streifte ihn von ihren steifen Schultern.
»Dmitri«, sagte sie, ohne ihn anzuschauen. »Was hält dich davon ab, Popkow in Zukunft jedes Mal verhaften zu lassen, wenn du willst, dass ich hierherkomme?«
Er strahlte sie begeistert an. »Ach, jetzt fangen wir endlich an, uns zu verstehen.«
»Gib mir eine Antwort. Was hält dich davon ab?«
»Nichts. Nitschewo . Absolut nichts.«
Wie sich herausstellte, kam die Musik aus seinem Arbeitszimmer. Der Raum war gemütlich, trotz der harten Kanten des Schreibtisches und der vielen Regale voll ledergebundener Bücher. Eine gute Wahl für eine Verführung, schien es Lydia. Sanfte Beleuchtung, ein Grammophon spielte, ein afghanischer Teppich in leuchtenden Farben lag auf dem Boden, eine Kanne Kaffee und eine Flasche Burgunder standen auf einem Beistelltischchen neben einer Chaiselongue. Es war die Chaiselongue mit ihren weich geschwungenen Kurven und dem grünen Samtflor, die ihr sofort ins Auge fiel. Seidenkissen in Bernsteingelb und Rotbraun lagen darauf, so einladend wie ein Waldboden im Frühling.
»Wein?«, bot er an.
»Nein.«
»Setz dich doch.«
Sie blieb stehen.
Er nahm die Grammophonnadel von der Schallplatte, goss ihnen zwei Gläser Wein ein und blieb einen Moment stehen, die Gläser in der Hand, um sie zu betrachten, den Kopf zur Seite geneigt. Was er sah, schien ihm zu gefallen. Am liebsten hätte sie ihm das Lächeln aus dem Gesicht geprügelt. In dem Raum war es viel zu heiß. Oder lag das an ihr? Das schwere Aroma des Kaffees schien ihr die Lungen zu verkleben, und plötzlich fühlte sie sich krank. Ich habe ihn im Griff , hatte sie sich Elena gegenüber gebrüstet. Wie naiv konnte sie sein? In ihrer Naivität hatte sie geglaubt, es würde reichen, ein paar Mal mit den Wimpern zu klimpern und das Haar in den Nacken zu werfen, um diesen Mann zu entwaffnen, ihm all die Informationen zu entlocken, die sie wollte, und dann die Flucht anzutreten, ohne den Preis dafür zu zahlen. Der Mann vernascht Mädchen wie dich zum Frühstück , hatte Elena sie gewarnt. Sie hätte besser auf sie gehört.
Und doch wäre Popkow ohne Dmitri immer noch im Gefängnis, oder, schlimmer noch, gar nicht mehr am Leben. Dmitri hatte mit der Geduld einer Spinne einfach gewartet, bis Lydia ihm ins Netz ging, und so brauchte sie sich auch nicht zu wundern, dass sich seine klebrigen Fäden allmählich um sie verdichteten.
»Hier, das hier wird dich beruhigen.« Er hielt ihr das Glas hin.
»Brauche ich etwas, das mich beruhigt?«
Wieder blickte er sie prüfend an. »Ich glaube schon.«
Sie nahm den Wein entgegen und trank das Glas auf einen Satz aus. Er kam näher, stand auf einmal so nahe vor ihr, dass sie die Pomade in seinem Haar riechen konnte, und seine Gesichtszüge schienen härter zu werden, als er den Kopf zu ihr herabbeugte und sie auf die Lippen küsste. Er schmeckte nach Whisky. Sie ließ es zu, dass seine Lippen auf ihrem Mund verweilten, ohne seinen Kuss zu erwidern.
»Lydia«, murmelte er. »So kalt? So versteinert?« Er fuhr mit der Hand zu ihrer Kehle hoch und in ihr Haar, ließ sie dann auf ihre Brust fallen. »Mach dich locker, mein süßer Engel.«
Sie trat einen Schritt zurück, stellte ihr Glas auf den Tisch und wandte sich ihm zu. Sie hatten miteinander gelacht und getanzt, also würde er ihr doch ganz gewiss keine Gewalt antun. »Dmitri, bitte, lass mich aus dieser Abmachung heraus. Ich flehe dich an.« Sie fiel vor ihm auf die Knie. »Bitte.«
Er lächelte träge, und einen Moment lang glaubte sie, er würde auf ihr Flehen eingehen, doch stattdessen öffnete er seinen Hosenschlitz und packte sie am Kopf.
»Du widerst mich an, Genosse«, sagte sie kalt und stand auf. »Dann bringen wir’s eben hinter uns.«
Ohne einen Moment zu zögern, knöpfte sie ihre Bluse auf, schlüpfte aus ihrem Rock und zog sich die Unterwäsche aus. Ehe Dmitri überhaupt begriffen hatte, dass sie ihm die ganze Arbeit abnahm, stand Lydia
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