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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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einfach mitten auf einer schimmernden Schneefläche liegen. Lydia hätte den Soldaten am liebsten geküsst.
    »Spassibo« , sagte sie stattdessen. »Danke dir vielmals.«
    Sie schenkte ihm ein Lächeln, und er wurde rot und setzte sich wieder. Jubel erhob sich unter seinen Kameraden. Der Mann mit der flachen Mütze schaute finster drein, war jedoch vernünftig genug, nichts mehr zu sagen, während der Mann im Anzug aufstand, das Fenster mit einem Ruck schloss und das aufbrandende Gelächter mit einer gewissen Würde quittierte.
    Es war vollbracht.
    Lydias Herz klopfte heftig. Während sich die Zugräder drehten und drehten und die Gruppe von Gefangenen immer weiter zurückblieb, im eisigen Wind, flogen ihre Gedanken zu den Worten, die sich in den beiden scharlachroten Bündeln verbargen. Ich bin die Tochter von Jens Friis. Wenn er im Lager ist, sagt ihm, dass ich da bin. Ich brauche ein Zeichen.
    In jedem der Bündel lagen fünf schimmernde Silbermünzen.

FÜNFZEHN

    C hang An Lo bewegte sich durch die Dunkelheit wie ein Schatten.
    Das Dorf Sumatong pulsierte vor Leben, Licht und Geräusche perlten aus jedem Fenster, jeder Tür, in jeder Straße. Die Rote Armee war wie ein Schwarm Fliegen darüber hergefallen. Soldaten torkelten von einem Haus zum nächsten, eine Flasche in der einen, ein Mädchen an der anderen Hand, unsicher, wo sich ihr Quartier befand. Die Dorfoberen machten höfliche Verbeugungen, die Hände steif vor die Brust gelegt, lockten die Uniformierten in die Schänke und die Spielhölle, wo man sie wenigstens noch um ein paar Yuan erleichtern konnte.
    Chang blieb geduldig im Schatten der Rückwand eines Hauses stehen und lauschte dem Gegröle von ein paar Soldaten, die gerade aus einem Gebäude mit kunstvollen Schnitzereien kamen. Bunte Lampions baumelten von der Traufe. Die Soldaten hatten offenbar ordentlich dem maotai zugesprochen, denn sie lallten bereits und beschwerten sich lauthals darüber, wie schnell man sie hinausgeworfen hatte, weil sie beim Mah-Jongg kein Glück hatten. Ein Soldat mit kurz geschorenem Bürstenschnitt und langen, spindeldürren Beinen löste sich von einer Gruppe und bog schwankend in eine Seitengasse ab, wo er seinen Hosenschlitz öffnete und mit einem erleichterten Seufzen gegen die Wand urinierte.
    Chang ließ ihn in aller Ruhe fertig pinkeln, schlich sich dann leise von hinten an und legte ihm einen Arm um den Hals und presste die Hand fest auf seinen Mund. Der Soldat versteifte sich und versuchte, sich umzudrehen.
    »Ganz ruhig, Hu Biao, oder du läufst Gefahr, dass ich dir deinen nutzlosen Hals breche.« Chang flüsterte die Worte in das Ohr des Mannes, kaum hörbar in der nächtlichen Brise. Dann lockerte er seinen Griff.
    Der Soldat fuhr herum. »Mensch, Chang An Lo, du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt.«
    Chang senkte den Kopf zu einer gut gelaunten Verbeugung. »Hör schon auf zu grunzen wie ein Schwein am Spieß, Biao.«
    Hu Biao schlug sich mit den Fingerknöcheln an die Schläfe. »Bitte um Verzeihung, mein Herzensbruder.« Er beugte sich näher zu ihm, wobei Chang seine Ausdünstungen in die Nase stiegen; er roch nicht nur nach Alkohol. Hu Biao fragte leise: »Was machst du hier in diesem verdammten Dorf?«
    »Nach dir suchen.«
    »Warum nach mir?«
    »Man hat mir gesagt, deine Einheit sei hier untergebracht. Habe gehört, die Kämpfe im Tal seien übel gewesen, und da wollte ich sehen, ob deine elenden Ohren noch an deinem Kopf sitzen.«
    Ihre Feinde schnitten den Gefallenen nämlich die Ohren ab und fädelten sie auf einem Draht auf.
    »Sind beide noch dran«, sagte Biao lachend und drehte seinen Kopf hin und her, um sie Chang zu zeigen. Er lehnte sich an die Wand.
    Doch Chang hörte die Anspannung in seiner Stimme, die täglichen Adrenalinschübe, die des Nachts mit maotai und einer Pfeife mit der schwarzen Paste besänftigt werden mussten, bevor es am nächsten Tag wieder in die Schlacht ging.
    »Dann hast du es gut gemacht, mein Freund.«
    »Was tust du denn hier unten, Chang? Ich dachte, du wärst irgendwo im Norden.«
    »War ich auch, aber man hat mich nach Guitan beordert.« Selbst im Halbdunkel entgingen Chang nicht Hu Biaos eingefallene Wangen und mageren Glieder, die ihn an eine Vogelscheuche erinnern ließen. Er hatte Angst um Yi-lings Sohn. »Meine Eskorte hat zehn li von hier entfernt ein Lager aufgeschlagen. Sie sind alle betrunken. Morgen werde ich in Guitan erwartet, um Maos Befehle zu empfangen.«
    Biao stieß sich von der Wand

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