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Die Sehnsucht der Krähentochter

Die Sehnsucht der Krähentochter

Titel: Die Sehnsucht der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Adolfs Tod stellte auch für mich ein Ende dar. Aber nicht
mit dem Hintergrund, den du möglicherweise gehört hast.« Er ließ ein paar Sekunden
verstreichen, ehe er fortfuhr: »Vorhin benutzte ich die Worte ›lausiger
Verräter‹. Du kannst mir eines glauben, Bernina, ein Verräter war ich nie.«
    »Was passierte damals,
als Gustav Adolf starb? Wie kam es, dass du danach …«
    »… in der Versenkung verschwandest?«,
setzte er ihren Satz fort.
    »Es tut mir leid«, sagte
sie rasch. »Das geht mich nichts an. Es war nicht richtig von mir, so
unverblümt nachzufragen.«
    »Eines Tages werde ich
es dir erzählen. Eines Tages. Dir, als erstem Menschen überhaupt. Weißt du,
wann das sein wird?«
    Sie warf ihm nur einen
ganz kurzen Blick zu und erwiderte nichts darauf.
    »Wenn ich dich endlich
für mich gewonnen habe, Bernina.« Offen und unverblümt flogen die Worte ihr zu.
»Dann kannst du alles über mich erfahren.«
    »Dieser Tag wird niemals
kommen.«
    »Aber du kannst mir
nicht verbieten, weiter um dich zu kämpfen.«
    »Es war ein Fehler, dass
wir zu dritt …«
    »Mit mir sind eure
Chancen besser, falls sich Gefahren ergeben«, fiel er ihr erneut ins Wort. »Und
je näher ihr dem Schwarzwald und Teichdorf kommt, desto sicherer sind Gefahren.
Ihr geht dorthin, wo dir viel Leid angetan wurde – und seid auf euch allein
gestellt. Ich werde es sein, der euch in die Heimat bringt. Als Dank dafür,
dass du mir immer wieder die Augen geöffnet hast. Nicht nur mit deinem
Augentrostkraut. Deine Medizin ist stets eine gute Wahl, das sagt mir mein
Herz.«
    Erneut zog sie es vor,
ihm keine Antwort zu geben. Während sie weiterhin die Wellen betrachtete, die
am Rumpf der Galeone brachen, lauschte sie den Schritten, mit denen sich Nils
Norby schließlich entfernte.
     
    *
     
    Als das Schiff vor Anker ging, vom Wind hin und her geworfen,
spürten sie, dass die zuletzt über Spanien hinwegziehende Kühle nur ein
schwacher Vorgeschmack war. Das Festland empfing sie mit einem Wolkenbruch, der
ihnen eisigen Schneeregen entgegenschleuderte. Im Hafen einer kleinen
französischen Stadt verabschiedeten sie sich von Kapitän Mendoza, der mit
militärischem Gruß vor Nils Norby die Hacken zusammenschlug. Ein letzter Blick
zurück galt der Isabella, die auf dem wild gewordenen Wasser regelrecht zu
hüpfen schien.
    Auch beim Verlassen des
Schiffes musste Anselmo gestützt werden. So gut sich auf der Isabella die
Heilung seiner Verletzung entwickelt hatte – jetzt machten sich plötzlich
Anzeichen einer neuen Entzündung bemerkbar. Während sich Anselmo und Bernina im
engen Mietzimmer eines dunklen, muffigen Gasthauses fürs Erste einzurichten
versuchten, machte sich der Schwede auf ins Zentrum des kleinen Ortes, um die
Vorbereitungen für ihre Weiterreise in die Wege zu leiten. Mit einem
Lederbeutel voller Münzen, die ihnen von Elena aufgedrängt worden waren,
kümmerte er sich darum, neue Pferde, einen Planwagen und wärmende Kleidung zu
beschaffen. Außerdem legte er sich neue Waffen zu, denn er trug nach wie vor
nichts bei sich als den Degen, den er einem der Toten abgenommen hatte.
    »Du siehst, dass Norby
uns auf verschiedene Weise helfen kann«, sagte Bernina unterdessen zu Anselmo.
»Ich finde es gut, dass wir ihn haben. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es dir
nicht gut geht.«
    »Mir geht es bestens«,
entgegnete er.
    Sie sah, dass das nicht
zutraf. Von Neuem kam das Fieber, er wirkte schwach. Bernina brach auf in die
umliegenden, von Kälte und Wind kahl gewordenen Wälder. Doch ihre Suche nach
Heilkräutern war nicht sonderlich erfolgreich. Zwar versuchte sie ihn mit dem
wenigen, auf das sie stieß, so zu behandeln, wie es ihre Mutter ihr einst
beigebracht hatte, das Brennen in Anselmos Stirn allerdings ließ sich kaum
mildern.
    Ungeachtet
seines Zustandes setzten sie ihren Weg fort. Anselmo, in Decken eingewickelt,
unter der Plane des Wagens, Bernina auf dem Bock und Norby als Führer auf einem
Hengst, der nicht halb so eindrucksvoll war wie jener, auf dem er vor langer
Zeit urplötzlich ins Lager der Armee der Unsichtbaren geritten war. Diesmal
würden sie sich an den Gebirgen und deren unvorhersehbaren Gefahren
vorbeischleichen. Norby hatte sich offenbar schon während der Schiffsfahrt,
anhand einiger Landkarten Kapitän Mendozas, über sinnvolle Strecken Gedanken
gemacht. Zielstrebig ließ er sein Pferd vorantraben, den Blick nach Norden
gerichtet, dorthin, wo irgendwo das Ende Frankreichs und der Beginn

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