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Die Sehnsucht der Krähentochter

Die Sehnsucht der Krähentochter

Titel: Die Sehnsucht der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Besonderes. Ich würde sie überall
wieder erkennen.«
    »Und die Menschen, die
Sie in den Tod schickten?«
    »Ich habe Ihnen ja schon
einmal gesagt: Um zu überleben, muss man hin und wieder dem Teufel ins Gesicht
spucken.«
    »Und ich habe Ihnen
schon einmal gesagt, dass ich nichts von jämmerlichen Ausreden halte.«
    Wieder lachte er auf,
diesmal jedoch anders. Bernina spürte, dass sie ihn an einer empfindlichen
Stelle getroffen hatte.
    »Nun ja«, meinte sie mit
zurückhaltender Stimme, »manchmal sage ich einfach, was ich denke.«
    »Davon bin ich
überzeugt.« Sein Grinsen hatte sich verflüchtigt. »Wir leben eben in höllischen
Zeiten.«
    »Aber genau das habe ich
ja gemeint: Man kann nicht immer die Zeiten als Entschuldigung vorschieben. Von
mir aus kann man aufgeben. Von mir aus kann man auch den Freitod wählen. Doch
…«
    »Ja?«
    »Ich weiß nicht, wie ich
es sagen soll, also sage ich’s am besten auf einfache Weise.«
    »Bitteschön.«
    »Bevor ich Henker würde
…«
    Aufmerksam betrachtete
er sie.
    »… würde ich mich lieber
selbst umbringen. Auch wenn der Henker das Urteil nicht spricht: Allein es nur
auszuführen, ist etwas, das …« Sie verstummte.
    Sein Blick blieb
unverändert, aber er sagte nichts.
    »Verzeihen Sie. Ich habe
kein Recht, über jemanden zu richten.« Bernina lächelte traurig. »Aber sehen
Sie, meine Mutter ist auf dem Scheiterhaufen gestorben.« Und sie setzte noch
mit Bitternis hinzu: »Offenbar hat man sehr schnell Ersatz für Sie gefunden.«
    »Das mit Ihrer Mutter
tut mir leid. Und glauben Sie mir, das ist wirklich nicht einfach nur
dahergeredet. Es tut mir sehr leid.«
    »Danke«, sagte sie leise.
    »Ich weiß auch, dass auf
Sie in Teichdorf wohl das gleiche Schicksal gewartet hat.« Auf einmal blickte
er ins Nichts. »Sie hatten recht. Ich habe mich hinter jämmerlichen Ausreden
versteckt. Aber ich habe damit Schluss gemacht. Etwas spät, gewiss.«
    Bernina betrachtete ihn,
während er sprach. Der Glanz in seinen Augen ließ keinen Moment lang nach. Im
Gegensatz etwa zu Anselmos einschmeichelndem Akzent kamen die Laute aus seiner
Kehle hart und kraftvoll, wie die Schläge eines Hammers. Ein rätselhafter Mann.
    Nachdem er in Schweigen
verfallen war, sagte sie: »Ich habe durch einen Zufall gehört, dass Sie
Teichdorf verlassen haben.«
    »Richtig. Die Wölfe, auf
die ich Jagd machte, erschienen mir nicht unbedingt die furchteinflößendsten
Bewohner dieser Gegend zu sein.«
    »Warum sind Sie dann
noch in der Nähe gewesen? Sie müssten doch schon recht weit gekommen sein.«
    Jetzt war sein Grinsen
wieder da. Er rückte näher an sie heran. Seine Hand kam auf sie zu, und als sie
schon davon überzeugt war, er wollte sie berühren, griff er nach dem Apfel, der
noch neben ihr lag.
    »Ja, das hätte ich. Sehr
weit sogar.« Der Wolfsjäger biss in den Apfel.
    »Wie heißen Sie
eigentlich?«
    »Mein Name ist Nils
Norby.«
    »Ich bin …«
    »Ich weiß, wer Sie sind,
Bernina.« Schwungvoll kam er auf die Beine, den Blick auf die Pferde gerichtet.
»Wenn Sie sich etwas erholt haben, sollten wir verschwinden. Womöglich treiben
sich Ihre spanischen Freunde ja doch noch irgendwo hier herum.«
    Bernina stand ebenfalls
auf. Das Essen und ein wenig Schlaf hatten geholfen, ihre Erschöpfung zu
überwinden. Zumindest fürs Erste. »Aber ehrlich gesagt habe ich im Moment keine
Ahnung, wohin es eigentlich weitergehen soll.«
    Sie fühlte eine
Verlorenheit in sich, eine große Leere.
    »Das Dorf und Ihr Hof
sind Orte, an denen Sie sich besser nicht zeigen sollten.« Mit einer Sanftheit,
die Bernina überraschte, strich er seinem Reitpferd über den Hals. »Am besten,
wir folgen derselben Richtung wie bisher. So müssten wir doch in dieses
Ippenheim gelangen, oder?«
    Bernina nickte. »Ja, die
größte Stadt in der Nähe.«
    »Warum also nicht?«,
meinte er leichthin. »Auf jeden Fall sollten wir noch etwas mehr Abstand
zwischen Sie und Teichdorf bringen.«
    Sie saßen auf, und wie
zuvor übernahm der Wolfsjäger die Führung. Bernina folgte dicht auf, den Blick
in die Wälder ringsum und immer wieder auf den breiten Rücken des Mannes
gerichtet. Mit sicherem Gespür suchte er sich seinen Weg und gönnte den Tieren
dabei einen ruhigen Schritt. Nicht die Gegend schien ihm vertraut zu sein, eher
Situationen wie diese, in der sie sich gerade befanden. Situationen der Gefahr.
Bernina erkannte es allein schon an der Art, wie er auf dem Pferderücken saß,
mit dem Sattel verwachsen, lässig

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