Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
schwarz und verklebt von Blut. »Mir wäre sicher noch etwas eingefallen. Doch dieser Vampir hat Freunde. Sie werden bald zurückkehren und alles andere als erfreut sein, wenn sie ihn so sehen. Und wenn ich seinen Körper nicht sofort verbrenne, wird er wiederauferstehen.«
»Nette Vorstellung«, sagte Joie und drehte sich misstrauisch zu dem widerlichen Leichnam um. »Zum Glück für dich reise ich mit einer Ärztin. Meine Schwester Gabrielle ist ziemlich verrückt, weil sie ständig in irgendwelche Mikroskope starrt und uns Vorträge darüber hält, dass wir nur Parasiten auf der Erde sind, aber zugegebenermaßen hat sie auch gewisse Fähigkeiten.«
Jubal kam herein, in geduckter Haltung und mit einer Waffe in der Hand. Seine Gesichtszüge waren ganz hart und eckig vor Entschlossenheit. Gabrielle spähte in die Kammer und stieß einen leisen Schrei aus, als sie Traians blutüberströmten Körper sah. Sofort wollte sie zu ihm hinübereilen, doch Jubal hielt sie am Arm zurück.
»Erklär.« Mehr sagte er nicht, aber es klang wie ein Befehl.
Joie beeilte sich, es zu tun, und stolperte dabei über das Wort Vampir . Die Kreatur lag auf dem Boden und sah abstoßend und Furcht erregend aus, doch im Gegensatz zu ihr hatte ihr Bruder nicht gesehen, wie sie ihre Zähne in Traians Nacken geschlagen hatte. Deshalb presste Joie die Lippen zusammen und beobachtete Jubal aufmerksam.
»Wir müssen uns beeilen, Jubal«, sagte Gabrielle. »Dieser Mann kann nicht in diesem Zustand bleiben. Er braucht schnellstens medizinische Hilfe.«
Joie bemerkte, dass Traian keinen Versuch unternahm, irgendwelche Erklärungen abzugeben, sondern sich seine Energie aufsparte und es ihr überließ, ihre Geschwister aufzuklären.
Gabrielle machte den ersten Schritt, da ihre mitfühlende Natur die Oberhand über ihre Vernunft gewann. Sie vermied es sorgfältig, den Vampir auch nur anzusehen, und trat vor Traian, um sich die zugespitzen Pflöcke anzusehen, die ihn an der Wand festhielten.
»Du kennst die seltsamsten Leute, Joie«, murmelte sie. »Ich möchte nicht mal fragen, wo du ihm begegnet bist.«
Haben alle in deiner Familie den gleichen bizarren Humor? , fragte Traian.
Joie nickte. So ziemlich alle. Wir mussten etwas Humorvolles an allem finden, um zurechtzukommen. Entweder das oder Weinen. Aber Lachen ist besser.
Gabrielle runzelte die Stirn und trat näher. »Ich muss die Verletzungen untersuchen. Tut mir leid, wenn ich Ihnen dabei wehtue«, sagte sie und betastete vorsichtig die Wunde an Traians Schulter, wo der Pfahl durch seinen Körper getrieben worden war. »Jubal, du musst diese Pflöcke herausziehen. Sie gehen durch den ganzen Körper und reichen bis in die Wand hinein.«
»Wird er nicht verbluten, wenn ich sie herausziehe?«, fragte Jubal. Er war Gabrielle bis in die Mitte der Kammer gefolgt, aber bei dem Vampir stehen geblieben, um auf den Knien hockend den Untoten zu untersuchen. »Der Kerl bewegt sich. Ich glaube nicht, dass er tot ist.«
»Stoßen Sie das Messer tiefer hinein, und schneiden Sie ihm das Herz heraus. Das wird uns etwas mehr Zeit verschaffen«, schlug Traian vor.
Jubal starrte ihn entgeistert an. »Machen Sie sich lustig über mich?«
»Nein. Er wird sich wieder erheben, und das schon bald. Der einzige Weg, einen Vampir unwiderruflich zu töten, ist, sein Herz zu verbrennen.« Traian schloss die Augen, holte tief Luft und warf sich gegen die Pfähle, die ihn an der Wand festhielten.
Blut spritzte aus den Wunden um die Pflöcke, und Gabrielle sprang zurück, wobei sie fast über Joie stolperte. »Nicht! Damit machen Sie es nur noch schlimmer. Du musst uns helfen, Jubal.«
»Nein! Sie müssen dem Vampir das Herz herausschneiden, und achten Sie darauf, dass kein Blut an Ihre Haut kommt. Es wirkt wie Säure und brennt sich durch Fleisch und Knochen«, warnte Traian.
Jubal sah ihm nur schweigend in die Augen.
»Wenn Sie es nicht können«, fuhr Traian ruhig fort, »muss Ihre Schwester es tun. Dieses ätzende Blut wird die Messerklinge zerfressen, und dann ist er wieder frei.«
»Ich tue es, Jubal«, entschied Joie schnell, obwohl sich ihr bei der bloßen Vorstellung der Magen umdrehte. Sie war auch nicht sicher, ob sie überhaupt den Mut aufbringen würde, das abscheuliche Wesen anzufassen, schon gar nicht jetzt, da es sich wieder bewegte.
»Den Teufel wirst du tun«, versetzte ihr Bruder und griff nach dem Heft von Joies Messer. Dann sah er sich nach Traian um. »Aber Sie sollten uns lieber die
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