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Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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in dieser langen Nacht begegnet waren, wäre dieser Gedanke auch wirklich lächerlich gewesen.
    »Möglich wäre es«, räumte Jubal ein. »Wir fühlten uns schon immer zu dieser Gegend hier hingezogen, und Dad wollte nie, dass wir hierherkamen. Ich denke, dass er seine Geheimnisse hat und dass die Geschichten, die er uns erzählte, vielleicht wahrer waren, als wir dachten.«
    »Das Gleiche sagt auch Traian. Er traut Magiern überhaupt nicht, und ich bezweifle, dass andere wie er viel von ihnen halten. Vielleicht sollten wir vorsichtig mit solchen Spekulationen sein und sie höchstens unter uns dreien anstellen«, gab Joie zu bedenken. »Zumindest, bis wir Gelegenheit bekommen, mit Dad zu reden.«
    »Einverstanden.« Gabrielle gähnte wieder. »Und jetzt gehe ich ins Bett.«
    »Das sollten wir alle tun«, stimmte Jubal zu.
    »Bleibt tagsüber in euren Zimmern«, riet Joie und berichtete ihnen, was Traian über Vampire und menschliche Marionetten gesagt hatte. »Wir können alles andere heute Abend besprechen, wenn er wieder da ist, und uns dann überlegen, wie es weitergehen soll.«

Kapitel acht
    J oie träumte von einem Mann, der das Gesicht eines Engels und den Körper des Teufels hatte. In jeder Sekunde ihres Traumes konnte sie ihren eigenen aufgeregten Herzschlag hören – ob ihr Herz jedoch aus Furcht oder freudiger Erregung so wild pochte, war ihr selbst nicht klar. In einem Moment lief sie um ihr Leben, im nächsten lag sie in Traians Armen und küsste ihn immer und immer wieder. Monster geisterten durch ihren Traum, die sie jagten und Traian zerfleischten. Aus dem Hintergrund verfolgte ihr Vater alles mit ganz eigenartigen Augen. Er stand einfach nur mit einer glühenden Kugel in den Händen da und tat nichts, um ihnen beizustehen. Eine große gefleckte Raubkatze neben ihm beobachtete Traian hungrig, und während eines der Monster an ihm zerrte, sprang die Katze in einem Satz zu ihm hinüber, krallte sich auf seinem Rücken fest und packte seinen Kopf mit ihren mächtigen Fängen.
    Über eine schier endlose Brücke aus Eis rannte Joie zu der Katze und stieß ihr ein Messer zwischen die Rippen, um Traian zu retten. Der Jaguar wandte den Kopf und sah sie an. Die hasserfüllten, bernsteinfarbenen Augen wurden langsam sanfter, und ein leidvoller, gequälter Ausdruck erschien darin. Joie blinzelte, um durch den Schleier ungewohnter Tränen das Gesicht besser erkennen zu können. Sie schnappte nach Luft und fuhr zurück, als Blut über die Flanke der Katze rann, sich auf dem Boden unter ihr zu einer Lache sammelte und sie, Joie, geradewegs in das Gesicht – und die Augen – ihrer Mutter schaute.
    In Tränen aufgelöst, mit wild pochendem Herzen und schmerzhaft enger Brust kämpfte Joie sich aus den Verflechtungen ihres düsteren Traumes heraus. Sie erkannte nicht einmal ihr Zimmer, nur das allumfassende Gefühl der Angst und Gefahr, das sie umgab, und die Waffe in ihrer Hand. Sie hielt sie schon auf den kleinen Raum gerichtet und suchte ihn nach Feinden ab.
    »Rumänien«, sagte sie laut in der zunehmenden Dunkelheit. »Du bist mit Gabrielle und Jubal und einem Mann, den du dir vielleicht nur ausgedacht hast, in Rumänien.«
    Und dann tauchte Traian langsam aus dem Dunkel auf, die Hände erhoben. Er war von wabernder Dunkelheit umhüllt, die ihn in einem Moment verbarg, um im nächsten seine markanten Züge wieder zu offenbaren. Joie schob die Waffe unter ihr Kissen und setzte sich im Bett auf. Es war sehr gut möglich, dass Traian nur ein Traum war und ihr Gehirn sie glauben machen wollte, dass er real war.
    »Du bist schon wieder hier.« Ihr Blick glitt langsam über ihn und suchte nach Verletzungen. Aber seine frischen Wunden waren schon fast verheilt, was eine ganz erstaunliche Leistung war, wenn Joie bedachte, wie er in den frühen Morgenstunden ausgesehen hatte, als er gegangen war. »Du hast Glück gehabt, dass ich dich nicht erschossen habe«, sagte sie und streckte wie abwehrend die Hände aus.
    Aber er lächelte nur und kam weiter auf sie zu. »Diesen Fehler würdest du nie machen. Du wirst mich immer und überall erkennen, Joie.«
    Das stimmte allerdings. Natürlich hatte sie sofort erkannt, dass er es war, als er aus dem Dunkel trat. Er war ein Mann, der ihr den Atem raubte. Wie banal das klang – und wie völlig uncharakteristisch für sie –, doch es war die nackte Wahrheit. Er kam an ihr Bett und bückte sich, nahm ihr Gesicht zwischen seine großen Hände und küsste sie. Sein Mund raubte ihr

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