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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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männlichen Duft ein.
    Sie hatte das beunruhigende Gefühl niederzustürzen, wenn sie ihn jetzt gehen ließ.
    Immer noch hielten seine Hände stark und fest ihre Arme umfasst, und ihre Wärme drang durch den dünnen Stoff von Marguerites Ärmeln. Sie konnte spüren, wie seine Brust sich beim Atmen hob und senkte. Und ihr eigener Atem ging im Einklang mit dem seinen. Diesen einen vergänglichen Augenblick lang spürte sie, was es bedeutete, nicht allein durchs Leben gehen zu müssen.
    Doch dann war dieser Augenblick vorbei. Nikolai machte einen Schritt nach hinten, und das Gefühl von Einsamkeit kehrte zurück. Marguerite reckte die Schultern, hob stolz den Kopf und widerstand dem Bedürfnis, die Arme fest um ihren Körper zu schlingen als Schutz gegen diese eisige Leere in ihr.
    Nikolai lächelte nicht. Er sah sie nicht einmal richtig an, sondern betrachtete irgendetwas über ihrem Kopf. „Soll ich Euch wieder zu Eurem Platz bringen, Madame?“, fragte er mit gepresster Stimme.
    Marguerite schüttelte den Kopf. Sie konnte jetzt nicht Pater Pierre gegenübertreten und noch nicht einmal Doña Elena mit ihrem reizenden Lächeln. „Ich brauche dringend ein wenig frische Luft“, murmelte sie. „Ich glaube, ich werde draußen ein wenig spazieren gehen.“
    „Lasst mich Euch begleiten.“
    Wieder schüttelte sie den Kopf. Er war die Ursache ihrer Verwirrung. Wenn er bei ihr war, fiel es ihr schwer, sich auf ihre eigentliche Aufgabe zu konzentrieren. Dann konnte sie nicht die „Smaragdlilie“ sein, kalt und gnadenlos. „Ihr solltet zu Señorita Alva zurückkehren.“
    Nikolai lachte. „Um die Wahrheit zu sagen, auch ich bekomme hier drinnen keine Luft. Hier sind viel zu viele Leute, viel zu viel Weindunst. Außerdem möchte ich Doña Elena nicht auch noch in ihren Verkuppelungsabsichten ermutigen.“
    Marguerite hätte gerne widersprochen und wäre davongelaufen, doch sie befürchtete, dass ihre Beine sie nicht tragen würden. Sie fühlte sich so durcheinander und so schrecklich traurig. Sie nickte, und er nahm ihre Hand und führte sie durch die wogende, lachende Menge. Das Gedränge, das laute, trunkene Schwatzen, König Henrys bellendes Lachen – das war ihr alles in diesem Moment zu viel. Sie hatte hart gekämpft, um zu dieser Welt zu gehören, um sich in ihr einen Platz zu erobern. Doch heute Abend konnte sie sie nicht ertragen.
    Was stimmt nicht mit mir?, fragte sie sich verwundert. Sicher brauchte sie einfach nur frische Luft, musste nur wieder einen klaren Kopf bekommen und ihre Entschlossenheit zurückgewinnen.
    Der einzige Weg, das zu erreichen, war vielleicht, Nikolai Ostrowski in die Themse zu stoßen!
    Während sie aus dem Festsaal in die kalte Nacht hinaustraten, kicherte Marguerite bei der Vorstellung eines Nikolai, der kopfüber in den Fluss stürzte, in den Wellen verschwand und sie zurückließ, damit sie wieder werden konnte, was sie zuvor gewesen war: kalt und überlegen. Das Ärgerliche war nur, dass er sie sehr gut mit sich in die Fluten ziehen konnte.
    „Was bringt Euch zum Lachen, Madame?“, fragte er, während sie einen der Gartenpfade entlangliefen, die erhellt vom Licht der Sterne vor ihnen lagen. Weit weg von neugierigen Augen schlüpften sie hinter eine sie schützende Hecke.
    Marguerite schüttelte den Kopf. „Ich habe nur über eine Idee lachen müssen.“
    „Es freut mich, dass Ihr wieder genug Luft schöpfen könnt, um über Späße zu lachen.“
    Sie sog tief die kalte Luft ein, die nach Rauch schmeckte. Und sie staunte darüber, dass sie atmete, dass ihre Lungen sich dehnten, sich öffneten, dass sie ihre Umgebung mit allen Sinnen wahrnahm. Den klaren Windhauch, den eisigen Fluss und die unter der Erde schlummernden Blumen. Die Steine, das Gras und Nikolais Duft.
    Sie fühlte sich wie berauscht, als hätte sie zu viel von dem rubinroten Wein getrunken. Sie erinnerte sich daran, wie sie beim Tanzen das Gefühl gehabt hatte zu fliegen, und wirbelte jetzt, den Kopf in den Nacken gelegt, im Kreis herum. Diese unendlich vielen Sterne. Marguerite stellte sich vor, wie ein Vogel hinauf in den funkelnden Himmel zu schweben.
    Was war heute Abend nur in sie gefahren? War es der Tanz, die Musik? Sie wusste es nicht. Sie konnte nur immer wilder herumwirbeln und breitete die Arme aus, um alles um sie herum in sich aufzunehmen.
    Bald genug würde die Wirklichkeit sie wieder eingeholt haben, die Tatsachen, die ihr Leben ausmachten – Enttäuschung und Niederlage.
    Nikolai lachte und griff

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