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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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ihrem heißen, stürmischen Liebesspiel war sie nun ergriffen von einer verträumten Mattigkeit. Doch seine ruhigen Worte weckten sofort ihre Wachsamkeit. Sie hörte auf, ihn zu streicheln. „Was meinst du mit danach ? Nichts, denn er – er war tot.“
    „Verdientermaßen. Nur ein Schuft überfällt ein Mädchen. Aber wie kam es nach dieser Tat der Selbstverteidigung dazu, dass …“
    „Dass ich zur ‚Smaragdlilie‘ wurde?“ Sie setzte sich auf, lehnte sich gegen die Kissen und zog das zerknitterte Betttuch über ihre nackten Brüste. Nikolai rollte sich auf die Seite, stützte den Kopf in die Hand und sah sie an. Sie fühlte sich durch diesen Blick wie festgenagelt, konnte sich aber weder abwenden noch von seiner Frage ablenken.
    „Ich entdeckte, dass ich beängstigend gut war im Töten“, sagte sie schließlich. „Wegen des Fechtunterrichts und all den Handbüchern über Kriegsführung, die ich in der Bibliothek meines Vaters gelesen hatte. Auch war ich gut darin, böse Taten zu vertuschen und den Anschein von weiblicher Unschuld und Unwissenheit zu erwecken. Und ich liebte den Beutel Gold, mit dem der König mich belohnte. Bis zu der Zeit hatte ich verbergen können, in was für einer schrecklichen Notlage ich war. Doch viel länger hätte ich nicht mehr so weitermachen können. Ich hielt es für eine wunderbare Sache, Geld dafür zu bekommen, Frankreich von seinen Feinden zu befreien.“
    „Glaubst du das immer noch?“
    Sie zuckte die Achseln. „Ich kenne nichts anderes, keine andere Lebensweise. Es ist alles, was ich jetzt habe.“
    „Ich denke, du könntest alles haben und tun, was du möchtest.“ Er nahm ihre Hand und drehte sie um, um die Innenseite zu betrachten, die glatten Linien, die weiche, rosige Haut. Die Finger wiesen am Ansatz leichte blasse Schwielen auf, die vom Degen herrührten. „Du weißt, ich kann es nicht zulassen, dass du Doña Elena oder ihrem Gatten etwas antust. Ich habe geschworen, sie zu beschützen.“
    Marguerite schlang die Finger um die seinen. „Und ich schwor, dafür zu sorgen, dass diese Allianz zustande kommt. Doch ich werde Doña Elena nichts antun. Sie ist freundlich zu mir, wenn ich auch nicht begreifen kann, warum.“
    Die Hände ineinander verschränkt, lagen sie lange schweigend da. Marguerite schaute Nikolai an und war wie immer von ihm fasziniert.
    „Jetzt kennst du meine schmutzige Vergangenheit“, meinte sie. „Meine schäbige Kindheit. Was ist mit dir, Nikolai?“
    „Mit mir?“ Er grinste sie an und hob ihre Hand an die Lippen, um ihre Fingerknöchel und die Mulde ihres Handgelenks zu küssen. „Ich bin ein offenes Buch, dorogaja .“
    Sie schüttelte den Kopf. „Du bist der einzige Mensch, den ich überhaupt nicht deuten kann. Deine Eltern müssen auch Schauspieler gewesen sein, denn sie haben dich nur allzu gut in dieser Kunst unterrichtet.“
    Er ließ sie los und lehnte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Händen bequem zurück. „Meine Eltern waren Kaufleute in Moskau“, begann er. „Mein Vater handelte mit Pelzen aus dem Norden, Gewürzen und Seide aus dem Osten. Wir lebten im Wohlstand, meine Eltern, meine Schwester Alexandra, die noch ein kleines Kind war, und ich.“
    Marguerite hatte Mühe, sich ihn im komfortablen Haus eines Moskauer Kaufmanns vorzustellen, gehüllt in die langen Gewänder eines reichen Russen und mit Pfeffersäcken und Stoffballen Handel treibend. „Was wurde aus deinem angenehmen Leben?“
    „Sie starben an der Pest, als ich ungefähr acht Jahre alt war. Die ganze Stadt wurde davon heimgesucht. Ich selbst wäre auch fast gestorben, doch ich überlebte, um sie zu beerdigen.“ Er streckte das Bein aus, um ihr die feine Narbe an der Innenseite seines Schenkels zu zeigen, das rote Mal der Pest. „Auch Alexandra, meine schöne kleine Schwester.“
    Seine Stimme war leise, tonlos, ohne ein Zeichen von Gefühl. Doch Marguerite wusste, was es hieß, plötzlich allein zu sein und niemanden mehr zu haben, den man lieben konnte. Sie rutschte tiefer, bis sie die feine Narbe zart küssen konnte. Unter ihrer Berührung spannten sich seine Muskeln. „Was geschah dann?“
    Er grub die Finger in ihr Haar und wartete, bis ihr Kopf wieder an seiner Brust ruhte.
    „Ich hatte nur noch einen Verwandten, Alexej, der jüngere Bruder meines Vaters. Onkel Alexej hatte sich nie für Geschäfte und Handel interessiert. Er wollte reisen, Dinge lernen, magische Dinge. Er war so etwas wie ein Spitzbube, eine rastlose Seele. Als er

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