Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)
dich hören.“ Arielle erhob sich und drückte Serena die Hand. Einen Moment lang flammten um sie herum weiße Lichter auf, und Serena wurde von einer leuchtenden Aura umgeben. „Benutz das Licht, um dich in der Hölle zu schützen. Und vergiss nicht, du musst die Liebe in deinem Herzen bewahren. Und eins noch: Denk daran, du hast die Erkenntnis erlangt.“
Julian brannte. Das Fieber fraß ihn auf, seine Gedanken durchwanderten endlose Albtraumszenarien. Er wechselte zwischen Bewusstsein und Bewusstlosigkeit, unfähig zu unterscheiden, wo er war. Er wusste nur, dass er auf einer Oberfläche festgebunden und sein Oberkörper nackt war. Er wand sich und krümmte sich, doch er konnte dem Schmerz, der seinen Körper heimsuchte, nicht entgehen.
Corbin stand über ihm. Das Fleisch in seinem Gesicht schmolz zu einem nackten Totenschädel, aus dem die Augäpfel hervortraten. Corbins kahler weißer Schädel hob sich ab gegen seinen dunklen, zu einem Dauergrinsen verzerrten Mund. „Du erinnerst dich doch an Brooke, nicht wahr, Julian? Du hast ihr Leben ruiniert. Sie wartet hier unten auf dich.“
Brooke Bentleys leuchtende Schönheit hatte bereits unter ihrem wilden Leben auf der Erde gelitten. Doch die Hölle hatte sie zu einer Kreatur gemacht, die Julian nicht wiedererkannte. Alles Menschliche war ihr abhandengekommen, sie war nur noch die groteske Parodie der Frau, die sie einmal gewesen war. Die Haut, die Julian einst gestreichelt hatte, hing ihr in blutverkrusteten Fetzen vom Leib. Vertrocknete Flechten baumelten in ihrem stumpfen rotbraunen Haar und ein stechender Gestank ging von ihr aus. Ihre Hände bestanden nicht mehr aus Fingern mit Fingernägeln, sondern aus Greifvogelklauen. Die Frankensteinversion einer Harpyie.
„Du sollst leiden für das, was du mir angetan hast. Mir und all den anderen Frauen“, kreischte sie und holte mit einer ihrer Pranken nach seinem Bauch aus.
„Nein!“ Ein heftiger Schmerz durchfuhr Julian, als hätte sie sein Zwerchfell mit einem glühenden Eisen verbrannt. Doch als er an sich heruntersah, war sein nackter Oberkörper unverletzt. War seine Folter Einbildung? Letztendlich war das egal, denn in diesem Albtraum von Hölle war sein Schmerz jedenfalls echt.
Brooke fing an zu lachen. Ihr Gegacker brach sich als vielfaches Echo in der Höhle, infernalisch laut. Er presste die Augen fest zusammen.
Nichts konnte ihn retten. Er war verdammt und würde für immer endlose Qualen erleiden. Aber er verdiente es nicht anders. Für Serena hatte er um göttlichen Beistand gebetet, aber für sich selbst konnte er nichts tun. Da half kein Beten mehr. Es gab keine Hoffnung, keine Erlösung.
Bedauern. Seit er sein menschliches Leben hinter sich gelassen hatte, hatte dieses Wort für ihn keine Bedeutung mehr gehabt. Als die Kugel seiner Pistole das Herz von Lucianas Ehemann durchbohrte, wusste er noch, was Reue hieß. Doch dieses Wissen war ihm in der Hölle ausgebrannt worden, war von den Flammen zerstört worden wie Papier. Sein Bedauern war zu Verbitterung und Boshaftigkeit verschmolzen.
Seine Gedanken wanderten zu Serena. Durch die Liebe zu ihr hatte er wieder gelernt, was Bedauern und was Reue bedeuteten. Er verdiente es, bestraft zu werden. So viele Menschenleben hatte er zerstört, so vielen Menschen hatte er ebendiese Höllenqualen zugefügt. Was er getan hatte, hatte zur Misshandlung vieler Tausend Seelen geführt, und dafür musste er seine gerechte Strafe empfangen. Vor allem musste er dafür büßen, dass er Serenas Leben aufs Spiel gesetzt hatte. Er hatte mit der Göttlichkeit gespielt und war kurz davor gewesen, sie zu verderben.
Als Brooke wieder ihre nadelspitze Klaue in ihn hieb, war Julians einziger Trost, dass Serena wenigstens jetzt in Sicherheit war.
Der Himmel in Julians Hölle war dunkelgrau, die Wolken türmten sich zu dicken Gebilden auf, die jeden Moment zu platzen drohten. Sie schossen mit einer beängstigenden Geschwindigkeit dahin und verursachten bei Serena ein Schwindelgefühl, während sie hinter Gabriel herging. Um ihren Magen zu beruhigen, konzentrierte sie sich auf seine weißen Schwingen, die sich hell von der düsteren Wolkenlandschaft abhoben.
In der Ferne konnte man die Umrisse eines verfallenen englischen Herrenhauses erkennen, das sich auf einem Hügel erhob. Gabriel hob mit gedämpfter Stimme zu einer Erklärung an. „Das ist Julians Stammhaus. Es kommt in seiner Version der Hölle vor, weil es in seinen größten Ängsten auftaucht.“
„Wo ist
Weitere Kostenlose Bücher