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Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)

Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Dämons (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Chong
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herum begann sich eine neue Szenerie zu materialisieren. Ein regnerischer kalter Tag vor etwa einem Jahr. Da stand Serena am Straßenrand, bis auf die Haut durchnässt. Fünfzehn Meter vor ihr waren zwei Autos zusammengestoßen. Die Scheiben waren beschlagen, die Insassen nicht zu erkennen. Doch Serena wusste, wer in den Fahrzeugen saß. In dem einen eine Mutter mit zwei kleinen Kindern im Vorschulalter, im anderen Meredith. Der Geruch von Benzin hing in der Luft, ein Vorbote der Explosion, die sich ereignen sollte.
    Doch als Serena losrennen wollte, um die eingeschlossene Familie zu retten, konnte sie sich nicht bewegen. Corbin stand neben ihr und packte wieder ihren Arm. „Willkommen in der Hölle“, sagte er.
    „Ich habe keine Angst“, entgegnete sie schreiend, gegen die atemlose Kälte ankämpfend, die ihre Mundhöhle umfing. „Selbst wenn ich sie nicht retten kann, kommt diese Familie in den Himmel. Sie werden in Sicherheit sein, selbst wenn sie sterben.“
    Um sie herum begann es stärker zu regnen. Sie fror. Lautes Donnergrollen ertönte über ihr, und Corbin lachte dazu. „Nicht hier. Nicht in der Hölle. Du und die Personen, die du liebst, bleiben hier, in meinem Reich. Du. Julian. Dein Vater. Ihr werdet in ewiger Verdammnis leben.“
    „Was erlaubst du dir, über meinen Vater zu sprechen? Du hast keine Macht, über keinen von uns. Wir haben nichts getan, weswegen du uns hier gefangen halten könntest.“ Ohne Angst sah sie Corbin an. „Ich bin einmal mit dir durch die Hölle gegangen, und ich werde es nicht wieder tun.“ Wieder und immer wieder, dachte sie. Du hast die Erkenntnis erlangt. Du hast die Erkenntnis erlangt.
    Jetzt schubste er sie in den Regen. „Meinst du, das wäre so einfach? Meinst du, du könntest dir die Hölle einfach wegwünschen? So funktioniert das nicht! Jetzt wird nach meinen Regeln gespielt!“
    „Ich spiele nicht, Corbin.“ Serena erhob die Stimme. „Die Zeit der Spielchen ist vorbei.“
    Sie konzentrierte sich stärker. Du hast die Erkenntnis erlangt. Du hast die Erkenntnis erlangt.
    Wieder veränderte sich die Szenerie. Diesmal stand Serena vor der Tür ihres Elternhauses in Carmel. Sie sah an sich herunter und erkannte ihr pinkfarbenes Lieblingssweatshirt mit der Kapuze. Sie war wieder ein Teenager.
    Oh Gott, nein. Sie wusste, was sie im Haus erwartete. Sie wollte nicht hineingehen. Doch etwas drängte sie, die Tür zu öffnen. Wie in Zeitlupe sah sie ein Team aus Notärzten, das auf dem Fußboden kniete. Ein Mann, dessen blaue Augen sie geerbt hatte, starrte stumpf an die Decke.
    Einer der Notärzte sah sie an. Sein bernsteinfarbener Blick brannte sich ihr ein. Der Rest der Gestalten erstarrte, ihre Bewegungen blieben in der Luft stehen. Corbin stand auf und ging auf sie zu. „Er hat einen Pakt mit mir geschlossen“, sagte der Dämon und hängte sich mit unglaublich festem Griff an ihren Arm. „Du wirst nie darauf kommen, was er alles verwettet hat.“
    „Das ist nicht wahr!“, schrie Serena. „Mein Vater war ein guter Mann. Du hast keine Macht über ihn und auch nicht über mich!“
    „Du bist selbst kurz davor, ein Dämon zu werden.“
    „Das ist gelogen!“ Sie starrte ihm in die Augen und konzentrierte sich wieder auf den Satz, den Arielle zu ihr gesagt hatte. Du hast die Erkenntnis erlangt. Du hast die Erkenntnis erlangt.
    In ihren Gedanken tauchten all die schönen Momente in ihrem Leben auf. An die Wellen, die auf den Strand von Carmel rollten. An die Mutter und die kleinen Mädchen, die sie gerettet hatte, die glücklich und in Sicherheit waren. An Meredith’ verrückte Kräutersude und ihre nächtlichen Ratschläge. Daran, wie es war, in Julians Armen zu liegen, gemeinsam mit ihm zu atmen und sich mit ihm zu vereinigen. Sie stellte sich vor, wie Licht aus ihrem Herzen in die Tiefe der Hölle drang, in die Corbin sie gebracht hatte, und wünschte jedem Wesen hier und außerhalb Glück. Wieder flackerte die Szenerie wie ein Bild, das jemand im Hintergrund auf eine lebensgroße Leinwand projizierte.
    Worte verließen ihre Lippen. Die mächtigste Anrufung Gottes, die sie kannte. Deum de deo. Lumen de lumine. Deum verum de deo vero. Sie sang die Worte, auf Latein und in ihrer eigenen Sprache. Deum de deo. Lumen de lumine. Deum verum de deo vero. Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott.
    Und da spürte sie plötzlich, dass Corbin keine Macht über sie hatte. Seine dämonischen Fähigkeiten reichten nur so weit, wie ihr Wille es

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