Die Sehnsucht des Dämons (German Edition)
auf, während sich neben dem Pool und auf dem Rasen Paare tanzend im Kreis drehten.
„Ich wünsche einen schönen Abend“, sagte der Wächter und verschwand, sich wieder verbeugend.
Julian hielt Hof. Er war von einer Traube schöner Frauen umringt. In der einen Hand hielt er ein Glas Champagner. Er sagte etwas, und die Frauen fingen an zu lachen. Offensichtlich buhlte jede Einzelne um seine besondere Aufmerksamkeit.
Neben ihm stand ihr Bruder. Er machte Fotos mit einer Kamera, die um seinen Hals hing. In diesem Moment drehte Andrew sich um. Er nahm die Kamera herunter und sah Serena lange an.
Als der Blick ihres Bruders sie traf, erstarrte sie.
In seinen Augen konnte sie Verwirrung lesen. Viele Menschen wussten, dass es Engel gab, die sich frei zwischen ihnen bewegten. Die meisten ahnten jedoch nicht, wie nahe die Engel ihnen mitunter kamen, und besaßen auch nicht die Fähigkeit, die Nähe göttlicher Wesen zu erkennen. „ Denk an das gruselige Gefühl, das du als Mensch immer hattest“ , hatte Arielle ihr kurz nach ihrem Tod erklärt, „ wenn du dachtest, jemand würde dich beobachten. Oder wenn du meintest, auf der Straße jemanden entdeckt zu haben, der dir irgendwie bekannt vorkam. Das war keine Einbildung.“
Serena sah genau dieses Gefühl, nämlich jemand Bekanntes entdeckt zu haben, in Andrews blauen Augen. Sie sah, wie er erschauderte und versuchte, ihr Gesicht einzuordnen. Seit ihrem Tod hatte sie ihren Bruder nicht mehr aus der Nähe gesehen. Ein paarmal war sie zwar in Carmel gewesen, um ihre Mutter und ihren Bruder aus der Ferne zu beobachten. Doch sie hatte immer dafür gesorgt, dass sie von ihnen unbemerkt blieb.
Am liebsten würde sie ihn jetzt umarmen. Ihr war zum Weinen zumute.
Nicht ihretwegen, sondern seinetwegen.
Da stand ihr Bruder, mitten im Feindesland. Im Reich des Dämons. Ihretwegen. Er bedurfte ihres Schutzes. Sie musste ihn aus Julians Klauen befreien.
In diesem Moment entdeckte der Erzdämon sie und hob sein Glas zur Begrüßung. Seine Augen funkelten, und sie spürte, wie die schwarzen Tiefen seiner Dämonenseele sie einfangen wollten und drohten, sie zu verschlingen.
In diesem Moment wollte sie ihn töten. Nicht nur, weil er ihren Bruder in Gefahr brachte, sondern auch, weil er Nick immer mehr in Gefahr brachte. Weil er versuchte, sie selbst zu verführen. Sie wollte ihn töten für all das Böse, was er den Seelen angetan hatte, die in sein Reich gelangt waren.
Niemals zuvor hatte sie den Wunsch gehabt, jemanden zu töten. Doch in diesem Moment wollte sie ihre Hände um Julians sonnengebräunten, muskulösen Hals legen und ihn vor der versammelten elitären Gästeschar erwürgen.
Es wäre so einfach.
Ein Akt der Gewalt, um viele Hundert Leben zu retten. Tausende. Vielleicht Millionen.
Plötzlich leuchtete ein greller Blitz im schwarzen Dunkel genau über ihr auf. Ein lautes Krachen übertönte den Klang von Musik und Gelächter.
Eine Warnung von oben.
Das Orchester unterbrach sein Spiel, und die gesamte Menschenmenge blickte nach oben. Die einzige Person, die nicht nach oben sah, war Andrew, der seinen Blick nicht von Serena abwenden konnte, als würde er ein Gespenst sehen. Eigentlich tut er das auch, dachte sie. Ihr Bruder schüttelte den Kopf, um sich selbst aus seiner Starre zu lösen.
„Seltsam. Keine Spur von Feuchtigkeit in der Luft.“ Nick betrachtete kopfschüttelnd den Himmel. Das Orchester begann wieder zu spielen, und die Gäste nahmen ihre Gespräche wieder auf. Jetzt ging der Schauspieler die Treppe hinunter und steuerte auf Julian zu. „Kommt, lasst uns den Gastgeber begrüßen.“
Der Erzdämon beugte sich nach vorn und flüsterte Andrew etwas zu. Sein Blick fiel noch einmal auf Serena, diesmal ohne jede Spur eines Wiedererkennens. Höflich lächelnd entschuldigte sich ihr Bruder und ging wieder hinein, um vor der Eisskulptur weitere Gäste zu fotografieren.
Erleichterung und Enttäuschung zugleich durchfluteten Serena. Julian sah sie an, und die Botschaft, die sie aus seinem Blick herauslas, war eindeutig: Nicht nur Erzengel können die Bilder eines Engels auslöschen, Erzdämonen auch.
„Wie schön, dass die Damen uns mit ihrer Anwesenheit beehren.“ Offensichtlich amüsierte sich Julian über seine eigene Ironie, denn er lächelte. „Und Nick, es ist immer eine Freude, dich zu sehen, mein Freund. Wie schade, dass du gerade meinen neuen Fotografen verpasst hast. Er heißt Andrew. Ein sehr begabter junger Mann. Ich spiele mit dem
Weitere Kostenlose Bücher