Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)
von etwas leben, und wie Sie am eigenen Leib erfahren haben, ist die Konkurrenz groß und noch weitaus skrupelloser.«
»Sie haben ziemlich umgesattelt, was?«, fragte O’Connor. »Dann hatten wir wohl Glück, dass die Red Vanessa letzten Endes doch heil in einem Hafen gelandet ist.«
»Glück und Miss Dorley an Bord«, erwiderte Charles trocken. »Andernfalls hätten wir uns diese Prise nicht entgehen lassen.«
»Was Miss Dorley betrifft«, hakte O’Connor sogleich nach, »wird sie uns hoffentlich die Freude machen, die Reise auf der Tuesday fortzusetzen. Wir nehmen von hier aus sofort Kurs auf Boston.« Er blickte seine Frau an, die lächelnd nickte.
»Nun, ich …«, fing Harriet überrascht an, wurde jedoch von Jessica unterbrochen.
»Das wäre eine wunderbare Idee. Ich würde mich sehr über Gesellschaft freuen.«
Harriet sah, wie Johnson alarmiert aufblickte und Charles sich anspannte. Seine Hand, die eben noch gelassen neben seinem Glas auf dem Tisch gelegen hatte, ballte sich langsam zur Faust.
»Ich hatte Ihnen angeboten, Sie nach Boston zu bringen, Miss Dorley«, sagte er mit einer Stimme, die verdächtig ruhig klang.
»Ich halte es für die beste Lösung, wenn Miss Dorley mit uns fährt.« Jack O’Connor sagte das in einem sehr bestimmten Tonfall.
»Aber ich …«
Harriet wurde von Charles unterbrochen, der sich erhob, ohne zu warten, bis der Gastgeber die Tafel aufhob. »Nun, wie Sie wollen, Miss Dorley. Ich wäre der Letzte, der zwischen Ihnen und Ihren Wünschen stünde.«
Du bist der Einzige, der es wirklich tut, dachte Harriet bestürzt, während sie ebenfalls aufsprang.
»Dann sollten wir hier nicht länger unsere Zeit verschwenden. Mr.Johnson«, Charles drehte ihr den Rücken zu und sah den Captain der El Capitano an, »bitte sorgen Sie dafür, dass Miss Dorleys Gepäck von der El Capitano und jene Dinge, die sie noch auf der Sea Snake hat, an Bord der Tuesday gebracht werden.«
Johnsons »Ja, Sir« klang bedrückt. Er warf Harriet einen fragenden Blick zu, ehe er sich vor Jessica verneigte. »Vielen Dank für die Einladung, Mrs.O’Connor. Captain O’Connor«, eine kleine, höfliche Verbeugung auch vor ihrem Gatten, dann ging er hinaus. Charles folgte ihm.
Harriet lief Charles bis aufs Deck nach und fasste nach seinem Ärmel. Er drehte sich zu ihr herum, löste sanft ihre Finger und trat einen Schritt zurück. In seinem Blick flackerte kurz etwas auf, aber sie konnte diese Emotion nicht fassen. War es Enttäuschung? Ärger? Etwas wie Resignation huschte über sein Gesicht. »Die Entscheidung, mit Mrs.O’Connor zu segeln, kommt sehr gelegen. Ich werde dafür sorgen, dass Ihre Freundin ebenfalls an Bord gebracht wird, um die Reise mit Ihnen fortzusetzen, und ich werde Mortimer Grüße von Ihnen bestellen.« Er verneigte sich leicht vor ihr. »Ich wünsche eine gute Weiterreise, Miss Dorley.«
»Ich habe mich aber nicht entschieden …«, begann sie erzürnt, wurde jedoch von ihm unterbrochen.
»Das war auch nicht nötig, das habe ich für Sie getan.«
Harriet starrte ihn empört an. Wie konnte ein Mann allein nur so borniert sein? Wo sie doch nur auf eine freundliche Geste, ein nettes Wort wartete! Wie kalt sein Gesicht wieder war, die Augen ausdruckslos. Was musste man tun, um unter die Oberfläche zu kommen? Sich ihm an den Hals werfen? Ihn küssen? Ihm mit der Faust auf den Kopf schlagen? Harriet erwog ernsthaft alle drei Maßnahmen.
Am liebsten hätte sie vor Zorn geschrien und zugleich geweint. Was war nur aus alldem geworden? Aus Charles’ Heiratsantrag, seinen Küssen, dieser einen, unvergesslichen Nacht. Alles zerstört durch ihre Dummheit, mit der sie ihm in ihrer Verletztheit böse Dinge an den Kopf geworfen hatte? Oder hatte er tatsächlich nur des Vorteils wegen um sie geworben? Vielleicht war er ja wirklich froh, sie loszuwerden!
Es kostete Charles große Mühe, seinen Blick von Harriets blassem Gesicht, dem man die Enttäuschung und den Zorn über sein Verhalten so unverhüllt ansah, abzuwenden. Harriet war wirklich nicht in der Lage, ihre Gefühle zu verbergen. Sie trennte sich nicht gern von ihm, aber das war vermutlich nichts im Vergleich zu dem fast körperlichen Schmerz, der ihn gepackt hatte.
»Auf ein Wort, O’Connor.« Er beachtete sie nicht mehr, sondern wandte sich Jack zu, der ihm mit Jessica gefolgt war. Charles ging einige Schritte von Harriet weg, und Jack folgte ihm.
Er sprach so leise, dass die anderen ihn nicht hören konnten. »Ich würde
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