Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)
Male, dann sah er sich um und lockerte die Umarmung ein wenig, ohne sie ganz loszulassen. »Nein.«
Ihre Hand drehte sein Gesicht wieder zu ihr. Er sah auf eine reizvolle Art verwirrt aus und nicht wie üblich verschlossen, kühl, ironisch, selbst in seiner Freundlichkeit noch immer beherrscht. So hatte sie ihn noch selten gesehen, und ihr gefiel der Anblick.
»Es wäre wohl angemessen, sich zu entschuldigen.« Seine Stimme klang gepresst, und Harriet bemerkte jetzt erst, dass seine Hand mit warmem Druck auf ihrem Hintern lag und sie dort streichelte. Und sie bemerkte noch etwas anderes: Eine gewisse, sehr anregende, zugleich verwirrende Härte, die sich von vorne an sie schmiegte.
»Ich werde mich bestimmt nicht entschuldigen«, stieß sie, atemlos von dieser Erkenntnis, hervor. »Ich habe dieses Mal nicht einmal an Ihren Haaren gezerrt.«
Ein Grinsen zuckte über seine Lippen, dann wurde er wieder ernst. »Ah! Das war es. Ich dachte schon, dass etwas fehlt.«
»Etwas fehlt?«, fragte Harriet verdutzt.
Sein Blick streichelte über ihr Gesicht. »Doch, ich habe es vermisst. Vielleicht sollten wir es noch einmal probieren?«
Er drehte sich mit ihr herum, bis er sich an einen der Stützpfeiler lehnen konnte. Der Kuss, Harriets Nähe hatte ihm tatsächlich das Gefühl gegeben, als wäre er mitten in einem Erdbeben oder in einem Sturm. Mit den Händen konnte er sich nicht abstützen, denn die rechte brauchte er dafür, Harriets Hintern zu umfassen – welch ein köstliches Gefühl! –, und die linke, um ihren Nacken zu massieren und ihren Kopf festzuhalten. Er hatte noch nie eine Geliebte gehabt, die nur eine Handbreit kleiner war als er, und er fand es sehr bequem, sich nicht zusammenkrümmen zu müssen, wenn er Harriets zarten Hals küssen oder an ihrem Ohrläppchen knabbern wollte. Und genau das hatte er vor.
»In England schneiden sich die jungen Männer die Haare kurz. Zumindest stand dies im letzten Modekupfer «, brachte Harriet mit einem kleinen Stöhnen hervor, als seine Lippen über ihren Hals glitten und dort mit schlafwandlerischer Sicherheit Stellen fanden, die erregte Schauer über ihren Körper sandten. Hatte sie vor wenigen Minuten noch gedacht, er würde sie nicht begehren? Fast hätte sie gelacht. Deutlicher als Charles konnte man keiner Frau zeigen, dass man sie anziehend fand.
Charles antwortete nicht sofort. Er war mit ihrem Ohrläppchen beschäftigt. Harriet hatte die reizendsten Ohrläppchen, die er je an einer Frau gesehen hatte. Sie waren sehr wohlgeformt, klein, rundlich, und genau so, dass er sie mit seinen Lippen erfassen und zart daran saugen konnte. Er spürte, wie Harriet erschauerte. Als er von ihr abließ und sie betrachtete, waren ihre Augen halb geschlossen.
»Soll ich es abschneiden?«, fragte er mit gespielter Ernsthaftigkeit.
Harriet blinzelte verwirrt und fasste unwillkürlich nach ihrem Ohrläppchen. Es war so empfindsam, dass Charles’ Lippen unaufhörliche Botschaften in ihren ganzen Körper geschickt hatten.
Charles grinste. »Mein Haar. Soll ich mein Haar abschneiden?«
Harriet seufzte auf, griff mit beiden Händen in die seidige Pracht und zog ihn zu sich. »Untersteh dich.« Dann waren ihre Lippen auf seinen.
Charles war schwindlig, als sie sich nach unendlich langer Zeit wieder voneinander trennten. Ein bislang unbekanntes Gefühl ergriff von ihm Besitz, eine Flut von Emotionen, seltsam vertraut und doch fremd und verwirrend, so dass es eine Zeitlang dauerte, bis er begriff, was mit ihm geschah: Er hatte bis dahin noch nie eine Frau geküsst, in die er verliebt war. Diese Erkenntnis ließ die Welt um ihn herum wanken, sein Herz setzte aus, um dann mit doppelter Kraft weiterzuschlagen.
Er hatte, vor allem nach der Enttäuschung mit Jessica Finnegan, viele Frauen gehabt. Jede davon hatte er begehrt, auf seine Art gemocht. Seine Gefühle für Harriet waren jedoch völlig anderer Art, weil sie nicht nur Begehren umfassten, sondern auch Zärtlichkeit, den Wunsch, diese Frau zu halten und gleichzeitig zu beschützen, alles zu tun, damit es ihr gutging.
Jessica hatte ihm nur einmal einen kleinen Kuss gestattet, als er sich in Boston vor seiner Heimreise von ihr verabschiedet hatte. Klein und – hätte nicht sein ganzes Herz in diesem Kuss gelegen – wohl auch unbedeutend. Wie einfältig er damals doch gewesen war, mehr, als man seiner Jugend zugutehalten durfte. Vor allem aber war er ausgehungert nach Wärme und Liebe gewesen.
Eine Liebe, die er – wenn
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