Die Sehnsucht des Piraten: Er ist der Schrecken der Meere - doch gegen sie ist er machtlos (German Edition)
ihrem Tisch stehen, und Templeton sprang erfreut auf. »Mylord, wie großartig, Euch zu sehen! Wollt Ihr Euch zu uns gesellen? Es sei denn, natürlich, Ihr seid hier mit jemand anderem verabredet.«
Er benahm sich wie ein Hündchen, das gestreichelt werden wollte.
»Mit Vergnügen«, erwiderte Finley und warf Christopher einen neutralen Blick zu.
Christopher nickte. »Eure Lordschaft«, grüßte er ihn gedehnt.
Finleys Miene veränderte sich nicht. Wie durch Magie wurde plötzlich ein Stuhl frei. Finley zog ihn an den Tisch und setzte sich. Die Kellnerin, die sichtlich von seinen blauen Augen und seinem Grinsen beeindruckt war, stellte einen Bierkrug vor ihn und errötete, als er sie anlächelte.
»Mr. Raine hat mir gerade erzählt, dass er mit der Familie meiner Verlobten bekannt ist«, plapperte Templeton, als Finley einen großen Schluck Bier trank. »Es ist schon seltsam, wie man zufällig jemanden kennenlernt und sich dann herausstellt, dass man eine Verbindung zueinander hat.«
Finley hörte auf zu trinken, schluckte und stellte den Krug ab. »Ich treffe ebenfalls immer wieder zufällig auf Mr. Raine.«
»Wie seltsam«, zwitscherte Templeton.
Christopher sagte nichts dazu.
Dies musste der schönste Abend in Templetons Leben sein. Der Mann war beinahe ekstatisch, weil er die Aufmerksamkeit eines Viscounts genoss, obwohl er fast ebenso erfreut darüber schien, Christopher getroffen zu haben, einen einfachen Handelsfahrer. Diesen Bären hatte Christopher ihm auf ihrem Weg zur Taverne aufgebunden.
Christopher beobachtete, wie Templeton und Finley wie gute alte Freunde plauderten, während er selbst nur wenig zur Unterhaltung beisteuerte. Das erlaubte ihm, Finley zu mustern, den er seit vielen Jahren nicht gesehen hatte.
Finleys Ehe und die Kinder, die daraus entsprungen waren, schienen seine Kraft eher noch verstärkt zu haben, statt sie ihm zu nehmen. Zudem strahlte er eine gewisse Ruhe aus. Grayson Finley, der Pirat, war immer rücksichtslos tollkühn gewesen, als wäre ihm das Leben nicht so wichtig. Jetzt jedoch schien sich das geändert zu haben.
Christopher fiel ebenfalls auf, dass Finley nur so tat, als würde er viel trinken.
Endlich verkündete Templeton, dass er aufbrechen müsste, obwohl Mutter sicher aus dem Häuschen sein würde, wenn sie erfuhr, dass er den Abend mit einem Viscount verbracht hatte. Finley bot ihm liebenswürdig an, ihn in seiner Kutsche nach Hause bringen zu lassen. Templeton versuchte, sich zu weigern, aber Finley bestand darauf, und schließlich gab Templeton nach. Die beiden verließen die Taverne, und Christopher folgte ihnen leise.
Die Kutsche setzte Templeton vor einem schlichten Haus in der Nähe von Cavendish Square ab und rollte dann weiter nach Süden, zur Grosvenor Street.
Finley wirkte schlagartig viel weniger betrunken. »Wo seid Ihr abgestiegen?«, fragte er Christopher.
»In einer Pension in der Nähe vom Hafen.«
»Alexandra wird darauf bestehen, dass Ihr bei uns wohnt. Wir haben viele Gästezimmer.«
Christopher schüttelte den Kopf. »Colby und St. Cyr warten da. Ich gehe zurück.«
Die Kutsche rollte langsam durch die Dunkelheit. Das Licht einer Laterne in ihrem Inneren warf große Schatten auf die mit Satin verkleideten Innenwände. »Schöne Kutsche«, bemerkte Christopher.
»Alexandras Idee. Einer Lordschaft ist es offenbar nicht erlaubt, durch die Stadt zu schlendern. Andererseits gelte ich auf dem Land als ausgesprochen energisch. Achtstündige Spaziergänge, dreitägige Jagden in Eiseskälte. Das weiche Leben der Aristokratie.«
»Bin überrascht, dass Ihr überhaupt zurückgekommen seid, um den Titel zu beanspruchen.«
Finley lächelte. Sein Gesicht lag im Schatten. »Es hatte gewisse Vorzüge. Habt Ihr ein neues Schiff gefunden?«
»Eine Brigantine. Ich lasse sie gerade in Greenwich überholen. Ich habe den größten Teil meiner alten Mannschaft wieder aufgetrieben, bis auf meinen ersten Offizier.«
»Manda«, sagte Finley leise.
»Ich habe ihre Spur bis nach England verfolgt. Aber meine Informationen sind sehr alt. Zwar habe ich Beweise in der Hand, dass sie hierhergekommen ist, aber weiter bin ich noch nicht vorgedrungen.«
Die Nachricht, dass Manda nach England geflüchtet war, stammte von einem Franzosen und war alles andere als verlässlich, aber Christopher hatte gehört, dass sie eine Passage auf einem Schiff über den Kanal genommen hatte. Frankreich und England steckten mitten im Krieg; das Schiff konnte beschlagnahmt,
Weitere Kostenlose Bücher